Wird es in den Supermärkten und Metzgereien Mallorcas schon bald kein auf der Insel produziertes Fleisch mehr zu kaufen geben? Noch ist das letzte Wort um die Zukunft von Palmas Schlachthof nicht gesprochen. Doch der Betreiber hat ein Ultimatum gestellt. Landwirte auf der Insel fürchten um ihre Existenz.

Palmas Schlachthof, gelegen auf dem Gelände des Großmarktes Mercapalma an der Flughafen-Autobahn, befindet sich schon länger in einer wirtschaftlich heiklen Lage. Vor einigen Tagen hat nun der Konzessionär des Betriebs, Joan Pocoví, Alarm geschlagen. Sollte die Stadt Palma bis Ende Februar eine ursprünglich zugesagte Unterstützung in Höhe von 160.000 Euro für das Jahr 2018 nicht bezahlen, müsse er seine Geschäftstätigkeit einstellen. Zwar spricht Pocoví nicht mit der Presse. Doch gegenüber mehreren lebensmittelverarbeitenden Betrieben auf der Insel machte der Unternehmer eine klare Ansage: Er könne ihnen ab Anfang März kein Fleisch mehr zur Verfügung stellen.

Überdimensionierte Anlage

Die wirtschaftliche Schieflage des Schlachthofs von Palma hat eine lange Vorgeschichte. Bereits im Jahr 2011 stand der Escorxador, wie er auf Katalanisch heißt, kurz vor der Schließung. Damals war er noch als öffentlicher Betrieb der Stadt Palma geführt worden. „Pro Jahr machte dieses Unternehmen eine Million Euro Verlust", sagt Joan Simonet, der Präsident der balearischen Bauernvereinigung Asaja. Das Problem sei, dass der Schlachthof auf 12.000 Tonnen Fleisch im Jahr ausgelegt sei, tatsächlich aber nur rund 6.000 Tonnen anfielen. Der harte Preiskampf mit importiertem Fleisch mache die Tierhaltung auf Mallorca schon länger unattraktiv.

Also entschied die Stadt Palma, den Betrieb öffentlich auszuschreiben und per Konzession zu betreiben. Joan Pocoví sicherte sich 2012 das Geschäft. Ausgemacht war nach Angaben von Simonet, dass die Stadt Palma und die Landesregierung zu gleichen Teilen mit bis zu 300.000 Euro für Verluste aufkämen. Das habe zunächst funktioniert, bis 2017 die Konzession auslief - und damit eigentlich auch die Zusage von Subventionen.

In einer rechtlich intransparenten Situation betrieb Pocoví den Schlachthof weiter, trotz fehlender Finanzspritze. Der Betrieb schrieb weiterhin Verluste, und Pocoví startete in schöner Regelmäßigkeit Hilferufe an die Politik. Bisher konnte die Schließung immer abgewendet werden. Doch diesmal könnte Pocoví Ernst machen, warnt Sebastià Ordinas, Generalsekretär der Bauernvereinigung Unió de Pagesos, gegenüber der MZ. „Ich bin mir fast sicher, dass Pocoví zumacht, falls Palma nicht zahlt." Darauf deute das Ultimatum bis Ende Februar hin.

Die Zahlen auf den Tisch

Im Rathaus von Palma stellte man sich zunächst stur. Am Tag nach der Ankündigung Pocovís hieß es, dass bisher keine offizielle Mitteilung des Unternehmers über seine Absichten eingegangen sei. Man habe eine Wirtschaftsprüfung über die finanzielle Lage des Schlachthofs in Auftrag gegeben. In den folgenden Tagen gab es Bewegung. Zunächst stellte Bürgermeister José Hila in Aussicht, auf Pachteinnahmen in Höhe von 150.000 Euro verzichten zu können - falls die Wirtschaftsprüfung ergeben sollte, dass die Verluste beleg- und nachvollziehbar seien. Das wäre bei einer jährlichen Pacht von 185.000 Euro tatsächlich ein generöser Nachlass.

Anfang Februar erklärte dann Landwirtschaftsministerin Mae de la Concha (Podemos), dass man eine Schließung „auf keinen Fall" zulasse. „Das hätte katastrophale Folgen für unsere Landwirtschaft." Am Mittwoch (12.2.) versammelten sich Tierhalter und Bauern vor dem Rathaus, um José Hila aufzufordern, den Betrieb zu unterstützen.

Der Schlachthof von Palma spielt für die Viehzüchter der Insel eine entscheidende Rolle: Nach Angaben von Ordinas produziert er derzeit rund 60 Prozent des Fleisches auf Mallorca, andere Schätzungen gehen sogar von noch mehr aus. Weitere, deutlich kleinere Schlachthöfe gibt es nur noch in Inca und Felanitx. Auch Manacor besitzt einen städtischen Schlachthof, er ist aber derzeit geschlossen. Fiele der Betrieb von Palma weg, könnten die kleineren Schlachthöfe die plötzliche Mehrarbeit in keinem Fall schultern.

Viehhaltung wird unrentabel

Aus Sicht der Bauernverbände hat die Stadt Palma viel zu lange weggeschaut. Eine Abhängigkeit vom Fleischimport sei aus zweierlei Gründen nicht wünschenswert, erklären die Bauernverbände. „Wir haben ja beim Sturm Gloria gemerkt, was es heißt, wenn die Lieferungen vom Festland ausbleiben", sagt Ordinas. „Da gab es dann in vielen Supermärkten kein Fleisch mehr." Lediglich in Märkten wie Eroski oder Hipercentro, die auf hiesige Produkte setzten, seien die Regale gefüllt worden. Zum anderen bedeutete eine Schließung , dass Tierhalter auf der Insel in Existenznot gerieten. „Ein Export der Tiere auf das Festland sowie ein anschließender Rückimport des Fleisches wären wegen der Insellage zu teuer."

Tierhaltung auf Mallorca würde somit zu einer unrentablen Angelegenheit, warnt Simonet. „Dabei betont doch gerade die Linksregierung in Palma immer wieder die Bedeutung, lokale Produkte zu konsumieren, auch im Hinblick auf den Klimawandel" (siehe unten). Simonet schätzt, dass bei einer Schließung des Schlachthofs rund 80 Prozent der Landwirte, die derzeit Tiere halten, aufgeben könnten. Laut den Zahlen des Verbands Asaja gibt es auf Mallorca knapp 3.300 Betriebe mit Tierhaltung, wenn auch viele davon sehr klein sind. Würden sie aufgeben, müsste das Fleisch von außerhalb herangeschafft werden. Bereits heute wird laut Ordinas sehr viel Lamm aus Australien, Neuseeland und Chile geliefert. „Das wird dort so billig produziert, da können unsere Bauern nicht mithalten."