Wie steht es um die gefürchtete Pflanzenplage Xylella fastidiosa auf Mallorca? Das sogenannte Feuerbakterium oder auch Oliven-Ebola, das ganze Gegenden in Süditalien in Geisterlandschaften verwandelt hat, frisst sich auf der Insel langsam, aber beständig voran. EU-Experten gehen mittlerweile davon aus, dass man die Plage kaum noch loswerden kann.

Eine der Befürchtungen ist, dass auch die viele Hundert Jahre alten Olivenbäume in der Serra de Tra­muntana betroffen sein könnten. „Das käme einem Desaster gleich. Die Bezeichnung Welterbe der Menschheit könnte Gefahr laufen", sagt Miquel Gual, Präsident der Kooperative Sant Bartomeu in Sóller.Befund im Orangental

Das Erschreckende: Der erste positive Befund ist bereits aufgetaucht. Am 21. Juni entdeckte ein Mitarbeiter der Kooperative Sant Bartomeu in Sóller einen Olivenbaum mit den fraglichen Symptomen. Die Tests bestätigten den Verdacht auf Xylella fastidiosa.

Bei dem Baum handelte es sich nach Aussagen von Andreu Joan, dem Zuständigen für die Plage im balearischen Landwirtschaftministerium, und Miquel Gual, dem Präsidenten der Kooperative Sant Bartomeu, um ein vor drei Jahren ins Orangental verpflanztes Exemplar. Für Gual gibt es gute Gründe anzunehmen, dass der Ölbaum sich nicht in der Serra de Tramuntana mit dem Erreger infiziert hat. „Der Baum kam aus einem Betrieb in Santa Maria nach Sóller. Schon bei seiner Ankunft hier sah er nicht sehr gesund aus", sagt Gual. Tests bei den Bäumen im unmittelbaren Umkreis des erkrankten Exemplars in Sóller ergaben bisher keinen Befall, sodass auch das Landwirtschaftsministerium davon ausgeht, dass der Baum bereits krank war, bevor er in Sóller ankam - und dass sich die Plage seitdem nicht ausgebreitet hat. Der betroffene Baum wurde vernichtet.

Experten sehen für die Pflanzen im Gebirge zumindest in der Theorie eine geringere Ansteckungsgefahr als in anderen Landstrichen der Insel. Die Erklärung sei in den klimatischen Bedingungen zu suchen. „Im Gebirge herrschen größtenteils kühlere Temperaturen als im Rest der Insel. In diesen Gefilden fühlen sich die Vektoren der Krankheit nicht sehr wohl", sagt Andreu Joan vom Ministerium. Übertragen wird die Krankheit vor allem durch Zikaden und andere Insekten, die die Äste anbohren und sich von den Pflanzensäften ernähren, wobei sie den Erreger absondern. Vernachlässigte und bereits von einer anderen Krankheit geplagte Exemplare sind besonders anfällig für die Xylella fastidiosa.

Der Zoologe Miguel Ángel Miranda von der Balearen-Universität sieht die Sache ähnlich wie Andreu Joan und erklärt die geringere Gefahr der Ansteckung mit dem Verhalten der Zikaden und anderer Insekten, die als Vektoren infrage kommen. „Der Vorteil ist, dass es in der Serra de Tramuntana das ganze Jahr über Vegetation gibt. Der Vektor muss also gar nicht erst auf die Bäume springen, um sich zu ernähren." Dass es im Gebirge bereits infizierte Vektortiere gibt, daran hat Miranda allerdings keinen Zweifel.

Ein Hoffnungsschimmer für die Tramuntana-Ölbäume ist auch, dass die für sie gefährlichste Unterart, die Xylella fastidiosa pauca, bisher lediglich auf Ibiza und nicht auf Mallorca nachgewiesen wurde. Diese Unterart verursachte die Schäden an Olivenbäumen in Süditalien. Andreu Joan warnt deswegen vor Panik: „Diese Olivenbäume sind zwar alt, aber sie halten auch eine Menge aus. Die sind nicht besonders anfällig für Krankheitserreger."

Gefahr für die Mandelbäume

Mehr Sorgen machen dem Experten die Mandelbäume. „Hier sehen wir inzwischen, dass auch gesunde und gepflegte Exemplare von der Xylella betroffen sind." Der weiträumige Befall - die Blätter beginnen sich an der Spitze gelblich zu verfärben - werde jetzt im Sommer immer deutlicher. Viele der Bäume sind zudem schon seit Jahren durch einen

Pilzbefall geschwächt.

Inzwischen ist das Feuerbakterium auch auf dem spanischen Festland nachgewiesen worden. Im Bergdorf Guadalest in der Provinz Alicante wurden Ende Juni in einer Mandelplantage zwölf positive Befunde nachgewiesen. In diesem Fall wurde - wie in einem EU-Protokoll vorgesehen - sofort die Vernichtung der betroffenen Pflanzen sowie aller möglichen Wirtspflanzen im Radius von 100 Metern angeordnet. Ob der Erreger von Mallorca aus eingeschleppt wurde, ist unklar.

Auf der Insel klammert man sich indes an die Hoffnung, nicht weiträumig abholzen zu müssen - was bei dem derzeitigen Stand der Dinge die Rodung von mehreren Hundert Hektar bedeuten würde. Im Juni nahmen mehrere Experten der EU fünf Tage lang die Situation auf Mallorca unter die Lupe. Voraussichtlich im Oktober werden die Balearen darüber informiert, ob sie das Abholzungs-Protokoll anwenden müssen oder die bisher praktizierte Eindämmung weiterbetreiben dürfen, die vorsieht, lediglich die erkrankte Pflanze zu vernichten und vermehrt Tests im Umkreis von zehn Kilometern zu nehmen.

Die ersten Einschätzungen der EU-Experten sind allerdings niederschmetternd: Angesichts der weiträumigen Ausbreitung, des Befalls mehrerer Pflanzenarten und des Vorkommens diverser Unter­arten des Bakteriums werde es selbst bei großflächiger Abholzung „sehr schwierig", den Schädling wieder loszuwerden, heißt es.

Die Bedeutung Mallorcas bei der Bekämpfung der Plage wird auch Mitte November deutlich. Dann findet in Palma eine internationale Tagung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA statt. Thema: „Xylella fastidiosa - Antworten auf ein globales Phänomen".