Heiko H. war am Montag (3.9.) um kurz nach ein Uhr nachts gerade zu Bett gegangen, als das Gebrülle auf dem Carrer Missió de San Diego in Arenal lauter wurde. „Normalerweise kein Grund, um aufzustehen, schließlich habe ich mein Ferienapartment ja am Epizentrum des Ballermanns. Aber als dann auch noch Frauen geschrien haben, bin ich raus auf den Balkon." Heiko H. wird Augenzeuge, wie die Polizei an der Playa de Palma von der Schusswaffe Gebrauch macht und einen Verdächtigen festnimmt, der kurz zuvor auf zwei deutsche Männer eingestochen haben soll. Wann die Polizei in dem Gebiet das letzte Mal eine Waffe abgefeuert hat, daran können sich die Beamten auf MZ-Anfrage nicht erinnern.

„Vom Balkon aus sah ich einen Mann mit einem Messer in der Hand. Vor ihm standen mehrere Polizisten, plötzlich knallte es", sagt Heiko H. Das war ein Warnschuss. „Dann hat einer der Polizisten seine Waffe auf das Bein des Mannes gerichtet und geschossen." Der am Fuß Verletzte sei zusammengebrochen. „Die sind dann alle Mann auf ihn rauf, teilweisen saßen vier Polizisten auf ihm." Bis der Krankenwagen kam, habe es eine halbe Stunde gedauert.

An dem Abend machte schnell die Angst vor einem möglichen Terrorhintergrund die Runde. Doch schon das erste Statement der Polizei am Montagvormittag schloss ein Attentat aus. Vielmehr habe es sich um einen Streit gehandelt, der zwischen den Männern auf der Straße ausgebrochen sei, sagte eine Sprecherin der Nationalpolizei der MZ. Dem vorausgegangen sei eine Rempelei, an der insgesamt drei Deutsche und der festgenommene Verdächtige beteiligt gewesen sein sollen. Der Angreifer rammte dem Deutschen ein Messer in die Brust und verletzte ihn schwer. Der Stich erfolgte nahe dem Herzen. Ein zweiter Deutscher wurde von einem Messer am Rücken leicht verletzt. Er verließ die Insel bereits am nächsten Tag. Die Nationalpolizei gab das Alter der beiden Verletzten mit 27 und 46 Jahren an.

Nicht offiziell bestätigen wollte die Polizei, dass es sich bei den Deutschen um Mitglieder der Rockergruppe Hells Angels handelt, auch wenn es aus Polizeikreisen so verbreitet wurde. Der ehemalige Rocker-Chef Frank Hanebuth bestätigte der MZ, dass die Männer Mitglieder eines süddeutschen Chapters seien, die als Touristen auf die Insel gekommen seien. Auch Hanebuth geht von einem Einzelvorfall aus. „Da steckte keine organisierte Truppe dahinter", sagte er. Man habe bei den Hells Angels in Deutschland erwogen, nach Mallorca zu reisen, um den angegriffenen Rockern zu Hilfe zu eilen, das aber schließlich verworfen, weil der Angreifer bereits in Polizeigewahrsam sei.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich laut der Polizei um einen marokkanischen Staatsbürger, der sich zunächst als Libyer ausgegeben hatte. Er habe in Deutschland Flüchtlingsstatus als subsidiär Schutzberechtigter und sei dort schon mehrfach auffällig geworden, unter anderem wegen eines Raubüberfalls und schweren Diebstahls. In Spanien war er schon 2004 wegen fehlender Aufenthaltsgenehmigung vorübergehend festgenommen worden.

Mehrere Augenzeugen berichteten der MZ, dass sich der 31-jährige Mann bei der Festnahme „wie verrückt" aufgeführt habe. Über seinen Geisteszustand wollte die Polizei keine Auskunft geben. Am Mittwochnachmittag vernahm ihn ein Haftrichter. Die Mordkommission hat die Arbeit aufgenommen, gegen den Mann wird wegen versuchtem Totschlag, Körperverletzung und Widerstand gegen die Polizei ermittelt. Auch muss noch geklärt werden, wie der Streit zustande kam.