Wenn man Paula Rotger glaubt, steht sie allein wegen eines auf Mallorquinisch dahingesagten „Moltes gràcies" seit Monaten im Fokus der Öffentlichkeit. Sie klingt ein wenig müde, als sie die Geschichte zum wiederholten Male erzählt. Seit fast zwei Wochen darf sie ihren Arbeitsplatz nicht mehr betreten, auch wenn sie nach wie vor ihr Gehalt bezieht. Noch bis zum 12. Oktober hat die Flughafen-Betreibergesellschaft Aena ihr die Zugangsberechtigung zum Airport entzogen, als Strafe dafür, dass sie gegen das Sicherheitsprotokoll verstoßen hat. Rotger, die seit über 30 Jahren in Son Sant Joan arbeitet, ist hingegen überzeugt, dass dahinter etwas ganz anderes steckt: „Aena deckt nur die falsche Version, die die Guardia Civil von dem Vorfall am 25. Juni verbreitet." Und beginnt ausführlich, ihre eigene Version zu erzählen.

Sie habe an jenem Tag an einem Gewerkschaftstreffen teilgenommen. Auf ihrem Weg vom Mitarbeiterparkplatz in das Bürogebäude auf dem Flughafen musste sie, wie auch die Passagiere im Terminal, eine Sicherheitskontrolle passieren. Als sie durch den Detektor lief, erklang ein Alarmsignal. Auch als sie erneut hindurchging, piepte es. Sie wurde abgetastet, erst vorne, „dann auf dem Kopf, sie haben meine ganze Mähne durchwühlt. Das ist mir in 30 Jahren noch nie passiert, aber ich dachte, dass es vielleicht neue Vorschriften gäbe." Es sei ihr wichtig, das so detailliert zu erzählen, in einer später gegen sie vorgelegten Anzeige stünde nämlich, sie habe das Abtasten des Kopfes verweigert. Auch von hinten wurde sie untersucht, dabei zerrte die Sicherheitsfrau am Kragen ihres Strickkleids. „Ich habe sie gebeten, nicht so zu ziehen, damit das Kleid nicht kaputt geht, und angeboten, meine Jacke auszuziehen, um ihr die Arbeit zu erleichtern." So würde ihnen das beigebracht, in einem Kurs, den die Flughafenmitarbeiter alle zwei Jahre absolvieren: Den ­Sicherheitsleuten bei ihrer Arbeit behilflich zu sein, zu kollaborieren. Die zweite Frau am Monitor winkte aber ab, sie könne ihre Jacke anbehalten und passieren.

Spanisch mit der Staatsgewalt

Also machte sie sich mit zwei Kolleginnen, die auf sie gewartet hatten, auf den Weg zu der Gewerkschaftsversammlung, die ganz normal begann. Als die Teilnehmer kurz darauf eine Pause machten und den Raum verließen, sah sie zwei Beamte der Guardia Civil, die auf sie zukamen. „Sie fragten nach mir, baten mich, sie noch einmal zur Kontrolle zu begleiten. Das kam mir komisch vor, aber ich habe nichts gesagt. Man weiß ja, dass die Guardia Civil es nicht mag, wenn man Fragen stellt", sagt sie. An der Kontrolle angekommen habe es dann ein gewisses Hin und Her gegeben, gemeinsam mit einer anderen Gewerkschaftsvertreterin sei sie gerügt worden, weil der Zugang zu dem Gebäude nur mit gelber Sicherheitsweste hätte erfolgen dürfen - „keiner der rund 30 Sitzungsteilnehmer trug eine", fügt sie rechtfertigend hinzu.

Einer der Beamten forderte sie auf, noch einmal die Schranke zu passieren, sie tat es, es wurde kein Alarm ausgelöst, und der Beamte sagte ihr, sie könne weitergehen. Sie habe sich dafür mit einem „moltes gràcies" bedankt - woraufhin der Mann explodiert sei. „A la autoridad, se le habla en castellano" (Mit der Staatsgewalt wird Spanisch gesprochen), habe er sie angefahren. „Ich konnte gar nicht glauben, was ich da hörte, und habe ihm dann auf Mallorquinisch geantwortet, dass es auf den Inseln zwei offizielle Sprachen gibt und ich sehr wohl das Recht habe, Katalanisch zu sprechen." Der Beamte habe ihr daraufhin untersagt, weiterzugehen, und sie des Gebäudes verwiesen: „Heute kommst du hier nicht rein", soll er gesagt haben.

