Aufregung bei Bau- und Immobilienunternehmern in Andratx: In Kürze könnten neue Bauvorschriften gelten, die - so die Befürchtung der Branche - gravierende negative Folgen für die Bautätigkeit dort haben könnten. Konkret geht es um zwei Absätze aus der neuen Verordnung, die unmittelbar vor den Kommunalwahlen Ende Mai noch von einem Gemeinderat unter Führung der Volkspartei (PP) und der Regionalpartei El Pi fertiggestellt wurde. Wann die neuen Vorschriften in Kraft treten könnten, ist noch unklar. Umsetzen muss sie die neue Gemeindeverwaltung, in der neben El Pi, die den Koalitionspartner gewechselt hat, nun die Sozialisten und die Linkspartei Més das Sagen hat.

Zwei besonders strittige Punkte beziehen sich auf das Parterre, die sogenannte planta baja. Artikel 36.2 besagt, dass auf Hanggrundstücken das Erdgeschoss maximal 1,50 Meter aufgeschüttet werden darf beziehungsweise in den Hang nur so weit hineingebaut werden darf, dass die Rückwand maximal 1,50 Meter hoch ist. Das Ziel ist klar: „Es soll an Steilhängen massives Abtragen von Fels, wie sie in der Vergangenheit vorkamen, verhindert werden", sagt Hans Lenz, Managing Director bei Engel & Völkers für den Südwesten der Insel. Eine zweite Änderung, Artikel 37.1, bezieht sich auf die Nutzung. Darin heißt es, dass im Kellergeschoss künftig keinerlei an Wohnen gebundene Nutzung gestattet ist.

Peter Germann, Projektmanager des Bauträgers Domus Vivendi, hält diese Änderungen „gelinde gesagt für nicht zielführend". Seiner Interpretation nach ergibt sich etwa aus dem Artikel 37.1, dass in Zukunft im Kellergeschoss weder Schwimmbecken, Fitnessräume, Weinkeller oder Kinos eingerichtet werden dürfen. Bisher war das möglich. „Eine Änderung wird die Grundstückswerte deutlich verringern", sagt Germann, der derzeit an einem Projekt auf La Mola arbeitet, das, wie die meisten in den Urbanisationen von Port d'Andratx, von den Modifizierungen betroffen wäre. Germann interpretiert den Text der neuen Vorschriften so, dass im Kellergeschoss nur noch Garagen, Technik- oder Abstellräume möglich wären.

Auch der Aspekt, dass Erdgeschosse nur maximal 1,50 Meter aus dem Boden herausgucken und in den Fels geschlagen werden dürfen, sei vor allem in Port d'Andratx kaum umzusetzen. „In Cala Llamp oder auf der Halbinsel La Mola mit den starken Gefällen hätte diese Einschränkung sehr kleine Häuser zur Folge", sagt Germann. Häuser, die so bei der vermögenden Kundschaft nicht nachgefragt sind. Von den neuen Vorschriften wären auch Renovierungen betroffen, so Lenz. Eine Allianz von Bauträgern, Baufirmen sowie Immobilienunternehmen im Ort versucht, die Modifizierungen nun zu verhindern. Die Einspruchsfrist gegen die neuen Vorschriften ist gerade abgelaufen, laut Germann sind gut 100 Einwände gegen die Pläne eingegangen.

Die muss der Gemeindearchitekt nun bearbeiten. Mehrfach wöchentlich gibt es zurzeit Treffen der Beteiligten, auch im Rathaus hat Germann bereits mehrfach vorgesprochen. Dort, so hat er das Gefühl, ist den Politikern noch gar nicht so klar, was die neuen Vorschriften in der Praxis für Auswirkungen haben können. „Bei derartigen Beschränkungen geht das Kapital der potenziellen Käufer ganz schnell woanders hin", warnt Hans Lenz. Der Gemeinde könnten hohe Steuereinnahmen durch die Lappen gehen.

Im Rathaus sieht man das Thema gelassener. Baudezernent Joan Manera von der Linkspartei Més ist gerade mal einen Monat im Amt und sagt, er habe sich mit den umstrittenen Passagen der neuen Bauvorschriften noch gar nicht auseinandergesetzt. „Ich kann noch keine offizielle Stellungnahme abgeben", entschuldigt er sich am Telefon. Zunächst müssten die Eingaben gesichtet werden, dann sei August und alle seien im Urlaub. Frühestens ab September könne man dann beginnen, konkreter zu werden. Ob die Änderungen also wirklich kommen, das ist noch lange nicht ausgemacht. „Wir haben kein Interesse daran, irgendwen zu schädigen", sagt Manera. Er fügt aber auch hinzu: „Wir haben in Andratx unsere Erfahrung damit gemacht, dass Leute ihre Häuser an die Steilküste setzen. Bisher gab es da keine rationale Planung."

Nachtrag: Wie Beobachter berichten, hat die Politik in Andratx bereits schnell reagiert. Nachdem lokale Baufirmen gegen neue Bauvorschriften protestiert und um ein Gespräch mit den verantwortlichen Politikern gebeten hatten, kam es am Montag (29.7.) zu dem Treffen, bei dem auch Bürgermeisterin Katia Rouarch anwesend war. Bei diesem Gespräch von Seiten der Gemeinde wurde bestätigt, dass der polemische Entwurf des Artikels, der die Hangbebauung regulieren soll, einen Fehler enthalte und dass dieser neu entworfen werde.

Berichtigung: In einer vorherigen Version dieses Textes hieß es, dass sich die in Artikel 37.1. vorgesehenen Nutzungseinschränkungen auf das Erdgeschoss beziehen. Das ist falsch. Diese Nutzungseinschränkungen beziehen sich nur auf das Kellergeschoss.