Myriam Barrios lässt sich so leicht nichts bieten. Die Uruguayerin ist Präsidentin der spanienweiten Vereinigung der Zimmermädchen „Las Kellys" - einer Interessengemeinschaft, die sie gemeinsam mit einer Gruppe von Kolleginnen vor drei Jahren gründete.

Eigentlich Kellnerin von Beruf, wechselte sie den Job wegen der für sie günstigeren Arbeitszeiten. Sie merkte schnell, dass es um die Rechte dieser Frauen nicht weit her war. „Ich musste etwas tun und werde erst dann den Job wieder wechseln, wenn wir die Situation der Zimmermädchen spürbar verbessert haben", sagt sie. Barrios hat wache Augen, spricht schneller als Wigald Boning und wirkt aufgekratzt. Was kein Wunder ist: Eine halbe Stunde nach dem Gespräch mit der MZ bekam sie am Donnerstag (7.3.) bei der ITB in Berlin den vom Studienkreis für Tourismus und Entwicklung ins Leben gerufenen To-do-Award in der Kategorie „Human Rights in Tourism" überreicht.

Was bedeutet Ihnen dieser Preis?

Für uns ist er sehr wichtig. Es ist ein internationaler Preis. Das bedeutet, dass wir inzwischen auch außerhalb von Spanien wahrgenommen werden. Außerdem bekommen wir den Preis bei einer Messe, bei der zahlreiche der Unternehmer präsent sind, die zu unserer prekären Situation beigetragen haben: Unternehmer, die Zimmermädchen über eine externe Firma anstellen und sie so deutlich schlechter bezahlen.

Ist das der Hauptkritikpunkt derzeit?

Ja, wir wollen endlich erreichen, dass die Regierung den Paragrafen 42.1 des Arbeitnehmerstatuts dahingehend ändert, dass Mitarbeiter von externen Firmen zu denselben Konditionen angestellt werden müssen wie eigene Angestellte.

Sie haben bereits erreicht, dass mehrere typische Beschwerden von Zimmermädchen offiziell als Berufskrankheiten anerkannt worden sind. War das Ihr bisher größter ERfolg mit der Vereinigung?

Für mich war am wichtigsten, dass wir es geschafft haben, ein ganzes Kollektiv aus der Unsichtbarkeit zu holen. Jetzt weiß nahezu jeder, zumindest in Spanien, wer wir sind. Natürlich haben weiterhin viele Zimmermädchen Angst um ihre Stelle, wenn sie sich uns anschließen. Viele Hotels führen schwarze Listen mit den Zimmermädchen, die sich bei uns engagieren. Deshalb versuchen wir, so anonym wie möglich zu bleiben. Bei Verhandlungen oder bei Demonstrationen sind immer dieselben dabei. Die, von denen man es ohnehin weiß.

Was hat sich noch durch die Arbeit der „Kellys" geändert?

Zum Glück einiges. Es gibt nun viel mehr Inspektionen des Arbeitsministeriums und weniger Betrug bei den Arbeitsverträgen. Außerdem wurden viele Verträge, die zuvor Teilzeit waren, in Vollzeit verwandelt sowie befristete in unbefristete.

Sie arbeiten in einem Hotel auf Lanzarote. Hat man dort Ihren Einsatz von Anfang an akzeptiert?

Nein, die erste Zeit war für mich hart. Ich wurde unter Druck gesetzt, war fünf Monate wegen Depression krankgeschrieben und hatte Essstörungen. Zum Glück bekam ich gute therapeutische Hilfe. Es war auch schwierig, das Engagement mit der Arbeit unter einen Hut zu bringen. Ich musste meine Arbeit machen, war aber auch als Interviewpartnerin gefragt und musste die Arbeit der Vereinigung vorantreiben.

Wie ist die Situation der Zimmermädchen momentan?

Die Anerkennung der Berufskrankheiten war ohne Zweifel ein wichtiger Etappensieg. Aber es gibt noch viel Arbeit. Gerade in Madrid und Barcelona haben wir weiterhin Probleme. 95 Prozent der Zimmermädchen sind dort extern beschäftigt.

Und wie sieht es auf den Balearen aus?

Dort haben wir andere Herausforderungen. Auf Mallorca und Ibiza werden viele Frauen von den Urlaubern schlecht behandelt. Gerade der Sauftourismus ist ein Problem. Es gibt sexuelle Übergriffe, es mangelt an Respekt für die Frauen, und Sie können sich vorstellen, wie schmutzig die Zimmer häufig zurückgelassen werden. Das Problem der Externalisierung hingegen ist auf den Balearen so nicht vorhanden, da dort vorgeschrieben ist, dass die externen Mitarbeiter unter denselben Bedingungen arbeiten wie die eigenen.

Wieso haben die Frauen sich nicht früher gegen die Bedingungen gewehrt?

Es herrschte viel zu viel Angst. Die Hoteliers haben die Situation der Frauen ausgenutzt und bei der Einstellung vor allem darauf geachtet, dass es verwundbare Frauen waren. In den Vorstellungsgesprächen wurden die Frauen systematisch danach gefragt, ob sie Kinder haben, alleinerziehend sind oder zumindest alleiniger Verdiener der Familie. Traf das zu, wurden sie viel schneller eingestellt.

Die Situation scheint sich bei den Fünf-Sterne-Häusern nicht von denen der Zwei-Sterne-Hotels zu unterscheiden.

Genau. Das ist auch eine unserer Forderungen: Dass man die Arbeitsbedingungen der Frauen, die in Luxushotels arbeiten, auch dem Standard des Hotels anpasst.

Wie viel verdienen Sie pro Zimmer?

Zwischen 1,50 und 3 Euro. In Madrid und Barcelona etwa müssen die Zimmermädchen 500 Zimmer im Monat säubern, wenn sie einen halbwegs akzeptablen Lohn erreichen wollen. Wenn sie extern angestellt sind und schwanger oder krank werden, verdienen sie nichts.

Dass die Berufskrankheiten nun offiziell anerkannt sind, ist ja schön und gut. Aber wäre es nicht besser, die Erkrankungen von vornherein zu verhindern?

Natürlich ist das der Traum, auf den wir hinarbeiten müssen. Und das ist möglich. Man müsste nur das Arbeitsschutzgesetz respektieren. Ich zum Beispiel putze drei Zimmer in der Stunde, 16 am Tag. Das ist zu schaffen. Außerdem müssten die Hoteliers darauf achten, dass die Möbel einfach zu reinigen sind. Es gibt Möglichkeiten, uns die Arbeit zu erleichtern. Außerdem wäre wichtig, unsere Arbeit offiziell als schwere Arbeit anzuerkennen. Das heißt, wir könnten deutlich früher in Rente gehen. So wie das etwa bei Minenarbeitern oder Angestellten im Hafen oder auch Piloten aufgrund ihrer großen Verantwortung ist.

Hat das vielleicht damit zu tun, dass Sie ein Kollektiv von Frauen vertreten?

Davon bin ich überzeugt. Wären wir Männer, hätten wir längst diese Rechte.