Rotger zufolge verließ sie das Gebäude und diskutierte draußen mit einem weiteren, hinzugekommenen Beamten - „in ganz ruhigem Tonfall, ich wollte einfach wissen, was das Problem ist." Am Ende sei sie nach Hause gefahren, um den Gewerkschaftsanwalt anzurufen. Auf dessen Anraten erstattete sie noch am selben Tag bei Gericht Anzeige wegen sprachlicher Diskriminierung. Auch zur Presse ging Rotger und macht ihre Geschichte bekannt.

Ihre Klage wurde rund eine Woche später abgewiesen. Doch damit war die Geschichte noch längst nicht zu Ende. „Am 16. Juli wurde mir mitgeteilt, dass die Guardia Civil mich bei der spanischen Flugsicherheitsbehörde angezeigt habe, zwei Tage später folgte eine Anzeige der Handlingfirma Acciona, weil ich mich der Durchsuchung widersetzt hätte", so Rotger. „Das ist vollkommen falsch, es gibt Zeugen und Videoaufzeichnungen, die das Gegenteil beweisen." Zugang zu den Aufzeichnungen hat sie aber nicht, nur ein Richter könne den beantragen. Derzeit bereiten ihre Anwälte eine Klage gegen Aena wegen des Entzugs der Akkreditierung vor.

Bei der Pressestelle der Flughafengesellschaft gibt es bereits ein offizielles Statement zur Sache, so viel Medieninteresse hat der Fall mit seinen verschiedenen Anzeigen geweckt. Aena zufolge hat Rotger gegen „die Richtlinie SA-07 des Nationalen Sicherheitsplans" verstoßen. Was der genau beinhaltet, kann man nicht nachvollziehen - die Richtlinie gehört zum nichtöffentlichen Teil des Dokuments. „Auf keinen Fall wurde die Mitarbeiterin sanktioniert, weil sie Katalanisch gesprochen hat", heißt es auch.

Die Guardia Civil möchte sich nicht zu Einzelheiten äußern. „Es ist nicht so, wie sie es darstellt, aber wir werden das auch nicht weiter kommentieren", sagt der Pressesprecher. Und versichert auf Nachfrage, dass man sich auf den Balearen selbstverständlich auf Katalanisch an einen Guardia-Civil-Beamten wenden könne.

Rotger lässt durchklingen, dass sie nur wegen ihrer Anzeige gegen den Guardia-Civil-Beamten bestraft wird. Es sei angsteinflößend sich vorzustellen, dass die Institution, die über die Rechte der Bürger wachen müsse, die Wahrheit verdrehe. Sie ist mittlerweile krankgeschrieben, der Stress und die Belastung nach den Vorfällen und dem Medienecho sei zu groß gewesen. Ihr Auto, das sie in ihrem Wohnort Esporles abgestellt hatte, wurde am 7. September mit gelben Schleifen, dem Symbol der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, beschmiert. „Irgendjemand wusste, welches mein Auto ist - oder man sagte es ihm."

Zu Hause im Katalanischen

Auf die Frage, ob sie ihre mallorquinische Dankesfloskel bereut, wird sie lebhaft. „Auf keinen Fall. Im Gegenteil, ich werde in Zukunft noch öfter Mallorquinisch reden. Verstehen Sie mich nicht falsch, meine Mutter kommt aus Murcia, ich spreche beide Sprachen gleich gut. Aber im Katalanischen fühle ich mich wohler, obwohl man als Sprecher diskriminiert wird. Die Leute schauen dich oft komisch an, wenn du Katalanisch redest." Zumindest von der Politik hat sie Unterstützung erfahren, das linke Regierungsbündnis ist bekanntlich ein Verfechter der Inselsprache, auf allen Regierungsebenen gibt es eine Abteilung für „Sprachpolitik" (política lingüistica). In einem gemeinsamen Brief an den Flughafendirektor haben die (alle zur Partei Més gehörenden) Verantwortlichen von Landesregierung, Inselrat und Stadt Palma ein Treffen zur Klärung der Vorkommnisse gefordert.

Am Ende lässt die Geschichte Außenstehende ziemlich ratlos zurück. Es ist genauso unglaubwürdig, dass ein Beamter wegen eines Dankes in der „falschen" Sprache ausrastet, wie dass eine Flughafenangestellte mit 30 Jahren Erfahrung sich dem Sicherheitsprotokoll widersetzt. Klärung wird erst ein Richterspruch schaffen - und das kann noch dauern.