Mallorca-Residenten haben es gut: Im Insel-Alltag werden sie an vielen Stellen deutlich weniger zur Kasse gebeten als etwa Urlauber. Und das trotz der Intervention der Europäischen Union, die im September 2016 die unterschiedlichen Tarife für Einheimische und Gäste beim Roten Blitz anmahnte. Die Eisenbahngesellschaft Tren de Sóller reagierte damals umgehend und schaffte den Residentenrabatt ab. Inzwischen gibt es mehrere Vielfahrerkarten, Rabattaktionen an einzelnen Tagen sowie Rabatte für die Bewohner der vier Orte, durch die der Zug fährt, also Palma, Bunyola, Sóller sowie ausnahmsweise Fornalutx.

Für Aufsehen sorgte in der vergangenen Woche eine Preiserhöhung bei den Taxifahrten in der Stadt Palma. Alle Fahrgäste, die nicht im Besitz einer tarjeta intermodal oder einer tarjeta ciudadana sind, zahlen nun einen Flughafenzuschlag von 4,40 Euro statt 2,90 Euro. De facto wird das natürlich vor allem Urlauber treffen. Zwar kann sich jeder - auch wenn er nicht in einer Gemeinde auf Mallorca gemeldet ist - seit der Rüge der EU für den Roten Blitz zumindest die tarjeta intermodal besorgen, in der Praxis weiß das allerdings kaum ein Urlauber. Und die meisten dürften bei ein paar Tagen Inselurlaub auch Besseres zu tun haben, als sich am Bahnhof in die Schlange einzureihen und eine Karte zu beantragen.

Dass derartige Rabatte für Verkehrsmittel in Ordnung sind, erst recht, wenn auch Nicht-Residenten in deren Genuss kommen können, hat die Europäische Union bereits 2006 in der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie festgelegt. Darin heißt es zwar prinzipiell, dass Empfänger von Dienstleistungen nicht wegen ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrer geografischen Herkunft benachteiligt werden dürfen. Allerdings steht in der Richtlinie auch ausdrücklich, dass Verkehrsdienstleistungen von der Anwendung der Richtlinie ausgenommen sind. Das bedeutet, ein Residentenrabatt wäre sogar dann in Ordnung, wenn er tatsächlich nur für Bewohner der Insel gelten würde. Insofern stellen auch die Nachlässe für Inhaber der tarjeta ciudadana etwa bei der Linie 1 zum Flughafen kein Problem dar. Sie zahlen statt fünf Euro nur ein Euro für den Bus.

Anders sieht das bei touristischen Attraktionen aus. Für sie ist in der Richtlinie keine Ausnahme vorgesehen, was auch dem Tren de Sóller zum Verhängnis wurde, der nicht mehr als Verkehrsmittel, sondern als touristisches Angebot eingestuft wurde. Sehenswürdigkeiten dürfen also nicht ohne Weiteres für Residenten günstiger sein als für Urlauber. Bei der Kathedrale von Palma schert man sich darum nicht. „La Se" kostet regulär 8 Euro Eintritt, mit Rabatten für Kinder, Rentner und Arbeitslose. „Mitglieder der Diözese kommen umsonst hinein", erklärt eine Sprecherin der Kathedrale der MZ. Das bedeutet, wer einen Wohnsitz auf den Balearen nachweisen kann, der kommt um den Eintritt herum.

Auch im Palma Aquarium werden Nicht-Residenten stärker zur Kasse gebeten. Direktor Antonio González hat hier allerdings die EU-Richtlinie auf seiner Seite. Da heißt es, dass bei „unterschiedlichen Marktbedingungen wie saisonbedingter stärkerer oder geringerer Nachfrage" Ausnahmen möglich seien. González begründet die Residenten-Rabatte mit dem Handlungsspielraum, um Besucher in der Nebensaison anzuziehen.

Mallorca scheint in dieser Hinsicht ohnehin eine Ausnahme in Europa zu sein, zumindest in Deutschland kennt man derartige Vergünstigungen für Residenten nicht. „Und das entspricht auch nicht unserem liberalen Denken in Berlin", sagt Christian Tänzler, der Sprecher des Berliner Fremdenverkehrsamtes VisitBerlin. Er habe Derartiges in Deutschland bisher nicht erlebt. „Wobei ich nicht ausschließen will, dass es Einzelfälle gibt."

Auch in München kennt man keine Residentenrabatte. „Es gibt aber Abonnements im öffentlichen Nahverkehr oder für den Zoo, die vielleicht dem Urlauber nicht bekannt sind", sagt die Sprecherin von München Tourismus, Susanne Mühlbauer. Sie kenne Residentenrabatte aus Sankt Petersburg. Dort zahlten Einheimische weniger im Theater. „Und wenn ich das frei heraussagen darf: Ich finde das in Ordnung, vor allem wenn es zum Ausgleich des Lohnniveaus hergenommen wird, das man in vielen Ländern nicht mit dem deutschen vergleichen kann", findet sie.