Eigentlich könne er es selbst nicht fassen, wie sich sein Leben entwickelt habe, sagt Marcel Remus, während er auf dem Schreibtisch vier BlackBerry-Telefone wie Bauklötze aufeinanderstapelt („Die gehen halt schon mal kaputt, die Dinger"). Remus redet schnell, manchmal ohne Punkt und Komma. Es ist offenbar der Rhythmus, an den er sich gewöhnt hat. Auf RTL und Vox erklärt er häufig in wenigen Sendeminuten, wie er es als gerade einmal 24-jähriger Jungunternehmer geschafft habe, eine ganz große Nummer im internationalen Immobiliengeschäft zu werden.

In den Beiträgen führt er vermeintlich gut betuchte Interessenten durch Prachtvillen mit großen Pools und Blick aufs Meer, sowie weitere Immobilien auf Mallorca und anderswo. Im Interview vor der Kamera werden die Käufer nicht etwa gefragt, wie sie die Immobilien finden. Die Reporter wollen vielmehr wissen, was die Kunden von dem Makler halten. „Wenn der Remus durchs Bild läuft, steigen die Zuschauerzahlen", sagt Remus und behauptet, dass er mittlerweile sogar ein ansprechendes Honorar für seine Auftritte im Fernsehen bekommt (bei Vox ist hingegen von einer „geringen Aufwandsentschädigung" die Rede).

Selbstinszenierung, möglichst zusammen mit Prominenten, ist der wichtigste Bestandteil seiner Marketingstrategie. Dass manche Immobilien-Präsentation nur vorgetäuscht wird, sieht er dabei nicht so eng: „Das steht ja schließlich im Abspann des Programms."

Von sich reden macht Remus noch mit anderen Aktionen. Für Werbeaufnahmen einer Immobilienzeitschrift streifte er sich zum Beispiel ein Superman-Kostüm über. „Eine Idee, die mir in der Sauna kam." In Port d´Andratx posierte er wochenlang auf einem überlebensgroßen Plakat an der Ortseinfahrt. Sein neuester Coup ist seine Autobiografie, die er für 12 Euro im Internet anbietet. Der Titel des Werks: „Mein Leben".

Am Anfang sei es ihm schon „ein wenig bescheuert vorgekommen, in meinem jugendlichen Alter eine Biografie zu schreiben", sagt er. Die Zweifel seien dann aber schnell verflogen. Bis zu 30 Anfragen auf Facebook bekomme er täglich. Viele Fans wollten wissen, wie er es mit Anfang 20 so weit gebracht habe. Er könne unmöglich alle Mails beantworten. Deshalb habe er das Buch geschrieben. Verfasst hat er das 106 Seiten starke Werk in einem einwöchigen verregneten Urlaub in der Karibik. „Ich kann ohnehin nicht entspannen, da habe ich mir den Laptop genommen und meine Geschichte runtergeschrieben." Bisher gibt es das Buch nur als PDF-Datei. Auch eine Druckfassung sei geplant, wegen der großen Nachfrage.

Remus berichtet in „Mein Leben" über seine eher belanglosen Erlebnisse als Austauschschüler in den USA, seine Erfolge als Dressurreiter sowie über den Umzug von Altdorf in Franken nach Mallorca im Alter von 19 Jahren. Er sei mit seinen beiden Reitpferden vorausgereist. Seine Eltern seien nachgekommen, sagt er. Vater Uwe, ein Elektriker, betreibt auf Mallorca schon seit einigen Jahren mit einem Partner sein eigenes Geschäft. Dass der dynamische Jungunternehmer Marcel noch zu Hause bei den Eltern in einem Mietshaus in Son Vida wohnt, wird in der Biografie mit keinem Wort erwähnt. „Daran ist doch nichts Verwerfliches. Schließlich bin ich ja erst 24", sagt er.

