Die weniger sichtbaren Opfer der Ausgangssperre beleuchtet eine Studie der Balearen-Universität UIB auf Mallorca. Die Dokumentationsstelle für Soziales stellte fest, dass die Quarantäne für Alleinerziehende, für Opfer von Gewalt gegen Frauen, für Senioren und für Schüler ohne technische Mittel für den Online-Unterricht besonders schwerwiegende Spuren hinterlassen hat.

Zunächst wird das Dokumentationszentrum einen Blick auf die Wohnungen, in denen viele Menschen mit geringen Einkommen wohnen. Seit der Krise von 2008 handelt es sich oft um Wohnräume, die Probleme wie Lärm, Enge, Verschmutzung oder Kriminalität mit sich bringen. Wohnraum sei in den vergangenen Jahren teurer geworden. Dazu habe auch die Ferienvermietung beigetragen. In der Folge habe rund ein Drittel der Bevölkerung die Ausgangssperre in ungeeigneten Wohnräumen aushalten müssen. Frauen seien besonders betroffen, weil 80 Prozent der 43.000 alleinerziehenden Familien auf den Balearen Frauen seien. Die Doppelbelastung mit Lohn- und Hausarbeit habe dazu geführt, dass die Großeltern bei der Kinderbetreuung häufig eingespannt werden mussten, obwohl sie vom Coronavirus besonders bedroht waren.

Die etwa 44.000 allein lebenden Senioren über 65 Jahren gehören zu einem weiteren Kollektiv, das von der Quarantäne besonders schwer betroffen war. Die häusliche Pflege konnte aufgrund der Ausgangssperre nicht wie gewohnt von bezahlten Dritten ausgeführt werden. Viele Senioren seien nicht mit dem Umgang neuer Technologien vertraut, was Online-Shopping oder Telekonferenzen erschwerte und so weiter zu Vereinsamung und Abhängigkeit führte. Fast 70 Prozent der Balearen-Bewohner über 75 Jahren nutzen der Studie zufolge das Internet seltener als einmal die Woche.

Schüler aus einkommensschwachen Familien hatten große Schwierigkeiten, am Online-Unterricht teilzunehmen. In rund fünf Prozent der balearischen Haushalte gibt es keinen Computer. Erschwerend komme hinzu, dass die Computer häufig von den Eltern in Anspruch genommen wurden, um zum Beispiel Telearbeit zu leisten.

Frauen, die unter der Gewalt ihrer Partner leiden, hatten während der Ausgangssperre einen besonders schweren Stand. Sie waren mit den Gewalttätern eingesperrt. Die Zahl der Anrufe auf das Notruftelefon für Gewalt gegen Frauen - die Nummer 016 - stieg im März und April um 60 Prozent. Drei Viertel der Anruferinnen riefen das erste Mal an. /tg