Man möchte nicht in der Haut des Kandidaten stecken. Er steht vor einer Weinkarte, die per Overhead-Projektor an die Wand geworfen wird. Auf der Karte sind verschiedene Weine aufgeführt: ihre Namen, ihre Herkunftsgebiete, ihre Jahrgänge, ihre Weingüter. Die Karte hat jedoch Fehler, man kennt das von Rateseiten aus Illustrierten. Finden Sie die Fehler im Bild. Der Kandidat beginnt zu schwitzen. Man ahnt, dass er nicht alle Fehler erkennt.

Der Test gehört zu einer Prüfung, die jedes Jahr vom Verband der balearischen Sommeliervereinigung ausgerichtet wird. Der Gewinner darf sich balearischer Sommelier des Jahres nennen und im Herbst zu einer nationalen Ausscheidung fahren. Dort tritt er gegen die Besten aus den übrigen Autonomen Regionen Spaniens an.

Die Ausscheidung auf den Balearen gewann vergangene Woche der Deutsche Manuel Vogel, der als Sommelier im Restaurant Malvasía in Palma arbeitet. Darüber hinaus verfasst er wöchentlich die Weinkolumne in der Mallorca Zeitung.

Vogel, der den Sieg dem verstorbenen Malvasía-Gründer Joan Olives widmete, setzte sich im Finale gegen zwei Mitbewerber durch. Neben der fehlerhaften Weinkarte musste er Käsesorten ihren Herkunfts-Regionen zuordnen, zu einem Menü-Vorschlag des mallorquinischen Sternekochs Tomeu Caldentey seine Getränkeempfehlungen aussprechen und eine Blindverkostung von Niedrig- und Hochprozentigem vornehmen. Das Ganze erinnerte bisweilen an „Wetten, dass ..?“, nur dass beim Sommelierwettbewerb weniger Wetten gewonnen werden. Versuchen Sie mal, dunkles Bier aus Belgien herauszuschmecken - ohne das Getränk zu sehen.

Sommeliers sind für alles Flüssige am Tisch zuständig, vom Wasser bis zum Wein, vom Café bis zum Cognac. Hinzu kommen Käse und Rauchwaren. Auf den Balearen hat der Sommelier-Beruf, anders als im Mutterland Frankreich, noch keine lange Tradition. Nur eine Handvoll übt den Beruf in einem Restaurant aus.

Beim Wettbewerb, der in der zur Balearen-Uni gehörenden Tourismusschule stattfindet, kannten sich Kandidaten und Jury-Mitglieder. Zur Siegerehrung wurde erst Champagner ausgeschenkt und dann das Menü von Tomeu Caldentey verzehrt.

Die Krise war zumindest an diesem Tag kein Thema. „Sommeliers sind Verkäufer in einem Luxussegment“, so Jury-Mitglied Juan Luis Biedma, der sieben Jahre als Sommelier im Zwei-Sterne-Haus Tristán gearbeitet hat. Da gebe es Leute, die für einen Wein schon mal ein paar Tausend Euro springen lassen. Dagegen sei das Essen fast günstig. Gewinner Vogel kann demnächst bei einer zweitägigen Reise nach Italien darüber nachsinnen, ob das so bleiben wird. Es ist der erste Preis, gespendet von einem Kaffeehersteller.