Vor allem aber weiht Remus den Leser in seine Geschäftsphilosophie ein, die er mit den fünf „A" zusammenfasst: „Alles anders als alle anderen." Sein Büro befindet sich in einem Einkaufszentrum oberhalb des mittlerweile stillgelegten Krankenhauses Son Dureta. In unmittelbarer Nähe zu „Marcel Remus Real Estate" gibt es in dem Betonbau nur eine Filiale einer Backwarenkette, die anderen Ladenlokale stehen leer und sind mit Rolltoren verrammelt. Es ist nicht gerade die Umgebung, in der potenzielle Käufer von Luxus-Villen flanieren gehen.

Den vermeintlichen Standortnachteil redet Remus schön: „Von hier aus bin ich schnell auf der Autobahn und bei den Kunden." Er habe sich bewusst nicht im Nobelhafen Puerto Portals in die Gesellschaft der Konkurrenz begeben wollen. Anstatt viel Geld für hohe Mieten an exponierten Stellen zu zahlen, setze er auf seine Medienwirksamkeit im Fernsehen sowie auf seine Website und ein Lifestylemagazin, das laut Remus zweimal jährlich in einer Auflage von 15.000 Stück erscheint.

In dem Heft, gespickt mit den Immobilien aus seinem mehr als 100 Objekte umfassenden Portfolio, feiert er sich als Herausgeber. Die Interviews mit Prominenten wie Boris Becker und der britischen Schauspielerin Elizabeth Hurley habe er gleich selbst geführt. Remus, der sich ständig auf Wohltätigkeitsgalas, Filmpreisverleihungen oder Festspielen herumtreibt, sieht sich mittlerweile selbst als ein Teil der High Society. „Wenn man so oft eingeladen wird, hat das doch seinen Grund."

Vor zwei Jahren habe er nicht einmal zu träumen gewagt, von Elton John auf das traditionelle Sommerfest zugunsten der Aids-Stiftung des Sängers eingeladen zu werden, bei der Oscar-Verleihung in Los Angeles mit dem Partygirl Paris Hilton zu flirten oder mit dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton auf einer Spendengala in Wien zu plaudern. Das Bild mit dem ehemaligen Staatsmann hängt wie in einer amerikanischen Amtsstube über seinem Schreibtisch.

Leute, die ihn näher kennen, bescheinigen dem smarten Jungunternehmer ein Höchstmaß an so­zialer Kompetenz. „Marcel ist immer nett, aufmerksam. Er hat ein unglaublich gutes Namensgedächtnis." Tage, an denen der Immobilienmakler schlecht gelaunt sei, gebe es nicht, sagt eine Bekannte. Der Umgang mit Menschen sei seine große Stärke, sagt auch eine ehemalige Vorgesetzte über ihn. „Marcel hat keine natürliche Hemmschwelle, ihm ist einfach nichts zu peinlich, und er geht schnurstracks auf alle Menschen zu."

Die Frage ist, wie er es auf die Einladungsliste erlesener gesellschaftlicher Ereignisse geschafft hat. Remus gibt zu, dass er sich für Einladungen zu wichtigen Charity-Events mit einem Spendenscheck revanchiert. Sein Motto laute: „Nur wer teilen kann, wird größer." Wenn es einem selbst gut gehe, sollte man auch an die anderen denken, sagt er. Und ein Foto mit dem Gastgeber gibt´s noch dazu.

Oftmals sei es auch eine glückliche Fügung gewesen, die ihn in Kontakt mit den Prominenten gebracht hätte. Die Britin Liz Hurley habe er beispielsweise auf den Filmfestspielen in Cannes kennengelernt, weil sie zufällig neben einem gemeinsamen Bekannten gestanden habe. Sie seien alle zusammen etwas trinken gegangen und seitdem sei man eben eng befreundet. Achtmal im Jahr treffe er das Model aus Großbritannien. „Die sehe ich fast öfter als meine Eltern", erklärte Remus der „Bild"-Zeitung vollmundig.

