Biel Company gibt sich keine Blöße. Der Vorsitzende der oppositionellen Volkspartei (PP) auf den Balearen behält auch beim Interview die Atemmaske auf, trotz Sicherheitsabstand. Der konservative Politiker, der früher einmal dem balearischen Bauernverband vorsaß, Landwirtschafts- und Umweltminister war und bei den Regionalwahlen 2019 der Sozialistin Francina Armengol unterlag, kämpft in Zeiten von Corona mit wenig Erfolg um mediale Aufmerksamkeit. Ließ ein Interview-Termin in früheren Zeit Wochen auf sich warten, klappt es diesmal denn auch von einem Tag zum anderen.

Sind Sie insgeheim froh, dass Sie nicht in dieser verfahrenen Situation regieren müssen?

Würden wir regieren, wären die Straßen voller Demonstranten. Denn das machen die Linken immer, wenn die PP regiert. Auch wenn die derzeitige Lage schwierig ist, hätte ich gern das Amt inne. Und ehrlich gesagt glaube ich, wir hätten das besser gemacht.

Was hätten Sie anders gemacht?

Wir hätten mehr Geld für die Hilfen bereitgestellt, die kleine Firmen und Selbstständige sowie auch Familien erhalten. Das Budget für Selbstständige reichte gerade mal für 5.000 Anträge, bei 90.000 Selbstständigen auf den ­Balearen. In einer Stunde war es aufgebraucht. Und die Firmen brauchen Liquidität für mehrere Jahre, keine kurzfristigen Lösungen. Der Tourismus dürfte erst wieder nächstes Jahr ­anlaufen. Aber man könnte Auflagen für die Bauwirtschaft lockern, für öffentliche Bauvorhaben, Abwasseraufbereitung. Damit würden Jobs in Bereichen geschaffen, in denen die Wirtschaft weiterhin aktiv ist.

Das ginge in die gleiche Richtung wie das ­Eildekret, das die Linksregierung beschließen wollte. Es sieht unter anderem vor, dass sich Hotels

Sie sagen es, es blieb bei einem Versuch. Der Linksregierung liegt es nun einmal mehr, Dinge zu verbieten, als zu reaktivieren.

Aber glauben Sie wirklich, man könnte die derzeitige Wirtschaftskrise durch mehr Bautätigkeit bekämpfen?

Damit allein nicht. Aber andere Branchen funktionieren weiterhin, Beamte oder Bankangestellte zum Beispiel verfügen weiterhin über Kaufkraft. Für sie braucht es Steuer­erleichterungen, damit sie die Wirtschaft ­ankurbeln. Grundlage ist aber zunächst die Kontrolle der sanitären Situation. Auf den ­Balearen leben wir vergleichsweise verstreut, nicht so wie in Madrid oder Barcelona. Ein ­sicheres ­Reiseziel wäre hier möglich gewesen, durch Massentests an den Flughäfen von Anfang an. Stattdessen gab es nur ein bisschen Show, als der Tourismus reaktiviert wurde.

Die Anordnung von Tests im innerspanischen Reiseverkehr fällt in die Zuständigkeit der Zentralregierung.

Sie hat dieselbe politische Couleur, das hätte man hinbekommen müssen. Hier kamen ­reihenweise Flugzeuge aus Barcelona und ­Madrid an ohne jegliche Kontrolle. Unsere ­Abgeordnete in Madrid, Marga Prohens, forderte schon seit Februar Kontrollen.

Laut den epidemiologischen Studien sind die jetzigen Probleme in erster Linie hausgemacht und nicht importiert, verwiesen wird auf familiäre und jugendliche Treffen.

Ich vermisse bei dem Thema Transparenz. Uns wurde zunächst gesagt, dass wir an der Promenade von Arenal keine Masken aufsetzen müssen, in der Straße dahinter aber schon. Ist das logisch? Ist das Virus nur dort? Ganz zu Beginn wurde uns gesagt, dass wir gar keine Maske brauchen. Jetzt aber schon. Und klar ist auch, dass man massiv hätte testen müssen. Entweder ließ die Landesregierung die Zügel ­schleifen oder die Situation war schon vorher gravierend, während Frau Armengol jeden Tag vor die ­Presse trat, um zu sagen, wie toll alles läuft.

