Abgeschirmt von Fans und Urlaubern haben die deutschen EM-Kandidaten auf Mallorca in einer extra errichteten "Muckibude" das Training aufgenommen - der gesetzte Kapitän Michael Ballack dageben erhält drei Tage Sonderurlaub. Nach mehreren Telefonaten einigten sich Bundestrainer Joachim Löw und der 31- Jährige am Dienstag darauf, dass Ballack erst am Montag in Kaiserslautern zur Nationalmannschaft stoßen wird. Der Mittelfeld- Chef bekommt die Auszeit nach dem Champions-League-Finale mit dem FC Chelsea gegen Manchester United, "um nach dieser hitzigen Phase runter zu kommen", wie Teammanager Oliver Bierhoff in Palma begründete. Christoph Metzelder, der mit Real Madrid noch ein Freundschaftsspiel in Saudi-Arabien bestritt, wird dagegen als 25. EM-Kandidat an diesem Mittwoch im Trainingslager auf Mallorca erwartet.

Während einige Touristen in Deutschland-Trikots einen Blick auf ihre Lieblinge erhaschen wollten, quälten sich Bastian Schweinsteiger und Co. am Dienstagmorgen unter der Tribüne des Stadions "Son Moix" von Palma im Fitnessbereich an den Geräten. "Endlich können wir uns auf die Arbeit mit den Spielern konzentrieren. Alles andere wird von der Mannschaft und den Trainern ferngehalten", berichtete Bierhoff. Löw arbeitete im Hintergrund an einer Lösung für seinen Anführer Ballack, der bei der EM-Endrunde "vorangehen und die Mannschaft mitziehen soll", wie Bierhoff betonte.

Auf jeden Fall will der gesamte DFB-Tross an diesem Mittwoch Ballack im Moskauer Champions-League-Endspiel die Daumen drücken. Ein Erfolg des DFB-Kapitäns dort "wäre auch gut für den ganzen deutschen Fußball", sagte Bierhoff. Für die persönliche EM-Motivation von Ballack habe Sieg oder Niederlage allerdings keinen riesigen Effekt, glaubt der 40-Jährige: "Bei einem Sieg kommt er mit breiter Brust, im anderen Fall mit Wut und dem Willen, mit der Nationalmannschaft einen Titel zu holen." Erst zum Abschlusstraining vor dem Testspiel gegen Weißrussland am kommenden Dienstag wird Ballack in Kaiserslautern dabei sein. Über einen Einsatz im Fritz-Walter-Stadion soll aber erst dann entschieden werden. Der forcierten Kader-Auslese muss sich Ballack ohnehin nicht stellen. Seinen 23-Mann-Kader wird der Bundestrainer bis zum letzten Moment offen lassen. "Wir haben bis zum 28. Mai Zeit, und die werden wir uns auch nehmen", sagte Bierhoff.

Für das Unternehmen "EM-Titel 2008" scheut der DFB weder Kosten noch Mühen. Der EM-Etat liegt sogar über den 16 Millionen Euro, die für die WM 2006 eingeplant waren, bestätigte Bierhoff. Schon das Mallorca-Camp soll 800 000 Euro kosten. "Wir haben alle Möglichkeiten: Tennis, Basketball, Schwimmbad", erklärte der Manager. Vor dem Fünf-Sterne-Hotel "Son Vida", das mit seinen 93 Zimmern komplett gebucht ist, wurde kurzfristig sogar ein Beachvolleyball- Platz aufgeschüttet. Ein Familien-Programm mit Barbecue-Abend steht. Bei seiner Ansprache auf Mallorca wies Löw nochmals auf das Wesentliche hin: Es geht um eine Top-Vorbereitung und um die 23 persönlichen EM-Fahrkarten. "Jeder Spieler weiß schon, dass die Tage hier zählen", sagte Bierhoff.

Die Fans dürfen den Konkurrenzkampf nicht beobachten, denn ein öffentliches Training auf Mallorca ist nicht vorgesehen. "Man kann nicht einfach das Tor aufmachen", verwies Bierhoff auf einen zu großen Aufwand. Da in der einheimischen Presse aber schon erste Kritik an der Abschottung aufkam, kündigte der Teammanager zumindest an, dass der DFB die weitere Entwicklung beobachten werde.

Der einstige DFB-Kapitän zeichnete am ersten Vorbereitungstag auf der Balearen-Insel ein rosarotes Bild vom Lager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. "Im Hotel hat sich eine schöne familiäre Stimmung gebildet. Alle sind froh, dass jetzt die Sonne scheint", berichtete Bierhoff von der Freude bei Spielern, Betreuern bis hin zu den mitgereisten Kindern, als sie am Dienstagmorgen die Gardinen zur Seite geschoben hatten. Einige der 24 Spieler in Palma sollen auch schon wieder ganz heiß auf Fußball sein, wie Bierhoff übermittelte: "Ich will loslegen, ich bin heiß", sagten sie den Trainern.

Vorerst steht der Ball aber nicht im Mittelpunkt. Mehrmals täglich pendelt der DFB-Bus vom Hotel zum Stadion, wo insbesondere im mit Kunstrasen ausgelegten Fitnessstudio gearbeitet wird. Schon dabei stehen alle Akteure, die sich dem Auswahl-Verfahren "23 aus 26" stellen müssen, unter Beobachtung. Zwar erhalten die Profis mit ihren Frauen und Kindern an zwei Abenden Ausgang. Aber längere Auszeiten - etwa für Vertragsverhandlungen - soll es nicht geben. "Wir werden keinen Spieler aus dem Trainingslager weggehen lassen, um mit einem Verein zu sprechen", sagte Bierhoff auf die Frage, ob Jens Lehmann womöglich nach Stuttgart fliegen würde, um mit dem VfB eine Option für die Fortsetzung seiner Karriere nach der EM zu prüfen.