Die Schauspielerin liefert eine andere Version, die Zweifel an der Intensität dieser Freundschaft aufkommen lassen. Sie will in der Firma eines gemeinsamen Freundes die Bekanntschaft mit dem deutschen Immobilienunternehmer gemacht haben, kenne ihn aber kaum, lässt sie auf Anfrage der MZ durch ihr Management ausrichten. Die Fotos ihrer aktuellen Bikini-Kollektion, die das Model laut Remus als ein Zeichen ihrer Freundschaft kostenlos für sein Lifestyle-Magazin zur Verfügung gestellt hat, seien nicht nur Marcel Remus, sondern auch Hunderten von Redaktionen zugegangen - ganz und gar kostenfrei.

Über seine Qualitäten als Immobilienunternehmer gehen die Meinungen auseinander. Eloquent ist er - neben Deutsch spricht er fließend Englisch, Spanisch und büffelt abends auch noch Russisch. Leute, die mit ihm zusammenarbeiten, bescheinigen ihm Fleiß, Ideenreichtum und einen fast unbändigen Ehrgeiz. „Wenn man ihm um elf Uhr nachts eine E-Mail sendet, hat man die Antwort fünf Minuten später", sagt eine Bekannte.

„Um wirklich erfolgreich zu sein, braucht man in den Verhandlungen den letzten Biss. Den hat er noch nicht", sagt seine ehemalige Chefin. Remus arbeitete 15 Monate in ihrem Immobilienbüro. Dann kündigte er von einem Tag auf den anderen, weil sie ihm eine Beteiligung an dem Unternehmen ausgeschlagen hatte.

Remus behauptet, er habe in dieser Zeit Vertragsabschlüsse in Höhe von knapp 15 Millionen Euro unter Dach und Fach gebracht und die Firma damit um 750.000 Euro bereichert. Seine Chefin schüttelt ungläubig den Kopf. Remus habe lediglich einen Schlüsseldienst verrichten und die Häuser zeigen dürfen. Die letztendlich entscheidenden Verhandlungen habe sie selbst geführt. Die Objekte kaufte allesamt ein Investor aus München. „Immobilienmakler", so die Unternehmerin, „wird man nicht von heute auf morgen."

Mehrere Branchen-Insider behaupten, der im Fernsehen gefeierte Jungmakler habe seit seinem Sprung in die Selbstständigkeit im Oktober 2009 nur ein einziges Haus verkauft. Immerhin: Dabei handelte es sich mit einer Zehn-Millionen-Villa in Andratx um einen fetten Brocken. Der Käufer war wieder der Münchner, der insgesamt 16 Immobilien auf Mallorca besitzt .

Der Immobilienmarkt auf Mallorca ist vor allem im Hochpreissegment überschaubar. Viele der Angebote werden im Portfolio von gleich mehreren Unternehmen geführt. „Wenn ein Anwesen verkauft wird, spricht sich das schnell herum", so ein Makler zur MZ.

Marcel Remus reagiert sichtlich gereizt, wenn man ihn mit dieser Verkaufsbilanz konfrontiert. „Woher wollen die denn wissen, wie viel ich verkaufe?", fragt er, während er fast beleidigt tief in den Sessel rutscht. Mittlerweile habe er sein Geschäft ausgedehnt, erst vor wenigen Tagen habe er einem russischen Kunden über einen Kooperationspartner ein Objekt in Südfrankreich verkauft. Auch die USA seien für ihn ein wichtiges Thema. Davon bekäme die Konkurrenz auf Mallorca doch gar nichts mit, holt er zum Gegenschlag aus. Seine Firma führt er weiterhin als Selbstständiger, weil es ihm sein Steuerberater so empfohlen habe.

Sein Ziel hat Remus klar formuliert: „Ich möchte, dass die Leute irgendwann sagen: Wenn du in Europa eine Luxusimmobilie suchst, dann ruf den Remus an." In den kommenden Jahren will er sich zunächst sein Netzwerk ausbauen und setzt weiter auf die Knalleffekte bei Vox und RTL. Dass erfolgreiche Unternehmer das Vorabendprogramm deutscher Privatsender verfolgen, glaubt selbst Remus nicht. Doch eine Hoffnung hat er dennoch: Bei bis zu vier Millionen Zuschauern, die die Sendungen verfolgten, sei bestimmt auch die ein oder andere Ehefrau eines steinreichen Unternehmers. Immerhin.