Schon beim Betreten des kleinen Firmengeländes in Pla de Na Tesa schlägt einem ein angenehmer Geruch entgegen. Täglich füllt die Firma Flor d'Ametler in dem Gemeindeteil von Marratxí Mallorcas Duft in Flakons. Parfüm auf Mandelblütenbasis, echt von der Insel, seit 80 Jahren - das klassische Urlaubs-Mitbringsel. Der Markt habe sich zwar verändert, sagt Miguel Angel Benito, der vor knapp 40 Jahren den Betrieb übernahm und mittlerweile an seine Kinder Verónica und Enric übergeben hat. Doch nicht die globalen Ketten und Marken sind es, die der Familie Sorgen bereiten, sondern die landwirtschaftlichen Bedingungen. Alle Blüten, die den Duft von Flor d'Almetler ausmachen, stammen von Bäumen auf der Insel - und haben neben Pilzen und Bakterien auch mit dem Klimwandel zu kämpfen.

„Wir sind keine Landwirte, aber es erscheint uns unumgänglich, uns in der Landwirtschaft zu engagieren", sagt Enric Benito. Nachhaltigkeit, Wiederverwertung von Regenwasser bei der Bewässerung der Bäume, erneuerbare Energien bei der Stromgewinnung in der kleinen Parfümfabrik, die Verwendung ökologischer Düngemittel für die Pflanzen: All das zeichne das Familienunternehmen schon lange aus. „Aber wir wollen einen Schritt weitergehen", so Enric Benito lächelnd.

In Sencelles hat die Firma gemeinsam mit dem katalanischen Unternehmen Ous de Ca Nostra die rund 13 Hektar große landwirtschaftliche Finca Aireflor für ein Experiment gepachtet. Ous de Ca Nostra hält seit anderthalb Jahren rund 1.500 Hühner auf ökologischer Basis in der Nähe von Llubí und kann sich über fehlende Nachfrage ebenfalls nicht beschweren - auch bei Eroski und Carrefour stehen die Öko-Eier zum Verkauf. „Aber wir wussten bisher nichts mit den Exkrementen der Tiere anzufangen, und bei Flor d'Ametler müssen sie sich den Dünger einkaufen. Jetzt wollen wir zusammenarbeiten", so Alfons Su­birana, Geschäftsführer von Ous de Ca Nostra. Ab Oktober sollen die Hühner nach Sencelles umgesiedelt werden, mittelfristig könnten dort rund 3.000 Federtiere unterkommen.

Es klingt romantisch, wenn die Unternehmer vom neuen Projekt vorschwärmen: Die Hühner sowie einige Schafe sollen künftig unter den Mandelbäumen auf der Finca Schatten finden und diese gleichzeitig mit ihren Ausscheidungen auf natürliche Weise beleben. „Regenerative Landwirtschaft nennt man das", so Benito. Sprich: Böden, Wasserkreisläufe, Vegetation und Produktivität sollen kontinuierlich verbessert werden, statt nur gleich zu bleiben oder langsam schlechter zu werden. Die Qualität und Gesundheit von Boden, Pflanzen und Tieren soll gleichermaßen zunehmen.

„Es ist eine Herausforderung", so Benito. Zumal keiner von ihnen professioneller Landwirt ist. „Ein bisschen machen wir es a la mallorquina, einfach mal ausprobieren", sagt Subirana im Scherz, wird dann aber ernst: Fachleute der Balearen-Universität sollen das Projekt tatkräftig unterstützen, auch mit weltweiten Experten für regenerative Landwirtschaft sei man in Kontakt. „Klar, das bedeutet zunächst einmal Kosten", so Benito. Wenn alles klappt, könne man aber langfristig auf Ausgaben für chemische Pflanzenschutzmittel verzichten. Und je gesünder die Pflanzen, desto ausgeprägter die Blütenpracht - und letztlich der Duft, der in Flakons verpackt auch in Läden auf dem Festland oder per Online-Shop bei Kunden in Deutschland landet.

„Rund 2.000 Mandelbäume stehen auf der Finca in der Gemeinde Sencelles, aber sie wird seit zehn Jahren nicht bewirtschaftet." Wie viele davon zu retten sind und wie viele zusätzlich umgepflanzt werden müssen, sei noch nicht absehbar. Auch aromatische Pflanzen wie Rosmarin und Lavendel wollen die Benitos verstärkt anbauen, als Basis für die Pflegeprodukte, die sie unter dem Label Tot Herba herstellen. „Es geht aber nicht darum, unbedingt mehr zu produzieren als bisher", so Benito. Vielmehr wolle man als erstes regeneratives Projekt dieser Größenordnung im Mittelmeerraum als Referenz dienen. Schüler- und Touristengruppen umherführen. Zeigen, dass es auch in dieser Klimazone klappen kann, natürliche Prozesse und Landwirtschaft kontrolliert in Einklang zu bringen. Und dass lokale Produkte aus nachhaltiger Produktion ihren ganz eigenen Wert haben - einen, mit dem die großen Parfüm-Marken so sicherlich nicht punkten können.