Dass ein Moratorium nicht unbedingt Stillstand bedeutet, kann man derzeit auf mehreren Grundstücken Mallorcas sehen: In Campos wird die inzwischen achte Insel-Filiale des Discounters Aldi fertiggestellt, sie soll am 11. August eröffnen. In Palmas Viertel Coll d'en Rabassa kann man einem Neubau von Lidl beim Wachsen zusehen. In Son Cotoner, ebenfalls in Palma, hat jetzt der französische Konzern Carrefour eine neue Filiale eröffnet. Und auch in den Fall des bislang nicht genehmigten Einkaufszentrums Palma Springs an der Playa de Palma kommt wieder Bewegung.

Das Moratorium von Ende 2015 sah eigentlich vor, dass keine neuen Genehmigungen für Einzelhandelsfilialen mit mehr als 700 Quadrat­metern erteilt werden - solange, bis der Inselrat einen neuen Masterplan für den Einzelhandel ausgearbeitet hat. Getan hat sich dennoch einiges: Der Genehmigungsstopp galt weder für bereits zuvor beantragte Projekte noch für Umbauten oder Verkäufe von Filialen.

Und seit vergangener Woche ist der Genehmigungsstopp ohnehin so gut wie aufgehoben: Das balearische Oberlandesgericht hat es nach einer Klage des Branchenverbands der großen Einzelhandelsketten (Anged) weitgehend einkassiert.

Laut dem Urteil müssen nun wieder Filialen von mehr als 700 Quadratmetern genehmigt werden - zumindest innerhalb geschlossener Ortskerne und auf „dafür geeigneten Grundstücken". Im Fall von Menorca und Ibiza liegt die Marke des Moratoriums sogar bei nur 400 Quadratmetern.

Mallorcas Inselrat will zwar noch prüfen, ob er Rechtsmittel einlegt - man habe schließlich lediglich die Kompetenzen zur Raumordnung angewandt. Doch die Richter sehen das anders: Sie stellen fest, dass der Inselrat seine Zuständigkeiten überschritten hat und verweisen auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie.

So ein Moratorium sei ohnehin nur einer von mehreren Faktoren, die man bei der Planung neuer Filialen berücksichtigen müsse, meint Achim Becker, Bereichsleiter Balearen beim Discounter Lidl, auch mit Verweis auf die Preisentwicklung im Immobilienmarkt. Zudem war es nicht das erste Moratorium - wegen eines Genehmigungsstopps unter der konservativen Matas-Regierung (2003-2007) mussten Mallorca-Filialen in früheren Jahren vorüber­gehend kleiner ausfallen.

Im Fall von Coll d'en Rabassa hatte Lidl bereits eine Lizenz: Die bisherige rund 900 Quadratmeter große Filiale von 2003 wurde abgerissen, um ein 1.200 Quadratmeter großes Geschäft zu bauen, das dem neuen Image und den Nachhaltigkeitskriterien entspreche, so Becker: „Das Dach war gar nicht geeignet für Solarpaneele." Kunden wie Mitarbeiter werden derzeit auf umliegende Filialen verteilt, allein in Palma hat Lidl nach inzwischen 16 Jahren auf Mallorca fünf weitere Geschäfte. Im Herbst soll dann die neue Filiale am alten Standort in Coll d'en Rabassa eröffnet werden.

Im Fall der neuen Campos-­Filiale von Aldi war der Antrag offensichtlich schon vor dem Moratorium eingereicht worden. Dazu macht der Discounter freilich keine Angaben, er wirbt in einer Pressemitteilung stattdessen mit der Schaffung von 18 Jobs, einem Sortiment von 1.500 Artikeln auf 1.200 Quadratmetern und einer kostenlosen Verkostung am Eröffnungstag. Mit der neuen Aldi-Filiale an der Durchgangsstraße Richtung Santanyí wird das Dorf endgültig zum Einkaufscenter für die Umgebung: Lidl, Müller, Hipercentro oder Eroski

stehen hier fast nebeneinander.

Dass die deutschen Discounter weiter auf Mallorca expandieren wollen, ist ein offenes Geheimnis. Allerdings sind die Pläne für neue Filialen derzeit noch nicht spruchreif. Aber auch der französische Handelskonzern Carrefour hat die Insel weiter im Blick und eröffnete Ende Juli einen neuen Supermarkt in Palmas Viertel Son Cotoner. Es ist neben einer neuen Filiale in Sa Coma im Inselosten und 34 weiteren Märkten im restlichen Spanien eine Übernahme vom Mitbewerber Eroski. Auch wenn das Geschäft deutlich kleiner ausfällt als die drei bestehenden hipermercados von Carrefour auf Mallorca, sind neben den 31 übernommenen Mitarbeitern 56 neue eingestellt worden.

Weiter am Ball bleibt auch die französisch-niederländische Gruppe Unibail-Rodamco, die an der Playa de Palma ein großes Einkaufszentrum mit dem Namen „Palma Springs" plant. Bislang scheiterte sie mit ihrem Antrag für eine Lizenz bei Landesregierung und Stadt, weil die Erschließungsarbeiten im Feuchtgebiet Ses Fontanelles nicht abgeschlossen waren - und dann kam auch noch das Moratorium dazwischen. Inzwischen sind auf dem weitgehend brachliegenden Gelände wieder die Bagger aufgefahren. Unibail-Rodamco will offenbar gerüstet sein.