Es ist ruhig an der Zufahrtsstraße zum Park Hyatt Mallorca. Nur ein paar Einheimische biegen am Donnerstag (6.8.) in den Sportanlagen-Bereich des Luxus-Resorts in Canyamel ein. Er ist geöffnet, ebenso wie der Country-Club und das Sternerestaurant Voro. Doch auf den Balkonen der edlen Suites im angrenzenden Hotelkomplex hängen keine Handtücher, auch die Rezeption ist nicht besetzt. Seit dem 17. März ist das Prestige-Hotel, das während seines Baus vor wenigen Jahren für viel Wirbel sorgte, geschlossen - und wird unter dem Namen Hyatt wohl nie wieder öffnen. Vier Jahre lang hat die US-Hotelkette das umstrittene Resort betrieben, jetzt gibt sie es auf.

„Optisch einzigartig"

Als John Beveridge, seinerzeit Hoteldirektor, im Frühjahr 2016 kurz vor dem Soft-Opening Journalisten empfing, war die Freude noch groß. „Es ist das erste Park Hyatt Resort in ganz Europa und optisch einzigartig", schwärmte er. Die von den Dimensionen her gewaltige Anlage ist weder mit einer typischen Bettenburg, noch mit einem Glanz- und Glamour-Hotel zu vergleichen, stattdessen ist sie einem mallorquinischen Dorf nachempfunden - Marktplatz, enge Gassen und Glockentürmchen inklusive. Die Hoffnungen des Hyatt-Konzerns in das 100-Millionen-Euro-Projekt waren damals groß. Mallorca habe das ganze Jahr über Potenzial, beteuerte Beveridge, und das auch im nicht gerade zentral gelegenen Canyamel.

Jetzt die Ernüchterung. „Wir haben nicht die Einnahmen generiert, die wir uns erhofft hatten", so der aktuelle Hoteldirektor Franck Sibille im Gespräch mit der MZ. Hauptgrund für das Ausbleiben der Gäste sei aus Hyatt-Sicht aber nicht der Standort, sondern das Problem der Flugverbindungen. „In den vergangenen Jahren ist der Flugverkehr im Winter auf die Insel immer weiter eingebrochen, etwa durch die Pleite von Air Berlin oder Laudamotion", so Sibille. Er macht keinen Hehl daraus, dass der Rückzug von Hyatt erhebliche Auswirkungen für die Anlage hat. „Es ist ein schwerer Schlag, den Namen Hyatt zu verlieren, aber es lohnt sich für unsere Standards einfach nicht, das Hotel unter diesen Voraussetzungen weiterzuführen." Die Corona-Pandemie habe die Entscheidung schließlich besiegelt. Die Räumlichkeiten seien auch auf große Events ausgerichtet. „Dass Veranstaltungen im größeren Rahmen auf absehbare Zeit nicht mehr stattfinden können, trifft uns zusätzlich."

Bei der örtlichen Investorengruppe Cap Vermell Group bemüht man sich, die gute Miene beizubehalten. Der Abgang des Hyatt bedeute nicht das Aus der Anlage, betonen die Verantwortlichen auf MZ-Anfrage. „Den Betrieb dauerhaft einzustellen kommt nicht infrage, wir übernehmen es nun selbst", so ein Sprecher. Die Cap Vermell Group war von Beginn an Initiator des Projekts und Eigentümer des Hotels, hatte aber stets auf die Kooperation mit Hyatt gesetzt. Nach dem Corona-Lockdown habe man die Anlage nicht wieder geöffnet, erst ab März 2021 dürfte es wieder so weit sein, dann aber nur noch halbjährig. Immerhin: Das Personal - in der Hochsaison immerhin fast 200 Mitarbeiter - brauche nicht um ihre Arbeit fürchten. „Alle werden zu den selben Konditionen weiterbeschäftigt", heißt es. Zumindest in den Sommermonaten.

Die Dramatik der Entwicklung wird durch einen Blick in die Vergangenheit deutlich: Von Anfang an hatte das Mega-Projekt die Gemüter gespalten. Die verantwortliche Gemeinde Capdepera, damals wie heute unter sozialistischer Führung, sah den Bau eines so prestigeträchtigen Luxusetablissements stets als große Chance für die Region - seit 2013 ließ das Rathaus 200 junge Menschen zu Hotel- und Gastronomie-Fachkräften ausbilden, um dem neuen Arbeitgeber fähiges Personal vor Ort bieten zu können. Und der damalige Balearen-Premier José Ramón Bauzà (PP) brüstete sich auf internationalen Touristikmessen damit, Hyatt auf die Insel geholt zu haben.

„Brutaler Eingriff"

Gleichzeitig wuchs der Unmut unter Anwohnern und Umweltaktivisten. 2013 und 2014 starteten sie mehrere Demonstrationen und Protestmärsche, um das Bauvorhaben zu stoppen - schließlich wurden für das Luxushotel rund fünf Hektar eines bis dato naturbelassenen Hügels des Höhenzuges von Canyamel von den Baggern umgegraben.

Auch Margalida Ramis von der Umweltschutzorganisation Gob gehörte damals zu den Hotelgegnern. „Es war ein brutaler Eingriff in die Natur. Unserer Meinung nach sind Teile des Areals in einem Vogelschutzgebiet entstanden, aber letztlich wurde unserer Klage nicht stattgegeben", erinnert sie sich. Schon 2013 hatte Ramis öffentlich ihre Bedenken über die Absichten von Hyatt geäußert. Nun sieht sie sich bestätigt. „Sie lassen alles fallen, nur weil die Zahlen nicht stimmen." Dass die Group Cap Vermell die Großanlage langfristig halten kann, bezweifelt sie. „Vermutlich wird in ein, zwei Jahren komplett Schluss sein. Und wer fühlt sich dann verantwortlich für die Ruine?"