Son Espanyolet gilt als ruhige Gegend. Doch Musik, Planschgeräusche aus Pools und laute Unterhaltungen bis zum Morgengrauen stören die Anwohner nordwestlich vom In-Viertel Santa Catalina in Palma de Mallorca in den vergangenen Jahren zunehmend. „Noch schlafen wir nicht mit offenen Fenstern. Aber im Sommer wird das unerträglich werden", sagt ein Mann, der schon in der Vorsaison vom Lärm genervt war. Es sind vor allem die direkten Nachbarn der „villas", wie die Firma Alzina Living die neuen Touristenunterkünfte nennt, die sich von den lärmenden Urlaubern gestört fühlen. Die Ferien­häuser stehen mitten in der Wohngegend in einem Radius von nur 200 Metern und bieten insgesamt

62 Schlafplätze.

Es ist der Norweger Erik Oren, der der Firma Alzina Living vorsteht. Acht Gebäude hat er für das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren in Son Espanyolet erworben. Drei davon werden schon jetzt touristisch vermietet, ein weiteres ist gerade im Aufbau.

„Live as a Local" wirbt Alzina Living groß auf der Firmenhomepage - „Lebe wie ein Einheimischer". Abgebildet sind Fotos der vier Ferienhäuser, die allesamt mit Pool ausgestattet sind und einladend wirken. „Erleben sie den authentischen Lebensstil Palmas in dem bezaubernden Viertel Son Espanyolet", heißt es weiter. Auch mit Ruhe wird geworben. Die Stadthäuser seien „ideal für Gruppen, die mehrere Häuser buchen wollen", weil sie so nah beieinander stehen.

Was Urlaubern attraktiv erscheinen mag, stinkt einigen Anwohnern gewaltig. „Sie leben überhaupt nicht wie Einheimische", beschweren sich einige, die lieber anonym bleiben wollen. „Sie sind die ganze Zeit im Pool oder auf der Dachterrasse, schauen sich nichts von Mallorca an, sondern bleiben dort, trinken und machen Lärm. Es ist entsetzlich." Erst recht, wenn es sich um große Gruppen handeln würde und sich die Bewohner der verschiedenen Ferienhäuser untereinander besuchen. Wenn der Geschäftsführer der Firma dem Treiben nicht bald Einhalt gebiete, so eine der Anwohnerinnen, dann werde sie ihn anzeigen.

„Wir vermieten nicht an Party-Gruppen", sagt der Norweger Erik Oren der MZ. In den Mietverträgen seien strenge Hausregeln angeführt, leider halte sich nicht jeder der Gäste daran. Nach zwei Verwarnungen würden die Gäste rausgeschmissen, so Oren. „Wir wollen die Stille und den Charme des Viertels erhalten."

Angriffspunkte könnte es möglicherweise dennoch geben. Zwar wirbt Alzina Living groß damit, dass alle Häuser über gültige Genehmigungen zur touristischen Vermietung verfügen. Doch bei der Lizenznummer, die beim Can Siete steht - jenem Haus, das noch im Aufbau ist -, handelt es sich lediglich um die vorläufige DRIAT-Nummer. Vor der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur Regulierung der Ferienvermietung 2017 seien Tausende dieser Nummern vergeben worden, so ein Sprecher der Stadt Palma. Derzeit prüfe die Stadtverwaltung, ob die ­Etablissements

auch tatsächlich den neuen, strengen Anforderungen genügen und eine Lizenznummer verdienen. Geschäftsführer Oren widerspricht: „Can Siete hat eine Touristenlizenz", versichert er. Ein Sprecher der Balea­ren-Regierung weist das zurück, beim Can Siete sei noch nichts in trockenen Tüchern. „Ein Inspektor des Tourismusministeriums hat sich die Baustelle angesehen. Jetzt wird geprüft, ob es sich um eine Illegalität handelt." Trotzdem scheint sich Oren seiner Sache sicher: Schon jetzt kann man bei Airbnb Übernachtungen ab dem 1. September für Can Siete reservieren.

Die Sorge der Anwohner ist groß. Vier weitere, bisher ungenutzte Häuser hat die Firma aus Oslo in den vergangenen Jahren im Viertel ­erstanden. Sechs davon verfügen Oren zufolge angeblich über eine touristische Lizenz - die Grundlage für noch mehr „villas".

„Hier wohnen viele ältere Menschen. Deren Kinder leben seit Langem woanders. Wenn sie die Objekte nach dem Tod ihrer Eltern erben, wollen sie sie loswerden", so Margarita García, Vorsitzende des Nachbarschaftsverbands Son Espanyolet. Dies, gepaart mit den Absichten von vor allem ausländischen Investoren, die immer auf der Suche nach neuen Objekten zur Vermarktung seien, führe zu einem „radikalen Wandel" im Viertel. „Die Störungen durch die Urlauber mindern die Lebensqualität von uns Einwohnern", betont García.

Unterstützung erhält sie von den ­Nachbarschaftsverbänden Palmas. „Es handelt sich um getarnte Hotels", kritisiert deren Vorsitzende Joan Forteza. Er appelliert an die öffentliche Verwaltung. Man müsse legale Mittel suchen, um zu verhindern, dass ausländische Investoren eine Vielzahl an Immobilien erwerben. „Denn ihr Recht auf Gewinn durch touristische Vermietung oder eine zweite Residenz darf nicht über dem Recht der Palmesaner auf einen Erstwohnsitz stehen." Genau dies passiere aber in Son Espanyolet. Im schlimmsten Fall, so Forteza, drohe künftig ein Identitätsverlust des gesamten Viertels.

Erik Oren ist anderer Ansicht. Qualitätstouristen, die seine Häuser mieten, täten dem Viertel gut. „Und Veränderungen bringen eben immer einen gewissen Widerstand mit sich."