Marc Pons ist weiterhin ein Superminister im Kabinett der Landesregierung - auch wenn der Sozialist das Ressort Energie 2019 an den Koalitionspartner Podemos abtreten musste. Der studierte Ingenieur (Mercadal, 1973) muss sich als Minister für Wohnung und Mobilität gleichermaßen um die Bekämpfung der Wohnungsnot und die Verkehrswende kümmern.

Die neue spanische Regierung will die Mietpreisbremse ermöglichen. Werden Sie sie auf den Balearen zum Einsatz bringen?

Wir wissen noch nicht, wie die Zentralregierung dieses neue Instrument umsetzen wird. Wir haben uns aber angeschaut, wie es andere machen, zum Beispiel Berlin. Die Mietpreisbremse ist ein interessanter Ansatz: Wenn ein Vertrag erneuert wird, darf der Preis nur um einen bestimmten Prozentsatz angehoben werden. Denn wir wollen keine Preise fest­legen, sondern den Anstieg begrenzen. Das Thema ist kontrovers, aber wir mussten mancherorts auf den Balearen mit ansehen, wie die Mieten zuletzt Jahr für Jahr im zweistelligen Prozentbereich gestiegen sind. Wir wollen die Möglichkeiten nutzen, die uns Madrid geben wird, aber wir wollen keinen Schnellschuss.

Was nützt eine Mietpreisbremse, wenn ein Teil schwarz bezahlt wird? Gewarnt wird ­zudem davor, dass Investitionen in die ­Modernisierung ausbleiben und der büro­kratische Aufwand enorm steigt.

Uns stehen die Steuerinspektoren zur Seite. Und wenn wir Spekulation unterbinden können, dann ist der bürokratische Aufwand notwendig. Auf Ibiza spielen sich Dramen ab, die jungen Leute finden keine Wohnung. Da können wir nicht auf den freien Markt vertrauen.

Ihre Regierung setzt auf sozialen Wohnungsbau und Auflagen für Eigentümer. Glauben Sie, dass eine interventionistische Politik ausgleichen kann, was strukturell schiefläuft im balearischen Mietmarkt?

Die öffentliche Verwaltung hat durchaus Instrumente. Bedenken Sie, dass wir erst 2018 als letzte Region Spaniens ein Wohnungsgesetz eingeführt haben. Wir wissen natürlich, dass der soziale Wohnungsbau nur langfristig ­wirken kann - dann aber sehr wohl. In dieser Legislaturperiode wollen wir die Zahl der ­Sozialwohnungen auf 3.600 verdoppeln.

Sie haben jetzt schon Schwierigkeiten, den Missbrauch zu kontrollieren.

Da geht es vor allem um Zahlungsausfälle ­infolge sozialer Not. Es gibt Menschen, die mit 400 Euro im Monat auskommen müssen. Derzeit zahlen wir knapp 4.000 Familien die ­Hälfte der Miete im freien Wohnungsmarkt.

Was haben die Auflagen für leer stehende Wohnungen von Banken und Fonds bewirkt?

Wir hatten uns zunächst mit Branchenvertretern getroffen und sie gebeten, die Objekte auf den Markt zu bringen. Sie hätten keine, bekamen wir gesagt. Drei Monate nach Verabschiedung des Wohnungsgesetzes kamen dann 1.400 Wohnungen auf den Markt. Erst die drohende Intervention hat Wirkung gezeigt.

Warum setzen Sie nicht auf steuerliche Anreize oder Auflagen bei Neubauprojekten?

Da gibt es interessante Ansätze. Nicht nur die ­öffentliche Verwaltung steht in der Verant­wortung. Wir sprechen mit der Baubranche ­darüber, wie wir zusammen Lösungen finden können. Und es gibt weitere Instrumente. Wir ­subventionieren schon jetzt 75 Prozent von ­Versicherungen, mit denen sich Vermieter vor Schäden in der Mietwohnung absichern können. ­Zudem bereiten wir Steuererleichterungen vor.

Nämlich?

Das ist noch nicht spruchreif.

Kommen wir zum Thema Verkehrspolitik. Wie erklären Sie den Urlaubern, dass sie mit der Touristensteuer

Wenn die deutschen Urlauber mit dem Auto nach Palma fahren, stecken sie ebenfalls im Stau. Das sollte nicht so sein.

Und die Metro zum Parcbit ändert das?

