Erst mal ein bisschen locker werden. Diana und Alex haben in der Sitzecke Platz genommen, Drinks stehen auf dem Tisch, flackernde Kerzen sorgen für eine nahezu heimelige Atmosphäre. Wären da nicht die beiden Flachbildschirme, auf denen gerade eine Blondine lasziv mit ihrer Zunge an einem Dildo entlangfährt und anschließend mit dem Gerät ihren Körper erkundet.

Noch aber ist Zeit, an diesem Freitag kurz nach Mitternacht. Die Gäste trudeln allmählich ein im Swingerclub „Elixir de Fuego" in Palmas Stadtteil Can Pastilla – Männer, Frauen, Pärchen. Blicke wandern, werden von den Bildschirmen mit den Hardcore-Szenen angezogen und mustern die anderen Gäste. Diana und Alex sind an einem weiblichen Partner interessiert. „Zwei Frauen und ich, das ist ideal", sagt der 39-jährige Deutsche. „Dann ist sie die Chefin."

Das Geschäft mit den sexuellen Fantasien, die jeder ausleben darf, funktioniert seit inzwischen mehr als sechs Jahren. Als Silvio seinen Club auf Mallorca eröffnete, war der Deutsche auf der ansonsten mit Bordellen gut versorgten Insel der einzige Swingerclub-Betreiber. Dass das Geschäft gut läuft und sogar an Expansion gedacht wird, erklärt er neben Service und Sauberkeit mit der breit gestreuten Zielgruppe: „Im Winter sind es Spanier, im Sommer ist es bunt gemischt."

Und diese Mischung macht auch den Reiz aus, wie Silvio erzählt: Deutsche Gäste ziehen sich schnell um oder aus. Spanier schauen sich erst einmal um. Franzosen und Italiener legen Wert auf Eleganz, die Frau erscheint mitunter im Abendkleid. Solche Unterschiede spiegeln sich dann auch im Bar- und Disco-Raum wider, wo statt nackter Haut vorerst Entspannung angesagt ist: „In einem Swingerclub in Deutschland zieht man sich gleich aus", sagt der 48-Jährige. „Hier setzt man sich erst mal an die Bar."

Wer dann in der richtigen Stimmung ist, kann sich weiter umschauen. Ein Gang führt durch einen Vorhang und vorbei an zwei Badezimmern, in denen Badesandalen und Handtücher bereitliegen, in schummrig beleuchtete Gänge. Gucken ist erlaubt, Straßenkleidung tabu. Mehrere Themenräume warten auf Pärchen. Wer das Licht scheut, fühlt sich in der Sala Oscura wohl – in diesem Darkroom spendet allein eine Kerze Licht. Wer gerne schaut und zeigt, kann in die Grand Lounge ziehen. Zwischen Spiegeln und Käfigstangen ist hier ein großes Matratzenlager aufgebaut. Neben Körbchen mit Kondomen in Griffnähe stehen auch Papiereimer bereit. Abschließbare Türen gibt es allein in der Sala Privada. In der Sala Lila schließlich ist eine Wand mit Öffnungen eingelassen. Auf Hüfthöhe befinden sich zwei kreisrunde Löcher – berücksichtigt wurden spanische wie deutsche Körpergrößen – auf Sichthöhe außerdem zwei Sehschlitze.

Ein blinkendes Rotlicht in einer Ecke des Barraums zeigt an, dass neue Gäste an der Tür klingeln. Der Club füllt sich. Das Durchschnittsalter liegt bei 30 bis 35 Jahren, „sehr attraktive Leute", sagt Silvio. Wer ungepflegt wirke oder in Jogginghose aufkreuze, werde nicht eingelassen, „es kommt vor, dass wir Männer wieder nach Hause schicken müssen". Auch Prostituierte und Betrunkene haben Hausverbot.

Während donnerstags und samstags nur Paare kommen, sind mittwochs und freitags auch Singles dabei. Für ein Gleichgewicht zwischen Männlein und Weiblein sorgt auch der Preis: Single-Frauen haben Gratis-Eintritt, Single-Männer zahlen 100 Euro. Inklusive sind Getränke, kaltes Buffet, Handtücher, Badelatschen – und Kondome.

Miquel zum Beispiel schaut seit zwei Jahren vorbei. Der 35-jährige Spanier steht an der Bar mit einem Handtuch um die Hüfte und schwärmt vom freien Sex im internationalen Ambiente jenseits des Bordells. Er unterhalte sich zwar auch gerne, aber letztendlich funktioniere die Kommunikation auch ohne Worte. „Sex ist international."

Jetzt füllen sich auch die Themenräume. Kleidungsstücke und Hemmungen fallen, es geht zur Sache. „Die Nationalität spielt keine Rolle, es f..... alle gleich", stellt Alex klar. Erlaubt sei aber längst nicht alles. „Man bespricht vorher, was man will und was nicht." In seinem Fall heißt das: Kein anderer Mann darf mit seiner Freundin schlafen oder sie auf den Mund küssen, sie kann dafür ihre Bisexualität ausleben. „Wir sind nicht die typischen Gangbang-Typen." Unter diesen Bedingungen habe dann auch Eifersucht keine Chance. Im Gegenteil: Der Besuch im Swingerclub bestärke die Partnerschaft und führe nicht zum Überdruss. „Er hat immer Bock auf Sex", bestätigt Diana.

Betreiber Silvio und seine Lebensgefährtin Michelle sind selbst auch Swinger. Die Idee zum Club brachte der Deutsche von einem Aufenthalt in Miami mit. „Ich habe das einfach mal durchgerechnet: Man kann mit geringem Aufwand relativ gut leben", sagt er. Dann gab es aber Probleme mit den Behörden: Der Raum sei 15 Zentimeter zu tief für einen Club, hieß es. Rund ein Jahr blieb das Lokal geschlossen, bis ein Anwalt die Sache mit Verweis auf einen Präzedenzfall geregelt hatte. Nach einer Rundum-Modernisierung konnte der Swingerclub dann wieder öffnen.

Inzwischen ist „Elixir de Fuego" mit seinen 350 Quadratmetern „Swinger- und Kuschelfläche" nicht mehr der einzige Swingerclub auf Mallorca. Aber Silvio will in Kürze die nächste Stufe in Sachen Sex zünden: In Palmas Gewerbegebiet Son Oms soll ein neuer, 600 Quadratmeter großer Club entstehen – mit Discothek, Lounge, Erotik-Shop, Open-Air-Bereich sowie einer „Swinger-Oase im Ibiza-Bali-Stil". Auf dem Programm stehen dann laut dem deutschen Unternehmer Modenschauen und Body Painting genauso wie Schaumpartys. Der Markt Mallorca alleine reiche freilich nicht aus, aber die Insel sei ja touristisch gut erschlossen, zudem arbeite er mit einer Swinger-Website in Deutschland zusammen.

Wenn der neue Club dann läuft, soll sich das Lokal in Can Pastilla auf Sadomaso-Gäste spezialisieren. Erst mal ist aber Betrieb wie immer, und die Nachfrage steigt mit vorgerückter Stunde. Während der MZ-Fotograf noch die letzten Fotos macht, warten bereits Gäste im Gang, um das Matratzenlager ganz in Beschlag zu nehmen.

www.clubliberal-mallorca.com

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