Diego Cazalla leitet bei der ­Nationalpolizei auf Mallorca die Ermittlungen gegen die Hells Angels. Von einem deutschen Nachrichten­magazin nach der möglichen Haftstrafe für Rocker-Boss Frank Hanebuth gefragt, erklärte er, dass das Strafgesetzbuch - rechnet man die Höchststrafe für die ihm zur Last gelegten Delikte zusammen - 23 Jahre vor­sehen würde. Doch der Konjunktiv war schnell vergessen, aus Cazallas Schätzung wurde in den deutschen Medien eine Tatsache. Dass um den Fall so eine Sensations­mache betrieben wird, nervt den Beamten allmählich.

Wie steht es um die Ermittlungen im Fall Hells Angels, dauern sie nach wie vor an?

Natürlich. Wir haben noch jede Menge Daten von den Computern, die wir bei der Razzia beschlagnahmt haben, auszuwerten. Wir arbeiten auch weiterhin mit der deutschen Polizei zusammen, da nach wie vor gegen acht Verdächtige internationale Haftbefehle vorliegen, diese sich aber vermutlich in Deutschland aufhalten. Einer wurde dort bereits gefasst.

Ein Deutscher soll sich außerdem hier bei der Guardia Civil gestellt haben, stimmt das?

Ja, der Mann war nicht zu Hause, als die Polizei bei ihm anrückte, hatte aber mitbekommen, dass er gesucht wurde. Allerdings war er keine zentrale Figur. Das war ein junger Bursche, sozusagen ein Anwärter der Hells Angels. Er sitzt nur deshalb noch in Untersuchungshaft, weil er die Kaution nicht aufbringen konnte.

Oft ist zu lesen, dass ein Dutzend Hells Angels auf Mallorca in Untersuchungshaft sitzen. Handelt es sich bei allen um Mitglieder des Rocker-Clubs?

Nein. Unter den Festgenommenen befinden sich auch einige Handlanger, etwa die Polizisten, die mit den Hells Angels zusammenarbeiteten, oder Unternehmer, die dubiose Finanzgeschäfte betrieben.

Neben deutschen und spanischen Verdächtigen sollen auch Hells Angels aus Luxemburg verhaftet worden sein. Was wird denen vorgeworfen?

Wir haben zwar in einer Wohnung in Arenal zwei Männer festgenommen, bei denen wir auch Kutten des Hells Angels-Charters Luxemburg fanden. Zudem hat ein Europol-Beamter einen der beiden wiedererkannt. Allerdings waren die anscheinend wirklich nur zum Urlaub auf der Insel. Gegen sie liegt derzeit nichts vor, sie wurden deshalb inzwischen wieder freigelassen.

Was hat es mit den vermeintlichen Inkasso-Geschäften der Rocker auf Mallorca auf sich? Medienberichten zufolge hätten sie auf brutale Weise Schulden eingetrieben, dazu Wohnungen und Häuser ausgeräumt und Wertgegenstände sowie wichtige Dokumente mitgenommen.

Es gab vielleicht den ein oder anderen Fall. Aber vor allem erpressten diese Leute Schutzgeld und bedrohten Geschäftsleute.

Ist Ihnen der Fall des Mallorquiners Tomeu bekannt, der einst am Ballermann ein Lokal betrieb, das Schutzgeld nicht zahlen wollte, deshalb zunehmend Probleme mit den Rockern bekam und irgendwann aufgab und seinen Laden zusperrte?

Ich habe davon gehört. Angeblich hat der Mann aus Angst die Insel verlassen. Ob das alles stimmt, weiß ich nicht. Eine Anzeige jedenfalls liegt nicht vor. Wir wollen diesen Mann nun ausfindig machen, um herauszufinden, ob das stimmt. Uns wäre wichtig, dass er eine Aussage macht.

Wie lange wird es noch dauern, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind?

Momentan ist ein ungünstiger Zeitpunkt, da alle im Urlaub sind. Ich denke, wir werden bis September oder Oktober alles ausgewertet haben. Dann legen wir dem Obersten Spanischen Gerichtshof in Madrid unseren Abschluss­bericht vor. Dieser entscheidet, ob er selbst ein Verfahren eröffnet oder aber den Strafprozess an einen anderen Gerichtshof delegiert. Vor Gericht werden sich diese Leute aber auf jeden Fall verantworten müssen - auch wenn es bis dahin noch Monate dauern kann.