Das Thema wird uns noch viele Jahre beschäftigen: nachhaltige Mobilität in Städten. Früh dran war damit der Deutsche Timo Buetefisch. Bereits 2006 gründete er in Barcelona das Unternehmen Cooltra, ein Verleih von motorisierten und elektrisch angetriebenen Scootern. Heute hat Cooltra 17.000 Motorräder, davon 52 Prozent elektrisch. Viele davon stehen in Barcelona und anderen Großstädten in Südeuropa auf der Straße und können stundenweise gemietet werden. In Palma kann man Cooltra-Roller in vier Läden ­anmieten. Auf der Insel stehen insge­samt 1.000 Scooter. Die MZ sprach mit ­Buetefisch am Rande der Veranstaltung „Foro Empresarial" der Agentur AgenciaCom an der Playa de Palma.

Wie steht es um die nachhaltige Mobilität in Spanien, zum Beispiel in Sachen Carsharing ?

Die Städte haben unterschiedlich reagiert. Madrid war sehr fortschrittlich: Dort gibt es mittlerweile sieben Carsharing-Firmen. In Barcelona ist noch keine einzige zugelassen, die Stadtverwaltung konnte sich nicht mit den Anbietern einigen.

Auf Mallorca gibt es bisher nur einen einzigen kleinen Anbieter.

Hier fehlt ein bisschen die Proaktivität, entsprechende Anbieter anzusprechen. Stattdessen sind die Kickscooter-Anbieter gekommen, und haben erst einmal das Geschäft gemacht. Auf Mallorca vermisst man ein wenig Koordination, wir sehen das auch heute bei der Veranstaltung. Es sind sechs, sieben Vertreter der verschiedenen politischen Institutionen da. Wenn private Firmen hier etwas starten wollen, dann müssen sie zur Landesregierung, zum Rathaus, zum Inselrat und so weiter.

Unterstützt der spanische Staat die Elektromobilität genügend?

Man muss das als private Initiative sehen und darf nicht hoffen, dass der Staat einem unter die Arme greift. Der Staat setzt die Spielregeln, aber es ist nicht seine Aufgabe, das zu fördern. Klar wäre es gut, Elektromobilität zu fördern, etwa bei Subventionen für den Kauf oder Verschrottung von alten Fahrzeugen. Auch könnte der Staat etwa spezielle Parkplätze für Elektrofahrzeuge anlegen. Aber die Verantwortung für den Ausbau der Elektromobilität liegt letztlich in der Privatwirtschaft.

Elektromobilität schön und gut, aber im Endeffekt sind es Privatfahrzeuge, die die Innenstädte verstopfen, wovon man ja in Zukunft wegkommen will.

Das ist die Idee des Sharings, das wir leider noch nicht in Palma haben. Ein privates Fahrzeug steht 97 Prozent der Zeit. Das Sharing ändert das, und wenn es dann elektrisch ist, ist es natürlich von Vorteil.

Setzt auch Cooltra auf das Sharing?

Wir machen das seit drei Jahren, es ist der Geschäftsbereich, den wir am stärksten fördern.

Wie leicht tun sich die Einwohner von Barcelona mit dem Sharing? Auf Mallorca hat man häufig den Eindruck, die Leute stehen lieber im Stau, als auf das eigene Fahrzeug zu verzichten.

In Barcelona haben wir allein beim Roller-Sharing über 250.000 Nutzer. In Madrid sind es über 200.000. Das Konzept ist dort längst angekommen. In Madrid haben wir inzwischen vier Mitbewerber im Motorrad-Sharing. Das führt dazu, dass das Angebot groß genug ist. So entscheiden sich immer mehr Leute, kein eigenes Fahrzeug mehr zu kaufen. Vor allem, wenn es um das Zweitfahrzeug geht.

Spürt man die Auswirkungen des Sharings bereits in Barcelona oder Madrid im Verkehr?

Nein, weil auf der anderen Seite auch die Urbanisierung immer stärker zunimmt. Die Leute ziehen immer mehr in die Städte. Deshalb ist die Mobilität eine der drei größten Herausforderungen der Zukunft.

Kritiker werfen den E-Tretrollern und anderen elektrischen Fortbewegungsmitteln vor, alles andere als nachhaltig zu sein, weil deren Nutzer zuvor vor allem mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs waren.

Man kann das Glas immer halb voll oder halb leer sehen. Langfristig muss man solchen Konzepten eine Chance geben. Die Kickscooter haben momentan noch eine sehr geringe Lebenszeit. Das heißt aber nicht, dass das Produkt nicht verbessert werden kann. Es wird stark daran gearbeitet, dass sie nachhaltiger werden und nicht nur einige Monate, sondern Jahre halten.

Die E-Tretroller werden auch als gefährlich wahrgenommen.

Man muss sie regulieren, die Höchstgeschwindigkeit muss auf 25 bis 30 Kilometer pro Stunde reduziert werden. Die öffent­liche Hand muss festlegen: Hier dürfen sie nicht fahren, hier dürfen sie nicht ­parken, so weit darf die Reichweite sein. Das wird von uns akzeptiert.

Wo sehen Sie Spanien in fünf Jahren bei der Mobilität?

Die Megatrends sind Elektrifizierung, vom Eigentum hin zum Sharing und die Vernetzung der Fahrzeuge mit dem Internet. Weiterhin geht es in Richtung leichtere Fahrzeuge, also weg von den großen SUVs, hin zu kleineren Autos. Mit denen steckt man weniger im Verkehr fest, kann besser parken. Gleichzeitig wird sich die Zahl der Mobility-Apps reduzieren. Die Großen werden das Rennen machen, etwa Google, Uber. Die werden alles integrieren, auch den öffent­lichen Nahverkehr. Man wird ein, zwei Apps auf dem Telefon haben, in denen man eingibt, dass man von hier nach dort möchte. Und dann bekommt man unter-schied­liche Mobilitätsmöglichkeiten angezeigt. Und wir zahlen in Zukunft wahrscheinlich eine Flatrate für die Mobilität. Beispiels­weise 100 Euro im Monat, für die man ­unbegrenzt fahren kann.