Während die Urlauber des Tourismusbooms in den 60er-Jahren Mallorcas Strände genossen, schufteten viele Hotelangestellte unter sklavenähnlichen Bedingungen: Die Spanier, die aus ärmeren Regionen auf dem Festland nach Mallorca gekommen waren, um hier ein Auskommen zu finden, wohnten meist direkt im Hotel und oft in Mehrbettzimmern ohne Privatsphäre. Es waren die unattraktiven Bereiche des Hauses, zum Beispiel wegen der Nähe zu lauten Maschinen. Und zu Essen gab es in der Regel das, was die Gäste übrig ließen.

Geschätzt bis zu einer halben Million Menschen arbeitete in jener Zeit unter diesen Bedingungen auf den Balearen, wie Manuela Aroca Mohedano in dem kürzlich erschienenen Buch „Sindicatos y turismo de masas de las Baleares - del franquismo a la democracia" (Gewerkschaften und Massentourismus auf den Balearen - von der Franco-Zeit zur Demokratie) ausführt. Bis die Arbeitnehmerrechte einer modernen Demokratie erstritten werden konnten, war es ein jahrzehntelanger Weg, berichtet die Historikerin, die in der gewerkschaftsnahen Stiftung Largo Caballero forscht.

Alle in einem Boot

Dabei war es nicht so, dass es unter der Franco-Diktatur (1939-1975) keine Gewerkschaften gab. Doch bei den damaligen sindicatos verticales handelte es sich lediglich um berufsständische Syndikate, in denen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Regierung vertreten waren, ein korporatives Modell, das unterstellte, dass die drei Gruppen ohnehin dieselben Interessen hatten. „Widerstand und Protest wurden hier im Keim erstickt", erklärt Aroca. Von diesen „Gewerkschaften" hatten die Hotelangestellten wenig zu erwarten.

Hilfe kam dagegen zunächst von anderer Seite - von Katholiken, die in einer Zeit, als das Zweite Vatikanische Konzil Reformen in der Kirche anstieß, auf die Arbeitsbedingungen ihrer Mitmenschen in Mallorcas Tourismusbranche aufmerksam wurden. Das ging so weit, dass Gläubige Mitte der 60er-Jahre jeweils zur Hauptsaison vom Festland nach Mallorca kamen, um das Schicksal der Hotelangestellten zu teilen, wie Aroca berichtet.

Unter diesen Christen war auch Paco Obrador, der Sohn einer Arbeiterfamilie von der Insel. Obrador hatte zunächst das Priesterseminar besucht, bevor er dann, statt Pfarrer in einer Gemeinde zu werden, selbst im Tourismus schuftete und sich zum Anführer einer sozialen Bewegung aufschwang. Es war eine Organisation jenseits offizieller Gewerkschaften, die keinen Namen trug, aber alle Angestellten im Urlaubergeschäft unabhängig ihrer politischen Einstellung vertreten sollte. Vor allem Anfang der 70er-Jahre - das Franco-Regime neigte sich dem Ende entgegen - gewann die Bewegung an Fahrt, als die Proteste in der spanischen Gesellschaft allgemein lauter wurden.

So wie sich das gesamte politische System im Zuge der transición friedlich zur Demokratie wandelte, so änderte sich auch das Wesen der spanischen Gewerkschaften. 1975, im Todesjahr von Franco, gewannen die Vertreter der neuen Bewegung mehrheitlich die Wahlen zur Vertretung im Syndikat. So unterwanderten sie diese Franco-Institutionen, noch bevor sich die sindicatos verticales in den Jahren 1977 und 1978 ganz und gar auflösten.

Erst jetzt gründeten die christlich motivierten Kämpfer für die Rechte der Hotelangestellten eine richtige Gewerkschaft. Ihr Name ASUDTH (Alternativa per un Sindicat Unitari i Democràtic de Treballadors de l'Hosteleria) ist heute kaum noch bekannt. Das liegt daran, dass die ASUDTH sich schnell der Gewerkschaft USO angliederte und schließlich in der UGT (Unión General de Trabajadores) aufging. Es war die UGT, die fortan für die Zimmermädchen, Kellner und Rezeptionisten auf den Inseln kämpfte, etwa mit einem Generalstreik im Jahr 1986, der endlich die Arbeitsbedingungen deutlich bessern sollte.

Heute sind es die „Kellys"

Heute haben Spaniens Gewerkschaften erneut einen schweren Stand. Da sind zum einen die spanienweiten Arbeitsmarktreformen im Zuge der Wirtschaftskrise, die Gewerkschaftsvertreter als historischen Rückschritt einstufen. Da ist das Glaubwürdigkeitsproblem der sindicatos bei den Angestellten selbst, sei es durch die Diffamierung der politischen Gegner oder eigene Versäumnisse. Und es gibt inzwischen neue Vereinigungen wie etwa „Las Kellys", die erfolgreich die Interessen der Zimmermädchen vertreten. Diese beklagen zum Teil bis heute in einigen Häusern sklavenähnliche Arbeitsbedingungen.