Zum Ende der Saison häuft sich die Zahl der tödlichen Badeunfälle auf Mallorca. Innerhalb von rund zwei Wochen sind auf der Insel elf Menschen beim Schwimmen oder Tauchen im Meer ums Leben gekommen - acht der Opfer waren deutsche Touristen. Nun wird über die Ursachen diskutiert. "Mit der Sicherheit an den Stränden stimmt etwas nicht", schrieb die Zeitung "Ultima Hora" und stellte zugleich die Vorkehrungen der örtlichen Behörden auf der Ferieninsel infrage. "Es ist unfassbar", meint auch Rolf Lüke, der Gründer und Vorsitzende der Organisation Blausand.de, die sich für mehr Badesicherheit in Europa einsetzt.

Zwar sei die Sicherheit an den Stränden Mallorcas und der anderen Balearen-Inseln in den vergangenen Jahren besser geworden. "Es gibt aber deutlich zu wenige Rettungsschwimmer", sagt der 62-jährige Bremer der Deutschen Presse-Agentur dpa. So komme es vor, dass es an einem Strand mit 1.500 Menschen nur zwei Retter gebe.

Möglicherweise hänge dies mit dem Ausklingen der Saison zusammen. Davon abgesehen seien aber auch die Rettungswege oftmals zu lang. Bei einem Notfall dauere es von der Alarmierung bis zum Eintreffen professioneller Hilfe manchmal bis zu einer halben Stunde. "Gerade bei Ertrinkenden kommt es aber auf jede Sekunde an."

Das Innenministerium in Palma verwies darauf, dass es im Sommer bislang rund 150 Einsätze des balearischen Notdienstes SEIB im Zusammenhang mit Badeunfällen gegeben habe. Die meisten Opfer seien gerettet worden. Die Bereitstellung von Rettungsschwimmern sei aber eine Angelegenheit der einzelnen Gemeinden.

"Die Zahl der Badetoten ist besorgniserregend" meinte kürzlich der Vorsitzende des balearischen Rettungsschwimmer-Verbandes, Carlos de España. "Zumal es in diesem Sommer deutlich weniger Urlauber als in den vergangenen Jahren gibt." Kritik äußerte er etwa an einer Regelung, nach der die Rettungsschwimmer in Hotels und an Stränden bereits um 18.00 Uhr Feierabend machen sollen. "Gerade um diese Uhrzeit sind Schwimmbäder und Strände doch voller Touristen!"

Dass es in letzter Zeit vermehrt deutsche Opfer gegeben hat, führt Lüke darauf zurück, dass jetzt besonders viele Bundesbürger auf Mallorca Urlaub machten. Da die Schulferien vorbei seien, handele es sich zudem vielfach um ältere Menschen. "Sie sind wegen etwaiger gesundheitlicher Vorschädigungen besonders gefährdet und können auf Risiken nicht so schnell reagieren", weiß Lüke. Sechs der acht deutschen Todesopfer waren älter als 70 Jahre.

Unabhängig vom Alter gelte aber, dass sich nur ein Bruchteil der Badegäste über die Gefahr bewusst sei, zu ertrinken. Viele seien auch schlecht informiert. So gehen nach Angaben von Blausand.de rund 80 Prozent der Badeunfälle auf sogenannte Rip-Strömungen zurück, die dem Opfer an scheinbar harmlosen Stränden im Wasser die Beine wegziehen und es aufs offene Meer hinausspülen können.

Diese "unsichtbaren Killer" entstehen, wenn die Wassermassen, die der Wind an den Strand bringt, beim Zurückfließen ins Meer von Felsen oder Sandbänken abgelenkt werden und dadurch einen gewaltigen Sog bilden. Wer in eine solche Unterströmung gerate, sollte nicht dagegen ankämpfen, sondern versuchen, seitlich davon parallel zum Strand wieder herauszukommen.

Rolf Lüke weiß, wovon er spricht. Seine Schwester kam vor zehn Jahren vor der Küste Formenteras bei dem Versuch ums Leben, eine andere deutsche Urlauberin aus einer solchen Strömung zu retten - beide Frauen ertranken. Dies war für den Diplomkaufmann Lüke damals auch der Anlass, Blausand.de zu gründen. Von einigen Reiseveranstaltern würden solche Gefahren totgeschwiegen, kritisiert der 62-Jährige heute und klärt deshalb in Seminaren auf.

Aber auch die Badegäste selbst tragen nach seinen Worten eine Verantwortung: "Viele haben keinen Respekt vor dem Meer." Und auch nicht vor den Rettungsschwimmern: Allzu oft werden deren Warnungen in den Wind geschlagen oder die durch rote Flaggen angezeigten Badeverbote leichtsinnig ignoriert - mit tödlichen Folgen.