Hoffen, Bangen, Angst und Freude - die Szenen, die sich in den vergangenen Tagen in der Nähe der Cala Romántica im Osten von Mallorca abgespielt haben, erinnern an das Minenunglück in Chile im Oktober 2010 oder an ein Hollywood-Drama. Mediziner, Feuerwehrleute, Journalisten, Angehörige und Höhlenspezialisten, sie alle harrten gemeinsam aus, bis Francesc Gràcia, den alle nur "Xisco" nennen, am späten Montagabend gegen 23.30 Uhr endlich aus der Höhle trat, in der er mehr als 48 Stunden lang gefangen war.

"Ich war davon überzeugt, dass er lebt. Ich hatte keine Zweifel. Xisco ist einmalig", erzählt Guillem Mascaró im Interview mit der MZ-Schwesterzeitung Diario de Mallorca. Er war es, der als Einziger dabei war, als Gràcia am Samstagnachmittag bemerkte, dass sein Sauerstoffvorrat nicht ausreichte - 40 Meter unter der Erde und 900 Meter vom Ausgang entfernt, inmitten eines Labyrinths aus Höhlen, die größtenteils mit Meerwasser geflutet sind. Ein Führungsseil war gerissen, und die beiden erfahrenen Höhlentaucher hatten die Orientierung verloren. "Wir machten eine Skizze und entschieden, dass ich Hilfe hole und er in einer kleinen Luftkammer wartet", berichtet Mascaró.

Und so blieb Gràcia zurück, allein im Dunkeln, während Mascaró es zum Ausgang schaffte und Alarm schlug. Er habe die Geräusche der Felsbohrmaschine gehört, mit deren Hilfe die Spezialisten sich am Sonntag ans Werk machten, um ihn zu retten, berichtet Gràcia später. Als die Rettungskräfte die Bohraktion wegen technischer Probleme abbrachen, habe er gedacht, man habe ihn aufgegeben. "Ich verlor das Zeitgefühl, ich dachte, es seien bereits fünf Tage vergangen und Guillem hätte den Ausgang nicht gefunden", zitiert ihn das Diario de Mallorca. Nur mit einer kleinen Flasche voller Süßwasser ausgestattet harrte er aus. "Es war fast vollständig dunkel, da ich die Batterie der Taschenlampe sparen wollte, um zu trinken. Und nach so langer Zeit, in der ich Luft mit viel CO2-Gehalt eingeatmet hatte, begann ich irgendwann, Lichter zu sehen." Immer wieder habe es ihn enttäuscht, wenn sie sich nicht als die erhofften Retter herausstellten. "Das hat mich sehr demotiviert." Bis zum Montagnachmittag, als es einem Taucher endlich gelang, durch das trübe Wasser zu ihm zu gelangen.

Eine halbe Stunde lang blieb der Retter bei Gràcia, um dann die Rettungsaktion zu starten. "Das hat Xisco Mut gegeben. Letztlich war er es, der uns während der Rettung immer wieder motivierte", so Mascaró, dem die Erleichterung darüber, dass sein Freund und Kollege am Leben ist, ins Gesicht geschrieben steht.

Als Gràcia schließlich am Montag kurz vor Mitternacht aus eigener Kraft die Höhle verließ, schallte der Jubel durch das Camp, das die rund 60 Einsatzkräfte in der Nähe des Höhleneingangs errichtet hatten. Rettungsdienstler lagen sich in den Armen, Angehörige vergossen Freudentränen. Ein "Final Feliz", ein glückliches Ende für einer der spektakulärsten Rettungsaktionen der vergangenen Jahre auf Mallorca.

Trotz des Dramas - aufgeben will Gràcia seine Leidenschaft nicht. "Wenn du wieder raus bist, dann verlierst du die Angst", gab er am Mittwoch bekannt. "Das unterirdische Mallorca zu erkunden ist ein wichtiger Job. Das Leben geht weiter und man muss nach vorne blicken." /somo