Wenn sich im Sommer bis zu 60.000 Mietwagen über die zumeist engen Straßen von Mallorca quälen, fallen die Elektrofahrzeuge unter ihnen fast nicht auf. Im zweistelligen Bereich dürfte ihre Zahl sein - genaue Zahlen hat man im balearischen Verkehrsministerium nicht. Insgesamt ist von 350 auf den Balearen registrierten Elektroautos die Rede, auch das ein Näherungswert. Die Registrierung sei schließlich freiwillig - auch wenn sich mehr und mehr Käufer registrieren, um so etwa in den Besitz der Endesa-Karte zum Auftanken an den Schnellladestationen zu kommen.

Dabei war die Mietwagenbranche auf Mallorca von der konservativen Vorgängerregierung als aussichtsreicher Pionier der Elektro­mobilität angepriesen worden, der international zum Vorbild werden sollte. Mit zu den Ersten gehörte etwa der Verleiher Proa. Der Ableger des Autohauses in Palma begann vor gut drei Jahren, an der Kreuzfahrtmole in Palma die zweisitzigen Elektroflitzer Renault Twizy anzubieten. Kreuzfahrttouristen mit wenig Zeit sollten so Palma auf eigene Faust erkunden.

„Wir waren wirkliche Pioniere und mit unseren 43 Twizys der Autoverleiher in Europa mit den meisten Elektroautos", sagt heute der für das Projekt Hauptverantwortliche Rafa Carrasco. Aus vielen Ländern seien Branchenexperten angereist, um sich die Umsetzung anzusehen. „Aber es war gar nicht viel dabei: Wir haben 13 Steckdosen angebracht, ein paar Twizys da hingestellt und fertig."

Gute Nachfrage am Hafen

Die Leihstation direkt im Hafen habe sich inzwischen bewährt. Je nach Jahreszeit und Kreuzfahrtschiff würden die Twizys, die zwischen 40 und 60 Euro pro Tag kosten, sehr gut nachgefragt. „Manchmal haben wir in der Hochsaison keinen einzigen mehr in der Station", sagt Carrasco. Die Fahrzeuge stehen nicht nur Kreuzfahrttouristen, sondern auch Residenten zur Verfügung (www.proarentacar.com).

Aufgegeben wurde dagegen inzwischen das zweite Standbein der Initiative von Proa - die Hotels. „Das hat nicht gut funktioniert", meint Carrasco. „Eigentlich bräuchte man in jedem Hotel einen Verantwortlichen für die Twizys, und dann ist es nicht mehr rentabel."

Noch in den Anfängen steckt dagegen der Autovermieter Sixt. „Derzeit haben wir fünf Nissan Leaf in Palma und erwarten in Kürze einige BMW i3", sagt der Flottendirektor des Konzerns für Spanien, Gilles Redard, der in der Zentrale in Palma sitzt. „Auch einen BMW i8 kann man bei uns mieten."

In Nord- und MItteleuropa ist man weiter

Redard glaubt an die Zukunft der Elektromobilität in der Mietwagenbranche. Zum einen würden die Autos Jahr für Jahr wettbewerbsfähiger und erhielten eine größere Reichweite sowie eine komfortablere Ausstattung. Zum anderen sei der schrittweise Ausbau des Ladestationennetzes eine wichtige Vo­raussetzung für eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung. Redard hat den Eindruck, dass das Interesse zunimmt - nicht nur bei den Ausländern.

„Viele unserer Kunden sind keine Urlauber, sondern Inselbewohner, die den Wagen für einen oder zwei Tage testen wollen." Die Hauptklientel seien aber vor allem Touristen aus Nord- und Mitteleuropa, wo die Elektromobilität deutlich alltäglicher sei. Dennoch sind bei Sixt trotz der geringen Zahl der Autos nie alle reserviert.

Ähnliches wissen auch die Vertreter der anderen Mietwagenfirmen auf Mallorca zu berichten. Am skeptischsten gegenüber der Elektromobilität zeigt sich Antoni Mas Ferrer vom Verband der großen Mietwagenunternehmen auf den Balearen (Baleval). „Wie viele Privatleute fahren denn Elektroautos?", fragt er rhetorisch. „Sehen Sie, wir sind nur ein Spiegel der Bevölkerung. Warum sollten wir mehr im Angebot haben?" Dementsprechend hätten die meisten der Firmen, die Baleval vertritt, kein einziges Elektroauto vor Ort.

Besser sieht es bei den kleinen Unternehmen aus. „Wir haben rund 30 Elektroautos in den Flotten, die auch nachgefragt werden", sagt Ramon Reus, Vorsitzender des Verbandes Aevab. „Lieber wären uns natürlich mehr, aber solange es nicht mehr Ladestationen auf der Insel gibt, bleibt das ein Traum." Preislich lägen die Autos derzeit noch geringfügig über denen mit Verbrennungsmotor.