Auf einem Feld im Weiler Biniagual bei Binissalem reagiert Mallorca auf die Bedrohung durch das Feuerbakterium. Seit etwa vier Wochen läuft hier die erste Aufpfropfung autochthoner mallorquinischer Rebstöcke auf der Insel. 350.000 kleine Triebe von Reben - alle per Hand in die Erde gesteckt -, die auf eine sogenannte amerikanische Unterlage aufgepfropft wurden, sollen hier mitten im Zentrum der Insel reifen. Die Unterlage, ein Stück alte amerikanische Weinrebe, ist besonders resistent gegen Schädlinge. In drei Jahren könnte es den ersten Wein aus diesen Reben geben. Das Besondere: Dieses Prozedere geht zum ersten Mal überhaupt auf Mallorca vonstatten. Normalerweise lassen nahezu alle Winzer der Insel ihre Rebstöcke nach Navarra zur Firma Villanueva bringen, die dort die Reben kultiviert und nach etwa zwei Jahren, wenn sie eine gewisse Größe haben, wieder zurück auf die Insel bringt.

„Diesmal geht das nicht, weil wegen der Xylella fastidiosa keine Pflanzen von der Insel ausgeführt werden dürfen", erklärt Charlotte Miller, die für das Weingut Biniagual zuständig ist. Das sogenannte Feuerbakterium ist im vergangenen November erstmals nachgewiesen worden, nachdem ihm in Süditalien Hunderttausende Olivenbäume zum Opfer fielen. Wein­stöcke sind zwar, anders als Oliven-, Mandel- oder auch Obstbäume, bisher nicht positiv getestet worden, aber die Möglichkeit besteht. Das Ausfuhrverbot betrifft alle potenziellen Wirtspflanzen der Xylella fastidiosa, die durch Zikaden übertragen wird und die Pflanzen von innen heraus austrocknet.

Pepe del Olmo ist sozusagen der Rebenpolizist auf dem Feld in Biniagual. Der Murcianer arbeitet eng mit Villanueva zusammen und kümmert sich um die Pflanzung. „Das war ein riesiger Aufwand, das hier auf der Insel zu machen", berichtet er. Insgesamt 18 Tage lang seien zwischen 20 und 30 Mitarbeiter von Villanueva auf Mallorca gewesen, um die Triebe zunächst auf die amerikanische Unterlage zu stecken und sie mit einer Paraffin-Mischung aneinanderzukleben, durch die sich die Triebe jetzt durchkämpfen müssen. Nach dieser Behandlung wurden die Reben drei Wochen lang in feucht-warmem Klima gelagert, bevor sie gepflanzt wurden.

Auf dem Feld sieht das wie eine riesige Armada kleiner Krieger aus, bei vielen von ihnen sprießen oben mehrere zarte grüne Blättchen. Del Olmo allerdings ist nicht ganz zufrieden bei der Ortsbegehung. „Oh je, da werden wir einige Verluste haben", sagt er und schaut finster drein. Viele der Reben sprießen noch nicht, obwohl eigentlich längst Grün zu sehen sein müsste. Mit 40 bis 50 Prozent Verlusten rechnet del Olmo. Da ist es nicht gerade förderlich, dass einige der vergangenen Nächte zu kalt für die Triebe gewesen seien.

Autochthone Weine von der Insel erfahren seit rund 15 Jahren eine zunehmende Wertschätzung. Immer mehr Winzer auf Mallorca setzen auf heimische Sorten. „Nur sie gedeihen hier besonders gut, Cabernet oder andere werden nun mal in Frankreich besser", sagt Charlotte Miller. Deshalb hatte man nach einer Lösung gesucht, wie in Zeiten der Xylella fastidiosa die heimischen Sorten trotzdem angebaut werden können.

Allerdings haben sich damit die Bodega-Besitzer auf der Insel in ein ziemliches finanzielles Risiko gestürzt. „Wir haben noch überhaupt nicht kalkuliert, wie teuer das die Winzer zu stehen kommt", sagt Pepe del Olmo. Vor allem, wenn die Hälfte der Reben im Endeffekt nicht zu gebrauchen sein könnte. Aber die Alternative wäre gewesen, überhaupt keine Reben zu haben.

Mit dem Feld in Biniagual fand man zumindest ein für den Zweck geeignetes großes Stück Land - „wir haben schließlich Platz", sagt Charlotte Miller, die den anderen Winzern, darunter José Luis Ferrer, Binigrau, Bodegas Oliver oder Ànima Negra, das ehemalige Sonnenblumenfeld vermietet. Sieben verschiedene Traubensorten wachsen hier heran: die Weißen Prensal, Girod und Malvasia sowie die Roten Callet, Manto Negro, Girod Negro und Escursach. Das Ergebnis des Mallorca-Experiments in Biniagual wird dann ab 2020 im Handel zu kaufen sein.