Beate (36) lebt seit zehn Jahren auf Mallorca. Sie ist seit drei Jahren geschieden und glücklicher Single.

Jemanden kennenzulernen, ist hier nicht das Problem. Das ist ganz einfach. Und passiert überall: im Supermarkt, beim Sport, auf der Straße. Und abends sowieso. Meinen Ex-Mann, übrigens Festland-Spanier, habe ich in einer Bar kennengelernt. Meinen letzten Freund beim Salsa-Tanzen. Egal wo – man kommt hier grundsätzlich schnell ins Gespräch. Die Stimmung ist schon recht flirty. Das liegt auch daran, dass es hier eine bunte Mischung verschiedener Nationalitäten gibt. Nicht nur Aussteiger oder Abenteurer. Die meisten hier haben ganz normale Berufe. Von Anwälten über Geschäftsleute bis zu Handwerkern ist alles dabei. Wenn es darum geht, jemanden zu finden, mit dem man eine ernsthafte Beziehung eingehen will, ist das eine ganz andere Sache. Ich glaube, dass es hier genauso leicht oder schwer ist, einen Partner zu finden wie in Deutschland auch. Wenn ich mit Freundinnen in Deutschland oder Österreich darüber spreche, bemerke ich kaum Unterschiede. Viele beklagen sich, dass es schwierig ist, einen Partner zu finden. Nicht, weil es so wenig Männer gibt. Sondern weil es, je älter man wird, immer schwieriger wird, jemanden zu finden, der auf Augenhöhe ist. Ich glaube, dass Frauen mittlerweile das stärkere Geschlecht sind. Und viele Männer nicht mithalten können. Wenn man den Eindruck hat, dass mehr Frauen als Männer Single sind, liegt das auch daran, dass Frauen ab 30 nicht mehr so schnell Kompromisse eingehen. Möglichkeiten gibt es zum Glück genug. Ich hatte noch nie so viel Auswahl an Männern wie heute. Früher haben sich jüngere Männer nicht für mich interessiert. Jetzt schon. Das hat nicht unbedingt etwas mit Schönheit zu tun, sondern damit, was man ausstrahlt. Ob ich die spanischen Männer konservativer finde? Jein. Sicher ein wenig galanter. Wenn sie mit einer Frau ausgehen, ist es schon klar, dass der Mann zahlt. Es sei denn, es handelt sich nur um einen Kumpel. Was die Initiative angeht: Klar kann man die auch als Frau ergreifen. Ist aber nicht unbedingt nötig. Die spanischen Frauen sind konservativer. Sie erwarten auf jeden Fall, dass der Mann den ersten Schritt macht. Ab zwei oder drei Uhr morgens sollte man vorsichtig sein, wer da Kontakt sucht. Es ist wie bei allem: Man bekommt, was man anbietet. Wer ein Dekolleté bis zum Bauchnabel trägt, bekommt entsprechend eindeutige Avancen. Woran man merkt, ob es hier jemand ernst meint? Das ist und bleibt für alle Frauen ein Rätsel. Ein Ritterschlag ist auf jeden Fall, wenn man seine Eltern kennenlernt. Das dauert in der Regel. Aber dann bist du mindestens die offizielle novia. Und es

ist wirklich ernst!

Andrea (53) lebt seit 18 Jahren auf Mallorca. Seit zehn Jahren ist sie geschieden und Single.

Mein Mann war Deutscher. Wir waren 21 Jahre zusammen. Seit unserer Trennung bin ich Single. Ich finde es extrem schwierig, auf Mallorca einen Partner zu finden. Ich bin auch nicht krampfhaft auf der Suche. Aber in Berlin wäre ich sicher nicht allein. Das Hauptproblem: fehlende Treffpunkte. Ich lebe auf dem Land – allein in die Dorfbar kann ich mich schlecht setzen. Das tut hier keine Frau. Da komme ich mir komisch vor. Und ausgesprochene Single-Treffs mag ich nicht. In Berlin gehe ich als Frau auch mal allein in eine Kneipe. Selbst in Palma geht das nicht. Die Spanierinnen wirken zwar oft sehr selbstbewusst. Sie sind es aber gar nicht. Sie wachsen meist sehr behütet in ihren Familien auf, entwickeln sich dadurch nicht so selbstständig. Unter der Woche gehen die wenigsten aus. Höchstens mal auf ein Bier. Am Wochenende sind viele Männer mit ihren Freunden unterwegs. Auch die, die liiert sind. Dass Männer und Frauen getrennt weggehen, kommt hier sehr oft vor.

Die deutschen Männer hier? Viele pendeln. Und die guten sind vergeben. Dafür leben viele Südamerikaner auf Mallorca. Die finde ich lieb, charmant – aber leider unehrlich. Sie erzählen das Blaue vom Himmel, halten aber nichts. Man darf sich nicht wundern, wenn eine Verabredung nicht eingehalten oder verschoben wird. Und die Mallorquiner? Finde ich höflicher und aufmerksamer als die Deutschen. Tür aufhalten und in den Mantel helfen ist hier zum Glück noch selbstverständlich.

