Von Frank Feldmeier

„Sie merken, es ist etwas im Busch", sagt Prälat Peter Prassel, Leiter des Katholischen Auslandssekretariats, gleich zu Beginn des Gottesdienstes. Er ist nach Mallorca gekommen, um Pfarrer Robert Kramer zu verabschieden und der Gemeinde seinen Nachfolger Walter Eith vorzustellen. Die Kirche La Porciúncula an der Playa de Palma ist fast genauso dicht besetzt wie sonst an Weihnachten, die Mitglieder des Singkreises Mallorca haben sich aufgestellt, Blitzlichter flammen auf.

Fände die Übergabe in einer Kirche in Deutschland statt, würde nun Kramer seinem Nachfolger symbolisch die Schlüssel von Gotteshaus und Pfarrheim überreichen. Doch die Insel ist keine deutsche Pfarrgemeinde - offiziell zuständig ist vielmehr Mallorcas Bischof Jesús Murgui. In seinem Namen verliest Generalvikar Lluc Riera am Altar eine offizielle Einsetzungsurkunde, die Domprobst und Tourismus-Beauftragter Joan Bestard ins Deutsche übersetzt.

Vorgänger und Nachfolger strecken gemeinsam die Hände über Kelch und Hostien aus, um Brot und Wein zu segnen. Den Gottesdienst, den Kramer begonnen hat, wird Eith zu Ende bringen. Zeitlich überzogen werden darf die Messe auch nicht bei Anlässen wie diesem, da sich die deutschen Katholiken die Kirche mit den mallorquinischen Glaubensbrüdern teilen. Doch Prassel findet Zeit, Geschenkkörbe zu überreichen - an Kramer, damit er sich für eine geplante Weltreise sowie eine Pilgertour im Ruhestand stärken könne, und auch an Eith, „damit der neue Pfarrer nicht so nackig herumsteht". Als Eith sich das erste Mal an die Gemeinde wendet, schlägt er im Gegensatz zum unkonventionellen Prassel einen sachlich-nüchternen Ton an.

Für den 55-Jährigen ist es ein abrupter Wechsel von der Auslandsgemeinde in Brüssel, der er dreieinhalb Jahre vorgestanden hatte. Erst eine Woche zuvor war er nach Deutschland zurückgekehrt, um am Donnerstag vergangener Woche den Flug nach Mallorca anzutreten. Wegen des Ballermann-Images habe er sich nie vorstellen können, nach Mallorca zu gehen, so Eith, doch schließlich sei er vom Auslandssekretariat gefragt worden und habe die Insel bei zwei regenreichen Kurzbesuchen erstmals in Augenschein genommen. Die Aufenthalte hätten ihn die Schönheit der Insel erahnen lassen.

„Viel schauen und kennenlernen" ist zunächst sein Vorsatz. Denn Auslandsgemeinde ist nicht gleich Auslandsgemeinde. In Brüssel war Eith in feste Organisations-strukturen einer Pfarrgemeinde integriert, mit Kirchengemeinderat, Ausschüssen und Schatzmeister. Die rund 4.000 Mitglieder der dortigen Gemeinde seien vor allem junge Familien mit Kindern, in vielen Fällen „EU-Beamte, denen es recht gut geht". Pro Jahr empfingen in Brüssel rund 50 deutsche Kinder die Erstkommunion, ebenso viele ließen sich firmen. Auf Mallorca dagegen gibt es diese Strukturen nicht, Gemeindereferentin Beate Schmid fällt deswegen nicht nur in der Übergangszeit eine Schlüsselrolle zu. Und auch wenn immer mehr junge Familien unter den Mallorca-Residenten sind, müssen sich die Seelsorger verstärkt um ältere Menschen kümmern, die zu vereinsamen drohen.

Eith muss zudem eine neue Sprache lernen. Es kämen ihm jedoch Französisch-, Italienisch- und natürlich Latein-Kenntnisse zupass, so der neue Pfarrer. Zudem will er so schnell wie möglich einen Crashkurs belegen. In der verbleibenden Freizeit möchte der studierte Kirchenmusiker Klavier spielen, Konzerte besuchen oder auch malen.

Prassel vom Auslandssekretariat zeigt sich froh, dass es auf Mallorca zu keiner Vakanz gekommen ist. Der Kirchenmann ist zuständig für 180 Auslandsgemeinden weltweit - gerade ist er aus Mexiko und Washington zurückgekehrt, die nächste Reise wird ihn nach Australien führen. Angesichts des Priestermangels in Deutschland ist er froh, wenn Stellen im Ausland zügig zu besetzen sind. Denn die Pfarrer müssen von den deutschen Bischöfen in ihrem Bistum freigestellt und aus Mitteln der Bischofskonferenz bezahlt werden. „Wenn der Priestermangel größer wird, wird auch die Auslandsseelsorge zum Problem", so Prassel.

Von der Gemeinde auf Mallorca nehme er im Übrigen einen sehr positiven Eindruck mit, die Mitglieder seien sehr aktiv. Auf dem Empfang nach dem Gottesdienst wird die Stimmung sogar weinselig, Kramer, Prassel und der evangelische Pastor Klaus-Peter Weinhold überbieten sich in Späßchen, dazu gibt es Hochgesänge des Singkreises. Der neue Pfarrer hält sich dagegen noch im Hintergrund, und als auch er das Mikrofon bekommt, beschränkt er sich an diesem ersten Tag auf eine Klarstellung: „Ich bin weder Talkmaster noch Showmaster noch Animateur."