Eigentlich scheint Christian Pfleger nicht der typische deutsche Hotelier zu sein, der auf Mallorca eine Sterne-Unterkunft eröffnen möchte. Aufgewachsen in einem VW-Bus im Hippie-Ambiente auf Ibiza in den 70er-Jahren, hat er vor einigen Jahren schon mal einen selbstfinanzierten Spielfilm namens „Meins" gedreht. Der 48-Jährige spricht fließend Spanisch und Katalanisch. Viel Hippie stecke zwar nicht mehr in ihm, sagt er im Interview mit MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". „Aber ich passe mich schnell an neue Umgebungen an und spreche mit jedem." Er hält niedrigere Immobilienpreise für wünschenswert und befürwortet die Regulierung der Ferienvermietung im Zentrum von Palma. „Ich kenne Menschen, die ihre Häuser verlassen mussten, weil sie sich durch die Partys dieser Touristen so gestört fühlten." Jetzt will Pfleger selbst ein Boutique-Hotel in der Altstadt Palmas aufmachen - nimmt dafür aber auch in Kauf, dass langjährige Mieter, die zuvor in dem alten Gebäude wohnten, wegziehen mussten.

„Es war im Frühjahr 2014, als wir einen Brief vom damaligen Gebäudeeigentümer erhielten", so Jaume Salvadiego. 24 Jahre lang hatte der mallorquinische Künstler zu dem Zeitpunkt bereits zur Miete in eben jenem Gebäude im Carrer Can Troncoso 3 gelebt, in dem Pfleger im Mai oder Juni das Vier-Sterne-Hotel „Basílica" eröffnen will. „Außer einer Druckerei im Erdgeschoss und Büroräumen gab es da nämlich auch sieben Wohnungen", berichtet Salvadiego. Und die sollten alle wegen des Gebäudeverkaufs entmietet werden, sagt er. „Mein Mietvertrag war stets auf ein Jahr begrenzt und sollte dann einfach nicht mehr erneuert werden."

Salvadiego erinnert sich noch gut daran, wie es war, als er ein Vierteljahrhundert zuvor in die rund 70 Quadratmeter große Altbauwohnung eingezogen war. „Niemand wollte dort wohnen, das Viertel war heruntergekommen, und bis zum Schluss hat der Vermieter im Haus kaum etwas reparieren lassen - mir hat es aber trotzdem gefallen", sagt er.

550 Euro Monatsmiete zahlte Salvadiego bis zu seinem Auszug - eine Summe, die heute bei Weitem nicht mehr ausreicht, um im Zentrum Palmas wohnen zu können. „Da hat der alte Vermieter wohl ein gutes Geschäft gewittert, als Herr Pfleger ihm anbot, das Gebäude zu kaufen, um ein Hotel daraus zu machen", sagt Salvadiego. Dass sich der Hotelier in spe in der spanischen Presse als Freund der Anwohner darstellt, wo er doch selbst dazu beigetragen hat, dass Alteingesessene aus dem Zentrum verdrängt werden, hat ihm bitter aufgestoßen.

„Keiner wurde auf die Straße gesetzt, das Haus war abgewohnt und die Mietverträge ausgelaufen", verteidigt sich Pfleger gegenüber der MZ. Er habe darauf geachtet, dass niemand einfach rausgeworfen werde. „Es hat teilweise reingeregnet, wir haben das Gebäude sogar noch notdürftig instand gesetzt, damit die Mieter bis zum Auslaufen ihrer Verträge dort wohnen bleiben können", so der Deutsche.

Dass er und seine Frau sich ausgerechnet das heruntergekommene Gebäude aus dem Jahr 1850 für ihr Hotel-Vorhaben aussuchten, liege an der Aufteilung der Räume. „Viele andere Altstadtpaläste haben nur zur Vorderseite Fenster. Dieses dagegen eignet sich gut, um 38 Zimmer daraus zu machen." Ein Auge fürs Geschäft hat Pfleger schon immer gehabt. Seit Ende der 90er-Jahre renoviert er mit seinem

Immobilienunternehmen „Europalma" alte Immobilien und verkauft sie in gutem Zustand - stets in der Altstadt. „Ich kam 1998 nach Mallorca. Als ich die Altstadt sah, dachte ich: Was für ein Rohdiamant." Und das trotz des Mülls und der Junkies, die sich dort tummelten. Dass er damals richtig lag, ist offensichtlich: Schon lange gehört die Altstadt zur gefragtesten Gegend der Insel, immer mehr wohlhabende Ausländer drängen ins Zentrum, die Gentrifizierung ist in vollem Gange.

Künstler Jaume Salvadiego musste das durch seinen Auszug am eigenen Leib miterleben. Nicht nur, dass er nach 25 Jahren seine Mietwohnung verlassen musste, empört ihn. „Es war auch sehr schwierig, etwas Neues zu finden." Nur über Bekannte gelang es ihm schließlich, eine Wohnung im Foners-Viertel zu bekommen - jenseits des historischen Stadtzentrums und für 200 Euro Kaltmiete im Monat mehr. „Ich hatte noch Glück, aber ­andere mussten viel weiter nach außerhalb ziehen." Auch aus den Nachbarhäusern. Vielen im Carrer Can Troncoso sei es ähnlich ergangen. „Letztlich leiden die Einheimischen unter dem Wandel, und das Rathaus unterstützt es auch noch mit seinen Modernisierungsplänen für die Altstadt. Sie renovieren für andere, aber nicht für uns Einwohner", findet Jaume Salvadiego.

Christian Pfleger, der angehende Hotelier, würde das so nicht unterschreiben. „Natürlich muss das Verhältnis zwischen Tourismus und Residenten ein gesundes sein. Städte wie Venedig mit 70 oder 80 Prozent Touristen sind unbewohnbar. Aber etwa zehn Prozent wie in Palma tun der Stadt sehr gut." Die Insel lebe nun einmal vom Tourismus. Das Hotel werde ganzjährig Mitarbeiter einstellen und einen Beitrag zur Belebung des Einzelhandels leisten, betont er. „Und Leute, die sich benachteiligt fühlen, wird es immer geben."