Jochen (58) lebt seit 18 Jahren auf Mallorca. Er ist wieder frisch liiert: „Ich arbeite in der Gastronomie. Da mache ich natürlich jede Menge Beobachtungen. Ob es hier schwieriger ist, jemanden kennenzulernen? Die, die das ganze Jahr über hier sind, haben schon ein Problem. Alle suchen laufend. Eine alte Statistik besagt, dass auf einen Mann sieben Frauen kommen. Woran das liegt? Viele Spanierinnen und auch Deutsche leben hier allein, weil ihre Männer sie verlassen haben. Oft mit Kind. Die Spanier heiraten immer noch früher als die Deutschen. Und trennen sich dann genauso oft. Aber: Oft lassen sie sich nicht scheiden. Da sind die Mallorquiner noch konservativer. Auch, dass viele Männer hier unter der Woche eine Geliebte haben, die Wochenenden mit ihrer Familie verbringen, erlebe ich oft.

Im Prinzip suchen schon alle den festen Bund. Trotzdem finde ich, dass es hier lockerer zugeht. Vor allem bei jüngeren Leuten. Die liieren sich für drei, vier Monate, ziehen zusammen. Und trennen sich dann schnell wieder. Viele kommen mit Illusionen im Kopf her. Sie suchen auf Mallorca das große Glück und das große Geld. Dabei ist das hier nicht so leicht zu finden. Viele Frauen, die in der Gastronomie oder im Tourismusbereich arbeiten, hoffen, hier den Prinzen zu finden. Sie haben keine Lust, selbst hart zu arbeiten. Eine Hotelangestellte sagte mir mal, sie wolle am liebsten auch am Pool liegen, so wie die reichen Gäste. Sie sucht immer noch. Denn die Prinzen suchen sich ihre Frauen nicht unbedingt auf Mallorca. Schon eher ein Abenteuer. Konservativ? Finde ich hier kaum eine Deutsche. Die Spanierinnen schon eher. Ich selbst bin verwitwet. Nach drei Jahren als Single habe ich meine jetzige Lebensgefährtin kennengelernt – im Internet. Per Zufall, eigentlich interessiert mich das Kennenlernen per Internet überhaupt nicht. Aber ein Freund von mir hatte gerade ein Forum entdeckt. Aus Langeweile schaute ich es mir an. Dort traf ich sie. Unsere Übereinstimmungen waren so verblüffend, wir haben uns tatsächlich verliebt. Sie ist Deutsche und zog für mich nach Mallorca. Grundsätzlich glaube ich, dass man immer noch am leichtesten jemanden trifft, wenn man gemeinsame Interessen hat. Das habe ich auch im Freundeskreis festgestellt. Eine gute Gelegenheit sind zum Beispiel Wandergruppen."

Philip (37) lebt seit zehn Jahren hier. Er ist gerade wieder Single: „Jemanden kennenzulernen, ist gar kein Problem. Vor allem abends nicht. Und vor allem nicht im Sommer. Im Winter ist recht wenig los, da machen es sich die meisten lieber gemütlich. Die Unermüdlichen sind natürlich auch dann aktiv. Weil Mallorca auch eine Urlaubsinsel ist, gibt es im Nachtleben schon reichlich Gelegenheiten für ein kurzes Abenteuer. Mehr als in Deutschland. Ich finde, dass auffällig viele Frauen hier recht viel trinken. Sich sehr extrovertiert benehmen. Vor allem die Deutschen. Was spanische Frauen betrifft: Ich mag keine Verallgemeinerungen, kann nur für mich sprechen. Ich war zwei Jahre mit einer Spanierin zusammen. Die spanischen Frauen finde ich schon zurückhaltender und konservativer. Auch wenn sie sich sehr sexy zurechtmachen, kurze Röcke tragen und damit auf den ersten Blick das gegenteilige Signal setzen. Wer da auf ein schnelles Abenteuer hofft, wird oft enttäuscht. Auch nicht ganz ohne: Viele wohnen noch bei ihren Eltern. Und selbst wenn die Frau Mitte 20 ist, ist es nicht ungewöhnlich, dass die Eltern ihr verbieten, über Nacht bei ihrem Freund zu bleiben! Natürlich leben auch spanische Paare unverheiratet zusammen. Aber gerne gesehen wird das von den meisten Eltern nach wie vor nicht. Und der Stellenwert der Familie ist hier sehr hoch. Wenn man die Eltern gegen sich hat, kann das schwierig werden. Die Frauen hier erwarten auch mehr. Dass man die Initiative ergreift und sie einlädt zum Beispiel. Das ist ganz schön anstrengend. Sie wirken aber auch oft weiblicher, sind sehr gut zurechtgemacht und gekleidet. Insgesamt finde ich, dass man hier leichter jemanden kennenlernt. Weil die Stimmung lockerer ist.

In der Printausgabe vom 25. Februar (Nummer 512) lesen Sie außerdem:

- Im Gespräch: Penélope Picornell vom Cappuccino Café

– Amüsant satirische Verse: Ulrich List und sein ALter Ego

– Insulaner im Schnee: Der Skiclub Mallorca

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