Im Untergrund an der Küste von Camp de Mar, in etwa dort, wo Claudia Schiffer ihr Haus hat, sind die Pumpen wieder angelaufen. Seit Anfang des Monats ziehen sie das Wasser aus dem Meer und befördern es in Richtung Schnellstraße Palma-Andratx, bis zur Entsalzungsanlage, die an der dortigen Abzweigung nach Camp de Mar steht.

Dass die Wasserfabrik auf Hochtouren läuft, lässt sich von draußen nicht erahnen. Beim Betreten der zentralen Halle mit Schutzhelm, Schutzbrille und Ohrenstöpseln deuten das Dröhnen der Maschinen und das Vibrieren des Bodens dann auf Betriebsamkeit hin. Doch Wasser sieht man auch hier praktisch nicht. Man muss schon den Schilderungen von Wartungstechniker Miquel Seguí vertrauen, wenn er die Verwandlung des Meerwassers in Trinkwassers erklärt.

Die Entsalzungsanlage steht hier zwar schon seit fast sechs Jahren -

blieb aber bis auf ein paar Tage Probebetrieb praktisch die gesamte Zeit ungenutzt. Grund: zu teuer. In den vergangenen Jahren regnete es reichlich - während im krisengeschüttelten Balearen-Haushalt Ebbe herrschte. Also pumpte die Landesregierung lieber das deutlich günstigere Grundwasser aus dem Boden. Nicht nur die

Entsalzungsanlage von Camp de Mar stand in dieser Zeit still, auch die fast baugleiche in Port d´Alcúdia. Und die deutlich größere Entsalzungsanlage in der Bucht von Palma lief die meiste Zeit lediglich im Sparbetrieb.

Das ist jetzt vorbei, die balearische Linksregierung hat Anfang des Jahres eine Kehrtwende vollzogen. Nach einem regenarmen Winter und mit Blick auf einen touristischen Rekordsommer wird derzeit das Grundwasser so weit wie möglich geschont - und in den Haushalten in Andratx sowie auch der ­Nachbargemeinde Calvià fließt erstmals größtenteils entsalztes Wasser aus dem Hahn. „In Kürze werden wir das Wasser auch bis nach Palma leiten können", sagt Seguí.

Bis das Wasser jedoch ausgeliefert werden kann, kommen allerhand Maschinen und Chemikalien zum Einsatz. Vor dem Entziehen des Salzes muss das Wasser zunächst durch einen Sandfilter. Zugesetzt werden außerdem je nach Bedarf Schwefelsäure, wenn der pH-Wert zu hoch ist, Natriumcarbonat, wenn er zu niedrig ist, außerdem weitere Substanzen, die das Wasser auf die Umkehrosmose vorbereiten. Dabei wird es in zwei Produktionslinien unter hohem Druck durch halbdurchlässige Membranen gepresst, die das Salz zurückhalten. Mit einem Energiebedarf von 1.300 Kilowattstunden lässt die Anlage den Strombedarf von Camp de Mar deutlich in die Höhe schnellen - er entspricht rund 250 Haushalten.

In mehreren Reihen übereinander sind die rund zehn Meter langen Rohre mit jeweils sieben Membranen montiert. Auf der einen Seite fließt das Meerwasser hinein, auf der anderen Seite werden entsalztes Wasser und Salzschlacke abgeführt. Diese fließt zurück ins Meer, wird dabei aber vorher wieder verdünnt.

Das entsalzte Wasser dagegen muss weiter aufbereitetet werden, um als Trinkwasser zu taugen - es ist zu rein. Zugesetzt werden Kalk und Kohlendioxid, zur Desinfektion auch Natriumhypochlorit sowie Chlor. Seguí zeigt auf die Werte auf den Messgeräten an einem dicken Rohr, durch das pro Stunde 585.000 Liter aus der Wasserfabrik hinausrauschen: Temperatur 21,4 Grad, pH-Wert 9, Chlorgehalt 0,41 Milligramm pro Liter, 246 ppm Leitfähigkeit. Anders ausgedrückt: „Wasser von bester Qualität", so Seguí.

Mit den derzeit gut 14 Millionen Litern, die täglich ins Netz eingespeist werden, sind die Kapazitäten voll ausgeschöpft. Die Menge reicht rein rechnerisch für rund 95.000 Personen. Wenn der Wasserverbrauch im Sommer infolge der touristischen Hauptsaison steigt, müssen deswegen Teile von Calvià wieder anderweitig versorgt werden - eventuell von Palma aus, denn die dortige Entsalzungsanlage ist noch nicht am Limit. Derzeit laufen vier von neun Produktionslinien, bis Juni sollen es sechs sein. Das Problem: Viele Bauteile der im Jahr 1999 gebauten Anlage müssen nach der langen Phase des Sparbetriebs erst einmal repariert oder ersetzt werden.

Ob sich die Grundwasservorkommen rechtzeitig bis zum Sommer wieder auffüllen, wird von den Regenfällen im Laufe des Frühjahrs abhängen. Mit ein paar Tropfen wie in den vergangenen Tagen ist es jedenfalls nicht getan, betont Seguí: „Da müsste es schon 30 Tage so weiterregnen, besser noch 60 Tage."

Die acht Mitarbeiter in der Entsalzungsanlage von Camp de Mar werden also auf unbestimmte Zeit dafür Sorge tragen müssen, dass der Betrieb nicht ins Stocken kommt - alle Schritte von der Wasserentnahme über die Entsalzung bis hin zur Weiterleitung des Wassers müssen aufeinander abgestimmt sein. Claudia Schiffer werden die Mitarbeiter dabei übrigens nicht zu sehen bekommen: Praktisch alle

Wartungsarbeiten an den Pumpen lassen sich ferngesteuert ausführen. /fk