Das letzte Hindernis bei dem Vorhaben, den Burgberg zu kaufen, ist vom Gutshof Es Verger aus bestens zu sehen. Von dem Restaurant aus, das auf dem Weg hoch zum Castell d'Alaró liegt und in dem die Wanderer vor allem wegen der Lammkeule einkehren, fällt der Blick auf eine Scheune am Berghang. Oder besser gesagt auf ein Wohnhaus, zu dem das Gebäude zwischenzeitlich illegal erweitert wurde. Erst wenn es zurückgebaut ist, kann der geplante Kauf über die Bühne gehen: Dann erwirbt Mallorcas Inselrat für gut eine Million Euro das Grundstück, das sich praktisch über die gesamte Bergspitze erstreckt. Behörden und Eigentümer sind sich handelseinig, die Unterschrift unter dem Vertrag steht kurz bevor.

Auf den Moment wartet Mateu Marcus, Vorsitzender der Stiftung Castell d'Alaró, bereits seit vielen Jahren. „Die Ruinen müssen dringend restauriert werden, um ihren Zerfall zu stoppen", warnt Marcus. Im Jahr 2000 hatte der Inselrat zwar einen Kauf sondiert. Damals hatte die Eigentümerfamilie Ordinas aber noch gut sechs Millionen Euro verlangt. Inzwischen ist nicht nur der Preis deutlich gesunken - mit dem unter Naturschutz stehenden Gelände lässt sich ohnehin höchstens Landwirtschaft betreiben -, sondern die Touristensteuer hat auch das nötige Geld bereitgestellt: Der Erwerb wurde bereits in der Ausschüttungsrunde 2017 genehmigt. Und ein Projekt zur Restaurierung, das rund 200.000 Euro an Investitionen vorsieht, liegt schon seit acht Jahren in der Schublade.

Landesregierung, Inselrat, spanisches Finanzministerium, Kirche, Gemeinde - man muss etwas ausholen, um die verworrenen Eigentumsverhältnisse rund um die geschichts- trächtige Felsenburg in 825 Meter Höhe zu ­verstehen. Anfang des 10. Jahrhunderts leis­teten hier Mallorquiner monatelang den arabischen Eroberern Widerstand. Im 13. Jahrhundert wiederholte sich die Geschichte unter umgekehrten Vorzeichen, als sich hier Muslime vor den katalanischen Eroberern versteckten - zwei Jahre lang. Wer schon einmal die steilen Felswände an drei Seiten und die Reste der Türme und Wehrmauern gesehen hat, kann sich das gut vorstellen. Die militärische Funktion verlor sich allerdings im Laufe der Jahrhunderte, und das Eigentum ging letztendlich vom spanischen Verteidigungs- auf das Finanzministerium über. „Das hat aber kein Interesse an einer Restaurierung", beklagt Marcus, „dabei sollte der Staat eigentlich Vorbild sein."

Der Grund wiederum, auf dem die historischen Mauern stehen, ist (noch) im Privatbesitz - mit Ausnahme der im 17. Jahrhundert errichteten Kapelle weiter oben auf dem Berg; sie steht auf einem Kirchen-Grundstück. Hier befindet sich auch die Herberge mit ihren 30 Gästebetten, deren Betrieb heute der Stiftung Castell d'Alaró überlassen ist. In dieser sind wiederum neben der Kirche auch die Gemeinde und der Inselrat vertreten. Ist der jetzt geplante Kauf erst mal über die Bühne, soll Madrid die Zuständigkeit für die Ruine an den Inselrat abgeben, der dann endlich seinen Aufgaben als oberster Denkmalschützer nachkommen könnte. Zwar hatte der Inselrat bereits vor neun Jahren 50.000 Euro für Arbeiten bereitgestellt. Doch damals seien Mauern und Turm nur notdürftig geflickt worden, um deren Einsturz zu verhindern, so Marcus. Dass sich die Ruinen auf Privatgrund befinden, habe die Arbeiten zusätzlich erschwert.

Am Castell ist allerdings noch einiges mehr zu tun, wie Nacho Bou betont. Er ist der donat, wie früher auf Mallorca weltliche Statthalter von kirchlichen Besitztümern hießen, und kümmert sich ganzjährig um den Betrieb der Herberge. Dringend nötig sei etwa die Säuberung des umliegenden Waldes, um Bränden vorzubeugen, sowie eine Bekämpfung der Plage verwilderter Ziegen, die junge Triebe der Bäume abfressen. Stiftungsleiter Marcus wünscht sich zudem archäologische Grabungen im Gebiet der Ruine, die bislang wegen der Besitzverhältnisse ebenfalls nicht möglich sind.

Und dann ist da natürlich die Frage, wie das Castell künftig touristisch vermarktet wird, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Urlauber den Kauf des Landguts ermöglichen. Bislang ist in der 2007 eröffneten Herberge im Frühjahr und Herbst Hochsaison. Am Wochenende genießen Einheimische den grandiosen Blick, wochentags immer mehr Touristen. Ihnen könnte man mit Führungen den Ursprung der Anlagen erklären, auch die wilden Legenden um Hexen und Edelleute - bislang gibt es nur einen kleinen Ausstellungsraum mit Fotos und Dokumenten. Zu groß dürfte der Ansturm nicht werden, warnt Marcus, schon allein wegen der knappen Wasserressourcen: „Wir recyceln den Regen als Grauwasser." Doch zum Glück hört die Straße kurz hinter Es ­Verger auf, das Castell ist nur per Fußmarsch zu erreichen. Und das soll auch so bleiben.