Deutsche Kunden von Thomas Cook können sich ernsthafte Hoffnung auf eine Entschädigung für ihren im Zug der Insolvenz des Reiseveranstalters abgesagten oder abgebrochenen Mallorca-Urlaub machen. Die unzureichende Versicherungssumme des Unternehmens Zurich soll aus deutschen Steuergeldern entsprechend aufgestockt werden, wie das Kabinett der Bundesregierung am Mittwoch (11.12.) beschloss: "Kundinnen und Kunden sollen nicht auf den Schäden sitzenbleiben, die ihnen durch die Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook entstanden sind. Schäden, die nicht von anderer Seite ausgeglichen werden, wird der Bund ersetzen", heißt es in einer Presseerklärung der Bundesregierung.

Der Schritt wurde nötig, weil der Versicherer Zurich nur bis zu einer Haftungsobergrenze von 110 Millionen Euro versichert. Die Schäden durch die Pleite von Thomas Cook gehen laut Experten aber in den Bereich zwischen 400 und 500 Millionen Euro.

Die deutsche Bundesregierung will nun offenbar den Differenzbetrag, der den Kunden nach der Entschädigung von Zurich noch bleibt, selbst übernehmen. Womöglich kommt die Politik da einem Prozess nur zuvor. Denn Vertreter von Thomas Cook-Kunden drohten bereits mit Klagen gegen die Regierung. Der Versicherer Zurich hatte nach Informationen der "Tagesschau" ein Rechtsgutachten erstellt, in dem es heißt, dass eine Staatshaftung denkbar sei, weil die Bundesregierung eine EU-Richtlinie zu Pauschalreisen unzureichend umgesetzt habe. Branchenkenner gehen deshalb auch davon aus, dass das Gesetz geändert werden dürfte.

Die Bundesregierung erklärte am Mittwoch: "Der Fall wirft eine Vielzahl von schwierigen Rechtsfragen auf, die bislang ungeklärt sind. Zum Beispiel und unter anderem, ob die Haftungssumme richtig berechnet wurde. Außerdem könnten Ansprüche an die Insolvenzmasse oder gegenüber anderen Beteiligten bestehen."

2015 wurde von der EU eine strengere Richtlinie zur Absicherung von Pauschalreisen beschlossen, die gesetzlich verpflichtend durch einen sogenannten Sicherungsschein abgesichert sind. In Deutschland wurde diese Richtlinie 2018 umgesetzt, der Haftungsbetrag aber auf 110 Millionen Euro gedeckelt - viel zu wenig, wie sich jetzt herausgestellt hat.

Über das weitere Vorgehen informiert die Bundesregierung: "Es ist beabsichtigt, den Thomas-Cook-Kundinnen und -kunden anzubieten, ihnen die Differenz zwischen ihrer Zahlung und dem, was sie von Zurich oder von anderer Seite zurückerhalten haben, auszugleichen." Nur so könne eine "erhebliche Prozesslawine verhindert" und der "mögliche Schaden für den Steuerzahler so gering wie möglich gehalten" werden. Für die Abwicklung und Auszahlung wolle man ein "möglichst einfaches und kostenfreies Verfahren" bereitstellen.

Weiter heißt es in der Mitteilung: "Die Kunden müssen aktuell nicht selbst aktiv werden, um ihre Rechte zu wahren. Die Bundesregierung wird sie Anfang 2020 über die weiteren Schritte zur Abwicklung informieren." /jk /tg

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