Schon vor Monaten hatte die US-Investmentbank Merrill Lynch in einer Studie gewarnt: "Spaniens Immobiliensektor ist von der Fiesta in die Siesta gefallen." Ein böses Erwachen wegen des Einbruchs auf dem Wohnungsmarkt hat nun der heimische Branchenprimus Martinsa-Fadesa erlebt. Das Unternehmen sah sich angesichts einer Schuldenlast von rund 5,2 Milliarden Euro am Dienstag gezwungen, Insolvenz anmelden. "Unser Geschäft ist radikal stagniert", musste der Aufsichtsrat des von Fernando Martín geführten Konzerns einräumen. Frisches Geld von den Banken war nicht mehr zu bekommen.

Martinsa-Fadesa ist längst nicht die einzige spanische Immobilienfirma, die nach dem Platzen der Spekulationsblase auf dem inländischen Markt in Schwierigkeiten geraten ist. Dass es aber nun den Größten der Branche traf, lässt Böses erahnen. "Dies bedeutet, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht", meinte die Zeitung "El País". Welchen Effekt die bislang größte Firmenpleite des Landes haben kann, zeigte sich an der Madrider Börse, die zeitweise um mehr als vier Prozent einbrach - verantwortlich dafür waren die Aktien von Immobilien- und Baufirmen, die reihenweise absackten. Martinsa-Fadesa selbst war nach Verlusten von 25 Prozent vom Handel ausgeschlossen worden. "Es ist so, als würde ein Kartenhaus in sich zusammenfallen", kommentierte ein Börsianer.

Spanien hatte zehn Jahre lang einen beispiellosen Immobilien- und Bauboom erlebt. Die Zinsen waren niedrig und lagen zeitweise unterhalb der Inflation. In die eigenen vier Wände zu investieren, galt als sichere Geldanlage, zumal es in dem Land ohnehin keine Mietmentalität gibt - etwa 85 Prozent der Spanier besitzen ihr eigenes Heim. Viele legten sich zusätzlich eine Ferienwohnung an der Küste zu, auch viele Ausländer erfüllten sich ihren Traum vom Platz an der Sonne. Parallel dazu haben sich die Wohnungspreise verdoppelt, vielerorts sogar verdreifacht.

Dies lockte viele Investoren an, Immobilien wurden zum Spekulationsobjekt. Jahr für Jahr wurden so mehr Wohnungen gebaut als in Deutschland, Frankreich und Italien zusammen. Als die Zinsen aber zu steigen und die Preise zu stagnieren begannen, platzte die Immobilienblase. Die weltweite Finanzmarktkrise machte alles noch schlimmer. Hatten die spanischen Banken und Sparkassen bislang großzügig Kredite für den Wohnungskauf sowie für Bauprojekte vergeben, drehten sie den Geldhahn nun zu.

In der Hoffnung auf das schnelle Geld hatte auch Martinsa-Fadesa kräftig expandiert - und sich dabei hoch verschuldet. Der Konzern nennt mehr als 170 000 Wohnungen und fast 29 Millionen Quadratmeter Bauland sein Eigen. Einst waren diese Immobilien mehr als zehn Milliarden Euro wert. Doch jetzt? Die Nachfrage ist dieses Jahr um rund 30 Prozent zurückgegangen, Experten sagen für die kommenden Jahre einen Preisverfall von bis zu 30 Prozent voraus. Rund eine Million Wohnungen finden derzeit in Spanien keine Abnehmer. Schätzungen zufolge steht die Immobilienbranche insgesamt mit rund 250 bis 300 Milliarden Euro in der Kreide.

Längst ist auch der Bausektor mitgerissen worden, der zusammen mit dem privaten Konsum eine der Hauptstützen des spanischen Aufschwungs der vergangenen Jahre gewesen ist und bis zu 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachte. Nun drohen bis zu eine Million Arbeitsplätze am Bau verloren zu gehen. Kein Wunder also, dass Experten bereits vor einer Rezession in Spanien warnen. "Jahrelang haben wir unser Geld hinausgeworfen und wie in einem Märchen gelebt. Nun hilft nur noch beten, damit es nicht noch schlimmer kommt", sagte José Luis Feito vom spanischen Unternehmerverband CEOE.