Es ist kurz vor eins in der Wahlnacht auf Mallorca, als die versammelte Spitzenmannschaft der Sozialisten endlich vor die Presse tritt. Das Warten hatte so lange gedauert, dass einzelne Pressevertreter schon an die Tür der Räumlichkeiten, in denen die Politiker versammelt waren, getreten waren, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. "Freut ihr euch denn nicht?", fragte eine Fernsehjournalistin unter dem Lachen der Kollegen. Natürlich freuten sie sich, sagte der Sprecher der Partei, Iago Negueruela. "Aber wir wollen warten, bis auch der Inselrat im Sack ist".

Als die Politiker, angeführt von Francina Armengol, sich endlich bequemten, sich den wartenden Kameras zu stellen, hatten sie außerordentliche Wahlergebnisse zu verkünden: Wahlsieg im Landesparlament, im Inselrat von Mallorca und in PalmaLandesparlamentInselratPalma. Dazu eine Europa-Abgeordnete und viele gute Ergebnisse in den Gemeinden. Francina Armengol spricht von einer großartigen Nacht für die Partei. Aber dass dies auch viel Verantwortung bedeute. Sie verspricht, dass man die Wähler nicht enttäuschen werde.

Es ist Francina Armengol in ihrer puren Essenz: Selbst im Moment ihres größten Triumphes behält sie die Kontrolle. Womöglich tritt man ihr zu nahe, wenn man ihr in der Hinsicht einer gewisse Merkelhaftigkeit unterstellt. Sie sagte, sie ist glücklich. Die Vermutung liegt nahe, dass sie es auch ist. Aber so wie sie spricht, fehlt etwas. Die Emotion. Ein wenig Ausgelassenheit. Wenn ganz viele Leute ihr zuklatschen, da fängt sie an zu strahlen wie ein Honigkuchenpferd. Aber sie fängt sich gleich wieder. Nur manchmal, vor allem wenn sie einen Witz macht, entfährt ihr ein Glucksen in der Stimme. Womöglich ist es diese Nüchternheit, die dazu geführt hat, dass ihre Partei vier Jahre lang ohne Skandale regiert hat - und deshalb nochmal ran darf.

Ihre Parteikollegen sind ein wenig gelassener mit der Euphorie. Nach der Pressekonferenz werden Armengol, die Inselratskandidatin Caterina Cladera, Bürgermeisterlkanditat José Hila und die neue EU-Abgeordnete Alicia Homs von ihren Parteifreunden mit dem scheinbar obligatorischen "We are the champions" empfangen. Die Sozialisten skandieren "Presidenta, presidenta" und "Ista, ista, ista - Mallorca.

Es war das Ende einer langen Nacht, die um 20 Uhr mit der ersten Prognose auf dem öffentlich-rechtlichen Sender IB3 begonnen. Die linke Öko-Partei Més, Junior-Partner im bisherigen Linksbündnis, hatte zu dem Zeitpunkt bereits im Garten des Kulturzentrums Can Alcover einige Anhänger versammelt, die Politiker haben sich derweil zurückgezogen, schauen die Wahlberichterstattung im kleinen Kreis. Die Prognose kündigt Wahlverluste an. Die Reaktion der Parteianhänger: Eisernes Schweigen. Weder Enttäuschung, noch Wut, keine Reaktion. Es wirkt fast, als hätten sie gar nicht aufgepasst, was da erzählt wurde.

Eine halbe Stunde später: Die Volkspartei PP hat die Pressevertreter in die Parteiräumlichkeiten geladen. Parteisprecher Toni Fuster spricht im Regionalsender IB3. Er will Ruhe angesichts der prognostizierten Verluste ausstrahlen. Ein anderes Parteimitglied sagt der MZ: "Naja, so schlimm wie das, was da angekündigt wurde, wird es hoffentlich nicht." Er drückt sein Erstaunen über seine Erlebnisse im Wahllokal im Laufe des Tages aus: "Da standen echt Leute, die minutenlang die Zettel angeschaut haben und einen genommen und wieder zurückgelegt haben. Sowas habe ich noch nie erlebt." Auch habe man den Eindruck, dass die Bewohner Palmas, die an vier Wahlen teilgenommen haben, ihre Stimmen verschiedenen Parteien gegeben haben.

Die rechtsradikale Vox hat in einen Nebenraum des Auditoriums geladen. Holzvertäfelte Wände, zu beigem Teppich, dazu eine große Spanien-Flagge. Das Ambiente hat etwas von DDR. Ein Kellner hat Wein und Sekt im Angebot. Dass hier später gefeiert wird, ist klar. Die Partei hat bei ihrer ersten Teilnahme an den Regionalwahlen fast überall den Einzug in die Parlamente geschafft, in Palma ist sie sogar drittstärkste Kraft geworden. Der Parteisprecher freut sich in einem ersten Statement über die geringe Wahlbeteiligung, die traditionell den Rechten zugute käme. Noch ist es aber ruhig. So hat man Zeit für ein wenig Spekulation: "Eine Wählerin hat uns erzählt, dass die Vox-Zettel in ihrem Wahllokal unter denen von der PP versteckt waren", erzählt ein Parteimitglied entrüstet.

Die regionale Zentrumspartei Pi hat sich wohl die schönste Location für ihre Wahlparty ausgesucht. Auf der Dachterasse eines Hotels neben der Nationalpolizei sieht man aber vor allem lange Gesichter. "Wir haben mehr erwartet", sagt ein Parteimitglied frustriert angesichts der Prognose. Auch hier hofft man, dass die geringe Wahlbeteiligung das Ergebnis nochmal nach oben korrigieren werde. Auf einem Sofa sitzt ein älterer Herr einem Kind gegenüber und bekommt ein neues Bier serviert. "Wenn du groß bist, wirst du sehen, dass man nicht immer das bekommt, was man verdient", münzt er das Wahlergebnis in einen Ratschlag um. "Wenn du dich anstrengst, wirst du sicherlich etwas erreichen. Aber das Leben ist nicht immer fair."

Podemos hingegen hat sich in der Parteizentrale im Arbeiterviertel Camp Redó zusammengefunden. In einem nahegelegenen Park gibt es ein wenig besuchtes Public Viewing. Im garagenartigen Hauptsitz der Partei wuseln die Leute durcheinander, trinken Bier. Der Presseraum wirkt wie die Küche einer etwas verranzten WG. Die Ausszählung hat begonnen. "Mich wundert es nicht, dass Vox in Palma so gute Ergebnisse erzielt. In der Schule meiner Tochter gibt es kaum jemand, der was anderes wählt", sagt einer kopfschüttelnd. Die Parteispitze sitzt zusammen. Die Presse darf kurz rein und die Politiker beim Fernsehgucken fotografieren.

Ziemlich langweilig ist es bei den Ciudadanos. Die rechtsliberale Partei hat die Presse und Partei in ein Hotel an der Plaça d'Espanya geladen. Während die Partei sich gerne als jung und modern präsentiert, wirkt das Ambiente eher altbacken. "Ich will gar nicht wissen, wie lange wie wir hier noch sitzen werden", sagt eine Jounalistin angesichts der langsamen Auszählung. So lange es gewesen sein mag, sie konnte bestimmt früher nach Hause als ihre Kollegen, die bei den Sozialisten waren.

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