Zwar gibt es auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln schon seit Jahren eine mit Hartz IV vergleichbare Sozialhilfe, und auch das in diesem Jahr in Kraft getretene Mindesteinkommen der spanischen Regierung soll dabei helfen, die Armut zu lindern. Doch diese finanziellen Hilfen nutzen wenig, wenn sie nicht bei den Betroffenen ankommen. Laut einer neuen Studie von Maria Antònia Carbonero, Professorin und Forscherin an der Balearen-Universität UIB, erreichen diese Grundsicherungen nicht einmal die Hälfte derjenigen, die auf den Inseln in extremer Armut leben. Nach Angaben von Carbonero handelt es sich dabei um rund 33.000 Personen, etwa doppelt so viele im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Corona-Pandemie.

Darüber hinaus sind weitere 320.000 Menschen von einer sogenannten "relativen Armut" betroffen und haben Schwierigkeiten, ihre materiellen Bedürfnisse zu decken. Viele davon seien berufstätig, so Carbonero, die damit rechnet, dass beide Gruppen in den kommenden Wintermonaten wachsen werden.

Die Maßnahmen der Politik seien zwar zu begrüßen, würden aber nicht ausreichen, meint Carbonero. Die Pandemie habe auf den Inseln große Schäden angerichtet. So habe im Sommer 2020 der Prozentsatz der Arbeitnehmer, die in Kurzarbeit waren, bei rund 40 Prozent gelegen. Speziell Frauen sind von der Krise betroffen, stellt Carbonero fest. Sie hätten häufig prekäre Arbeitsverträge, in vielen Fällen arbeiteten sie aber gar ohne Verträge und damit soziale Absicherung. Dazu kam, dass während des Lockdowns die häusliche Gewalt zunahm. 75 Prozent derjenigen Frauen, die in dieser Zeit die Notrufnummern der Regierung anwählten, taten das im Frühjahr zum ersten Mal.

Zugenommen hat auch die Ungleichheit auf der Insel. So stellte Carbonero große Unterschiede beim verfügbaren Haushaltseinkommen je nach Ort und Stadtteil fest. In Valldemossa beträgt das rund 45.000 Euro, in Vilafranca weniger als 30.000 Euro. Und in Palma de Mallorca ist das Gefälle noch viel größer. Während Stadtteile wie Son Vida oder Gènova auf bis zu 85.000 Euro durchschnittliches Haushaltseinkommen pro Jahr kommen, sind es im Viertel Camp Redò nur wenig mehr als 15.000 Euro. /jk