Das sind 300.000 Fahrgäste pro Jahr, die derzeit noch im Privat-Pkw unterwegs sind. Wenn sie auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen, wird die Ringautobahn entlastet. Der Großraum Palma ist auf einen guten, bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Die deutschen Urlauber wissen um seine Bedeutung. Und hier geht es nicht nur um den Parcbit, sondern auch um die Metro-Anbindung des Krankenhauses Son Espases...

Soll sie auch mit der Touristensteuer bezahlt werden?

Nicht unbedingt. Die Verbesserung der Lebensqualität mit der Steuer kommt aber nun mal Einheimischen wie Besuchern zugute.

Für wann ist die Inbetriebnahme der Metro zum Parcbit geplant?

In diesem Halbjahr sollen die Bauarbeiten beginnen, sie dürften anderthalb Jahre dauern. Gleichzeitig prüfen wir weitere mögliche ­Neubaustrecken, neben Son Espases ist das vor ­allem die Anbindung der Playa de Palma und des Flughafens mit der Straßenbahn. Dafür würde die Touristensteuer keineswegs reichen, wir brauchen Mittel der Zentralregierung.

Welchen Schub erhoffen Sie sich von der neuen spanischen Linksregierung?

Die Projekte werden wahrscheinlicher. Die Pläne liegen bereits seit der vergangenen ­Legislaturperiode auf dem Tisch, es braucht aber mehrere Legislaturperioden für die Umsetzung, da möchte ich keine falschen Hoffnungen wecken. Wir sprechen hier von einem Schienennetz, das vor dem Hintergrund der Wirtschaft vor 100 Jahren entstand. Damals ging es darum, Waren etwa zwischen Sa Pobla und dem Hafen zu transportieren. Heute muss das Netz die Küste anbinden, die Playa de Palma, die Bucht von Alcúdia und Cala Ratjada. So werden wir langfristig eine Menge Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern können. Und ein Urlauber wird vom Flughafen mit der Straßenbahn bis zur Plaça d'Espanya gelangen und von dort mit dem Zug bis nach Cala Ratjada, Alcúdia oder Llucmajor.

Spruchreif ist inzwischen die Neuordnung des Systems der Überlandbusse. Warum lässt es so lange auf sich warten?

In diesem Vergabeverfahren ging es um eine Summe von 478 Millionen Euro, es haben sich 25 Firmen beteiligt - und sich dabei nichts geschenkt. Die Verlierer der Ausschreibung gingen vor Gericht. Das war ihr gutes Recht, hatte aber größere Verzögerungen zur Folge. Hinzu kamen neue Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe, wir mussten alles überarbeiten. Wir hätten die Konzessionen gern schon Anfang 2019 vergeben, es klappte aber erst zum Jahresende. Und die Umsetzung dauert. Schließlich müssen alle 220 Busse neu sein, WLAN haben und mit Erdgas oder elektrisch angetrieben werden - die kauft man nicht im Laden um die Ecke. Der Stichtag ist jetzt der 8. November, dann geht das neue System an den Start. In der Nebensaison haben wir dann Zeit für die nötige Feinjustierung.

Werden Sie auch Mallorcas Taxi-Sektor neu ordnen und die Barrieren für Konkurrenten wie Uber oder Cabify einebnen? Die Klagen über den Service und die Verfügbarkeit von UberTaxis

Uber ist ein interessanter Fall, die Experten sind sich noch nicht einig, ob der Anbieter Jobs schafft oder zerstört. Aber wir haben den ­Vertretern der Taxi-Branche auf Mallorca klargemacht, dass das ein globales Phänomen ist - und wenn sie sich nicht modernisiert, davon überrollt wird. Die Branche muss bald eine App vorlegen, die für ganz Mallorca funktioniert und dir das Taxi schickt, das am nächsten ist. ­Inzwischen ist etwas in Bewegung gekommen.

In den vergangenen Wochen bestimmten die Zuschläge die politische Debatte, die Politiker von den Nachbarinseln und vom Festland erhalten: 22.000 Euro im Jahr. Was sagen Sie als Menorquiner dazu?

Es war immer ein wichtiges Argument, dass auch Menorquiner oder Ibizenker der balearischen Landesregierung angehören - und meiner Ansicht nach gibt es bislang zu wenige, wir sind schließlich eine Gemeinschaft. Die finanzielle Kompensation wurde vor 20 Jahren eingeführt. Denn Politiker der Nachbarinseln müssen ständig pendeln und unter der Woche in Palma wohnen. Es ist im Übrigen ein Bruttozuschlag, davon gehen 35 Prozent ab. Die Zuschläge für Politiker vom Festland wurden erst später eingeführt - das ist eine andere Debatte. Es gibt in jedem Fall genügend fähige Politiker auf den Balearen.

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