Nun ist es beschlossene Sache: Die größte deutsche Fluglinie - Lufthansa - will die seit Sommer insolvente zweitgrößte Fluglinie - Air Berlin - größtenteils übernehmen. Der europäische Luftfahrt-Gigant, dem auch Eurowings/Germanwings, Swiss Airlines, Austrian Airlines und Brussels Airlines gehören, will vom ehemaligen Konkurrenten Air Berlin 81 Flugzeuge übernehmen.

Lufthansa unterschrieb Ende vergangener Woche den Kaufvertrag über 210 Millionen Euro und übernimmt neben den Air-Berlin-Maschinen auch die österreichische Tochtergesellschaft Niki, die bereits seit Frühjahr sämtliche Mallorca-Flüge für Air Berlin durchführte. Über den Verkauf der restlichen Teile von Air Berlin laufen weiter Verhandlungen mit Easyjet.

Angst vor dem Monopol

Auf Mallorca wirbelt das Vorhaben mächtig Staub auf. Dabei geht es nicht nur um die Zukunft der in Palma angesiedelten Stellen (siehe Kasten) oder den Verfall der bei Air Berlin gekauften Tickets und Bonuspunkte. Wer häufig von oder nach Mallorca fliegt, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie sich der steigende Marktanteil der Lufthansa-Gruppe auf die Flugpreise auswirkt.

Schon seit der Übernahme von Austrian Airlines (2008) gilt die Lufthansa vor Air France-KLM als größte Fluggesellschaft Europas. Diese Stellung wurde durch den Komplettkauf von Brussels Airlines (2017) gefestigt. Nun kommen Niki und Air Berlin hinzu. Gleichzeitig bietet Lufthansa auch im Insolvenzverfahren um die bankrotte italienische Airline Alitalia mit.

Ängste vor einem Monopol - und damit steigenden Preisen - beschwichtigt Lufthansa-Chef Carsten Spohr gern mit dem Verweis auf Vergleiche im internationalen Luftverkehr: Auf dem Weltmarkt habe sein Unternehmen gerade mal einen Anteil von 3 Prozent. In Deutschland steige der Marktanteil der Lufthansa von 34 auf 41 Prozent, schätzt Spohr und geht - auch auf Mallorca-Strecken - von insgesamt steigendem Wettbewerb und „grundsätzlich sinkenden Preisen" aus.

Werden Insel-Flüge teurer?

Wettbewerbshüter sähen das anders, analysiert hingegen die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" und zitiert Berechnungen der Bank of America Merrill Lynch. Demnach erlange die Lufthansa Group nach der Übernahme von Air Berlin und Niki im Segment der innerdeutschen Flüge mit einem Marktanteil von 98 Prozent eine völlige Monopolstellung. Die Kartellbehörden müssten Verbindung für Verbindung prüfen und Auflagen machen, um eine Marktdominanz zu verhindern, fordern Kritiker der Übernahme.

Die Befürchtung einer Monopolstellung gilt auch für Mallorca-Verbindungen. Als umkämpfter Markt lockt die Insel zwar ständig weitere Wettbewerber an, wie auch die geplante Neugründung einer auf Mallorca stationierten Airline durch Thomas Cook zeigt. Dennoch kann es auf ­einzelnen Strecken zu einer starken Lufthansa-Dominanz kommen. Die „Süddeutsche Zeitung" zählte beispielsweise für den vergangenen August bei Niki mit einer Zahl von 1.436 die meisten Mallorca-Verbindungen zu deutschen Städten. Bei Eurowings waren es noch einmal 663. Zum Vergleich: Tui kam auf 305, Thomas Cook auf 361 Verbindungen.

Als abschreckendes Beispiel der drohenden Folgen berichtet eine MZ-Leserin von einem kostspieligen Kurztrip aus der Bundeshauptstadt nach Palma: Für den Wunschtermin gab es nur noch Lufthansa-Tickets für 530 Euro mit Umsteigen in Frankfurt (Hinflug) und Düsseldorf (Rückflug). Auch vom Service der früheren Vorzeige-Airline sei nichts mehr übrig: „Ein Softgetränk und ein abgepacktes Sandwich aus der Rubrik Vermeidungsbereich gibt es noch gratis, ein zweites Getränk nur gegen Bezahlung."

Chaos beim Übergang

Zu befürchten sind außerdem Probleme - sprich Verspätungen und Ausfälle - beim Übergang. Lufthansa geht davon aus, dass die EU „bis zu drei Monate braucht, um den Kauf kartellrechtlich zu überprüfen". Insgesamt werde es aber etwa ein Jahr dauern, bis die Integration vollständig umgesetzt sei. Flugzeuge müssten umlackiert, neue Mitarbeiter integriert werden. „Das geht nicht von heute auf morgen", erklärte Spohr. Dass es auch bei der Integration des neuen Personals zu Streiks kommen kann, zeigt der Aufschrei der Eurowings-Belegschaft. Die bisherigen Mitarbeiter befürchten, im Vergleich zum neu angestellten Personal benachteiligt zu werden, und drohten schon mal mit Protestaktionen.

Air-Berlin-Tickets verfallen

Der letzte Flug mit dem Air-Berlin-Kürzel AB geht am 27. Oktober von München nach Berlin Tegel. Mit der planmäßigen Landung des - übrigens ausgebuchten - Flugs um 22.45 Uhr ist Air Berlin Geschichte. Tickets, die auf einen späteren Termin gebucht sind, verlieren ihre Gültigkeit. Ob Lufthansa, Eurowings oder gegebenenfalls Easyjet Ersatz anbieten, ist unklar. Niki-Flüge mit dem Code HG bleiben indes gültig und vorerst weiter buchbar. Ende des Jahres soll Eurowings dann die Niki-Flüge übernehmen.

Bei Air Berlin gesammelte Bonuspunkte behalten zwar ihre Gültigkeit innerhalb der bisherigen Luftfahrtallianz Etihad Airways Partners. Für Mallorca-Flüge mit Eurowings können sie aber wohl kaum angerechnet werden, erklären Branchenkenner. Wer seinen Flug - egal bei welcher Airline - als Teil einer Pauschalreise gekauft hat, behält seine Rechte. Der Reiseveranstalter muss kostenlosen Ersatz besorgen. Verkürzt sich durch die neuen Flugzeiten die Reise erheblich, hat der Kunde sogar Recht auf eine angemessene Entschädigung.

Kommentar: Zum stressfreien Inseldasein gehört stabiler Flugverkehr