Heute wissen wir alle, wie wichtig Tests und Masken sind. Sie wussten es von Beginn an?

Man muss auf die Gesundheitsexperten hören. Man sieht doch, wenn etwas nicht funktioniert. Die Balearen stehen jetzt europaweit am schlechtesten da, noch hinter Madrid.

Dann ist die Reisewarnung gerechtfertigt?

Deutschland ist ein souveränes Land und hat auf der Basis des Grenzwerts von 50 Fällen pro 100.000 Einwohnern entschieden. Man hätte eben ein wirklich sicheres Reiseziel garantieren müssen. Ich habe einige sanitäre Krisen erlebt, den Rinderwahn, die Vogelgrippe. Im 20. Jahrhundert muss es möglich sein zu lernen, wie man gegen eine Pandemie kämpft, ohne die Menschen einfach nach Hause zu schicken. Das ist ein schwieriges Gleichgewicht.

Urlauber kritisieren, dass sie nicht kommen wollen, wenn Maskenpflicht und Rauchverbot gelten. Haben Sie dafür Verständnis?

Wenn die Gesundheitsbehörden Vorgaben ­erlassen, muss man sie befolgen. Dann gewöhnen wir uns eben daran, mit Maske zu reisen. Diese Maßnahmen müssen aber gut erklärt werden, damit sie nicht willkürlich wirken.

Wenn Sie mit den Restriktionen einverstanden sind, warum dann kein Schulterschluss mit der Regierung in dieser schweren Krise?

Die PP hat im Balearen-Parlament alle sanitären Beschlüsse mitgetragen. Das gilt aber nicht für den Plan zur Reaktivierung der Wirtschaft, der das gleiche Budget hat wie im November, als man von Covid noch nichts wusste.

Tragen Sie auch die lokalen Lockdowns mit?

Wie auch bei allen anderen von der Regierung getroffenen Maßnahmen haben wir nur durch die Medien davon erfahren. Die Regierung handelt einseitig und improvisiert, sie schlägt die ausgestreckte Hand der PP aus und ist sichtlich überfordert.

Wie wäre es mit ein bisschen Selbstkritik? Es war die PP, die in ihrer Regierungszeit 2011 bis 2015 massive Kürzungen im öffentlichen Gesundheitsystem vornahm. Jetzt ist Corona eine Belastungsprobe.

Die PP musste 2011 eine Situation meistern, in der die öffentliche Verwaltung praktisch pleite war. Die offenen Rechnungen reichten mehr als ein Jahr zurück, ein politisches Erbe der Sozialisten. 2015 wuchs dann endlich wieder die Wirtschaft. Nach dem Sieg der Sozialisten ging es wirtschaftlich wieder bergab, und 2020 jetzt das Coronavirus.

Aber hat allein die Regierung Schuld, wenn die Bevölkerung nachlässig wird?

Warum hat die Botschaft nicht die Menschen erreicht? Weil das nicht das Ziel der Marketing-Kampagne von Frau Armengol war. Sie wollte vielmehr ganz Europa zeigen, wie gut sie die Krise im Griff hat. Sie kennen sicherlich die Kampagnen der Verkehrsbehörde. Sie zeigen drastisch, worin ein Unfall besteht, dass Menschen querschnittsgelähmt werden, sterben, Familien zerstört werden. Haben Sie dagegen in den Covid-Kampagnen Tote gesehen?

Was hätten wohl die Hoteliers zu so einer drastischen Kampagne gesagt?

Mit einer gut gemachten Kampagne wird die Bevölkerung wachgerufen. Es bleiben ja auch keine Urlauber aus, weil wir vor tödlichen Verkehrsunfällen warnen.

Das sind die aktuellen Corona-Zahlen auf den Balearen

Einen Überblick über alle MZ-Artikel zum Thema Coronavirus auf Mallorca finden Sie unter diesem Link. Kostenlose Newsletter verschicken wir per Telegram (hier bestellen) oder Mail (hier bestellen)