Nach der Festnahme des Präsidenten der balearischen Hafenbehörde, Joan Gual de Torrella, sowie seiner gesamten Führungsriege, hat die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol vorerst nicht die Absicht, Gual de Torrella seines Amtes zu entheben. Das erklärte Gesundheitsministerin Patricia Gómez am Sonntag (26.7.) in Vertretung von Armengol. Zunächst gelte die "Unschuldsvermutung". "Wir müssen hier nichts überstürzen und handeln, bevor zu handeln ist", sagte Gómez.

Sie sagte aber auch, dass es ein Moment der gespannten Ruhe sei. Man müsse sehen, was in den nächsten Tagen passiere. "Wir stehen weiter voll hinter unserer Null-Toleranz-Politik, wenn es um Korruption geht", sagte Gómez - auch als Antwort auf Kritik des Koalitionspartners Podemos.

Deren Abgeordnete und Landwirtschaftsministerin Mae de la Concha hatte am Samstag gefordert, Joan Gual de Torrella an der Spitze der Hafenbehörde zu ersetzen. Auch der zweite Juniorpartner der Regierung, Més, zeigte sich kritisch mit dem Präsidenten der Hafenbehörde, ohne aber die sofortige Absetzung zu fordern.

Joan Gual de Torrella war nach einem Durchsuchungsmarathon im Hauptsitz der balearischen Hafenbehörde in Palma de Mallorca am frühen Samstagmorgen (25.7.) gegen Auflagen zunächst auf freien Fuß gesetzt worden. Mit ihm kamen drei weitere Manager aus der Führungsebene gegen Auflagen frei. Der Vizepräsident der Autoridad Portuaria, Miguel Puigserver, war bereits am Freitagabend freigelassen worden.

Die Guardia Civil durchsuchte am Freitag im Beisein aller Festgenommenen mehr als zwölf Stunden lang das Gebäude an der alten Mole in Palma. Auch die Niederlassung der Hafenbehörde in Maó auf Menorca wurde mehrere Stunden lang durchsucht, ebenso wie auf Ibiza, wo neben der Hafenbehörde auch im Club Náutico Beweismaterial sichergestellt wurde. Am Samstag (25.7.) wurden die Durchsuchungen in der Hauptstelle in Palma erneut aufgenommen. In der Nacht bewachten Beamten der Guardia Civil die Eingänge des Gebäudes, um sicherzugehen, dass keine Dokumente zerstört werden.

Die Ermittlungen in dem Fall dauern indes an, weitere Festnahmen sind nicht auszuschließen. Unterdessen ist bekannt geworden, dass die Chefin der Generalstaatsanwaltschaft auf den Balearen, Dolores Ripoll, ebenfalls in den Fall involviert ist. Ripoll arbeitete in der Vergangenheit als Beraterin für die Hafenbehörde.

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Die Guardia Civil untersucht, inwiefern es bei der Konzessionsvergabe von Liegeplätzen und einer Werkstatt im Hafen von Maó zu Unregelmäßigkeiten gekommen war. Die Konzession fiel im Mai 2018 dem Unternehmen Marina Asmen zu - und war nicht gerade unbedeutend. In der öffentlichen Ausschreibung ging es um die Bewirtschaftung von 154 Liegeplätzen und einer Schiffswerkstatt.

Ein anderes Unternehmen, das ebenfalls an der Konzession interessiert war, zeigte die Ausschreibung bei der Antikorruptionsbehörde an und machte geltend, dass es sich um eine für Marina Esment maßgeschneiderte Ausschreibung gehandelt habe. An Marina Esment wiederum seien Personen aus dem unmittelbaren Umfeld der Hafenbehörde beteiligt.

Nachdem die Guardia Civil in den vergangenen Monaten Nachforschungen angestellt hatte, kam sie zu dem Schluss, dass berechtigter Verdacht auf diverse Straftaten besteht, auch über die Konzessionsvergabe im Hafen von Maó hinaus. Vorerst sind die fünf festgenommenen Führungskräfte der Hafenbehörde der Veruntreuung, der Rechtsbeugung und des Betrugs an der öffentlichen Verwaltung verdächtigt. /jk