Die Ankündigung schlug ein wie eine Bombe: Das balearische Tourismusministerium will Hoteliers auf Mallorca ab 2020 verbieten, an ihre All-inklusive-Gäste außerhalb der Essenszeiten alkoholische Getränke kostenlos auszugeben. Nicht nur unter den MZ-Online-Lesern entfacht die geplante Gesetzesänderung hitzige Diskussionen, sondern auch Mallorcas Hoteliers machten jetzt öffentlich ihrem Ärger Luft. Es sei eine „Ungeheuerlichkeit", so die Vorsitzende von Mallorcas Hoteliervereinigung FEHM, María José Aguiló - sie sieht durch die neuen Regelungen gleich das gesamte All-inklusive-Konzept auf der Insel in Gefahr. Dabei ist es mehr als unwahrscheinlich, dass tatsächlich ein radikaler Wandel der Branche bevorsteht.

Hauptkritik der Hoteliers: Die neue Bestimmung sieht unter anderem vor, dass alkoholische Getränke nicht mehr zur Selbstbedienung freigegeben werden, sondern ausschließlich vom Hotelpersonal serviert werden dürfen. „Dafür haben viele Hotels gar nicht genügend Personal", so Aguiló. Als Konsequenz prophezeit sie längere Wartezeiten für die Gäste während des Essens und in vielen Fällen sogar, dass Hotels ihre All-inclusive-Angebote gänzlich aufgeben müssten. „Die Regierung will auf dem Umweg diese Art des Angebots abschaffen", unterstellt die Hoteliers-Vertreterin. Schade wäre das vor allem für Urlauber-Familien, denn diese machten einen Großteil der Kunden aus.

Dass sich die Hoteliers schnell angegriffen fühlen, wenn das Thema All-inclusive in den Fokus rückt, ist nicht verwunderlich: Seit Jahren kritisieren Einzelhandel und Gastronomie diese Angebotsform in den Medien als Hauptgrund für Umsatzeinbußen. Doch ein Blick in die Statistiken zeigt: Aktuell setzen offiziell nur knapp zwei Prozent aller Hotels auf Mallorca ausschließlich auf All-inclusive - ganz anders als beispielsweise in Touristengegenden in der Türkei, in denen „All-in" gang und gäbe ist. Zwar bieten auf Mallorca weitere knapp 22 Prozent aller Hotels das Komplettpaket neben Voll- und Halbpension an. Hier werden die Rundum-Versorgten aber meist mit farbigen Armbändchen abgegrenzt, damit Kellner und Barkeeper sie erkennen und ohne Aufpreis bedienen können. Selbstbedienung am Alkoholvorrat dagegen ist in diesen gemischten Einrichtungen außerhalb der Essenszeiten ohnehin unüblich - schließlich könnten sonst auch andere Gäste einfach zugreifen. „Wir wollen All-inclusive nicht abschaffen, so ein Angebot muss es auch weiterhin geben, aber es soll hochwertig sein", so eine Sprecherin des Tourismusministeriums. Und Billig-Alkohol in Massen gehöre nicht dazu. Die Befürchtung der Hoteliers, dass nur wegen der neuen Auflagen Hotels ihr All-inclusive-Konzept komplett aufgeben müssten, sei „sehr um die Ecke gedacht".

Stichhaltiger klingt dagegen das Argument der Hoteliers, die Regierung verfehle mit der Maßnahme das eigentliche Ziel. „Wenn die Politiker wirklich dem Sauftourismus den Kampf erklären wollen, dann ist es verkehrt, in den Hotels anzusetzen", so Aguiló. Vielmehr müsse über Verbote von Happy-Hour-Angeboten oder Alkohol-Flatrates in Bars und Diskotheken nachgedacht werden. Dort, wo es wirklich zu Exzessen käme. „Wer säuft denn an der Playa de Palma und in Magaluf in den Hotels? Das erscheint mir der falsche Ansatz", kommentiert denn auch eine MZ-Leserin bei Facebook, erntet dabei aber auch Widerspruch: „Ich würde gerne mal am Hotelpool liegen, ohne Besoffene um mich herum zu haben", schreibt eine andere Leserin. „Das Tourismusministerium ist nicht befugt, Angebote in Nachtlokalen zu verbieten", erklärt die Ministeriumssprecherin, verweist aber auf das Gesundheitsministerium, das sehr wohl plane, zumindest die Werbung für Pub Crawls und Co. zu verbieten.

Wahrscheinlich ist, dass die neuen Regelungen zum Gratis-Alkohol in Hotels weder die Hoteliers in den Bankrott treiben, noch Saufurlauber an ihren Eskapaden hindern werden. Und dass Familien keinerlei Veränderungen spüren dürften. „Bei unseren Urlauben als fünfköpfige Familie ist das AI schon sehr ansprechend", so ein MZ-Leser online. „Ins Koma gesoffen haben meine Frau und ich uns dennoch noch nie."