Es ist nicht das erste Mal, dass der Durchbruch der Solarparks auf Mallorca angekündigt wird. Diesmal gibt es aber gewichtige Argumente, dass es wirklich losgeht. Da wäre zum einen die nachgebesserte Gesetzeslage in Spanien, die endlich Klarheit schafft und entscheidende Hürden beseitigt hat. Da wäre eine lange Liste von Projekten auf den Balearen, die ­derzeit öffentlich ausgelegt sind. Da wäre auch der Energiekonzern Endesa, der bislang auf ­Mallorca in erster Linie auf Kohle und Erdgas setzt, nun aber hinter mehreren wichtigen Projekten für Solarparks auf der Insel steht.

Und auch die Fristen für die Subventionen sind ein Argument dafür, dass es in den kommenden Monaten Schlag auf Schlag geht. Denn damit die Investoren Gelder aus einem EU-Förderprogramm in Höhe von 40 Millionen Euro erhalten, müssten die beantragten Projekte bis Ende 2022 nicht nur genehmigt, sondern bereits in Betrieb sein, sagt Aitor Urresti, Generaldirektor für Energie und Klimaschutz bei der Balearen-Regierung.

Seine Abteilung hat alle Hände voll zu tun, um die lange Liste der Projekte durch das Genehmigungsverfahren zu lotsen. Nachdem seit Jahren praktisch nichts passiert ist und kein neuer Park ans Netz ging - schuld sind Wirtschaftskrise, Prämienstopp der spanischen Regierung, Rechtsunsicherheit -, sind nun die ersten neuen Anlagen im Probebetrieb, so der 2,4-Megawatt-Park Son Corcó in der Gemeinde Consell oder eine Anlage zur Selbstversorgung, die die Hotelkette Protur in Sa Coma errichtet hat (MZ berichtete).

Aufholjagd beim Energiemix

Die Zahlen: Bislang gibt es auf den Balearen 38 Solarparks, von denen nur wenige größer sind als die 2,8-Megawatt-Anlage in Sa Coma. Sie machen gerade einmal rund drei Prozent der auf den Inseln produzierten Energie aus. Mit dem 40-Millionen-Topf der EU, der über das spanische Institut für Energiediversifizierung und -effizienz sowie das balearische Energieministerium abgewickelt wird, werden nun allein 55 neue Solarparks auf den Inseln gefördert. Mit diesen zusätzlichen 326 Megawatt Leistung könnte der Anteil der produzierten Energie in zwei Jahren auf zehn Prozent steigen. Damit verfehlt zwar die balearische Linksregierung das Ziel ihrer ursprünglichen Pläne von 20 Prozent bis zum Jahr 2020. Doch die Trendwende wäre deutlich, zumal zahlreiche weitere Projekte in der Pipeline sind.

Wie kompliziert das Genehmigungsverfahren ist, lässt der Wust an Dossiers der neuen Anlagen erahnen, die derzeit öffentlich ausgelegt sind. Die Projektbeschreibungen und ­Umweltgutachten auf der Website des Landesministeriums füllen zum Teil mehrere Hundert Seiten. Im Prinzip könne eine Anlage in drei bis sechs Monaten genehmigt werden, so Generaldirektor Urresti. Doch bei größeren Anlagen, die zunächst als sogenanntes Projekt von allgemeinem Interesse eingestuft werden müssen, dauere es oft ein Jahr mehr - nicht mitgerechnet die Nachbesserungen, die nach einem Einspruch der balearischen Umwelt­kommission nötig sind. Einige in den vergangenen Jahren geplante Großprojekte kamen so ganz zu Fall, allen voran der von deutschen Investoren geplante Megapark Santa Cirga bei Manacor, nicht zuletzt wegen des Protestes von Landschaftsschützern.

„Es ist ein bisschen wie Lotterie spielen", meint Urresti - manche vergleichsweise gut in die Landschaft integrierte Projekte stoßen auf viel Widerstand, andere Projekte bleiben eher unbeachtet. Zuletzt kam Protest gegen einen Solarpark auf, der zwischen Palmas Viertel Molinar und Flughafen-Autobahn entstehen soll. Dabei handelt es sich bei dem Projekt Son Juny mit seinen 70.000 Modulen auf 130.000 Quadratmetern bereits um eine abgespeckte Version, wie der Generaldirektor sagt. Weitere Projekte, die wegen ihrer Lage Kritiker auf den Plan rufen könnten, will er lieber nicht nennen - um niemanden auf Ideen zu bringen. In den Projektbeschreibungen jedenfalls wiederholen sich die Hinweise darauf, dass die oft für bis zu 40 Jahre Laufzeit angelegten Anlagen ohne Zementfundament auskommen, zum Sichtschutz aufgeforstet wird und Schafe unter den Modulen weiden sollen.

Zwar gibt es inzwischen eine Karte des ­Landesministeriums, auf der Zonen mit dem ­Eignungsgrad für Solarparks verzeichnet sind, ausschlaggebend ist dafür in erster Linie der Landschaftsschutz. Allerdings unterlie­gen die konkreten Bebauungsvorschriften dem Inselrat, sodass es ­mitunter beim Geneh­migungsverfahren noch ­Überraschungen gebe, so Urresti. Daneben orientieren sich die Investoren aber vor allem an der vorhandenen Infrastruktur des Strom­netzes: Ist der nächstmögliche Einspeispunkt für einen Solarpark viele Kilo­meter entfernt, erhöhen sich die Projektkosten.

Das erklärt zum Beispiel, warum sich gleich mehrere Projekte im Gebiet von Cala Pi in der Gemeinde Llucmajor ballen. Ansonsten fällt eine größere Zahl von Projekten an der Ost- und Nordostküste auf, speziell in der Gemeinde Capdepera, in deren Gebiet drei neue Anlagen geplant sind.

Big Player Endesa

Eine herausragende Rolle spielt bei den jetzigen Investitionen Endesa, oder besser gesagt der italienische Mutterkonzern Enel, auf den allein sieben Projekte entfallen. Nachdem Kohlekraftwerke an Rentabilität verlieren und Es Murterar bei Alcúdia Anfang des Jahres zur Hälfte abgeschaltet worden ist, wird dort nun in Fotovoltaik investiert. Der Konzern erhielt im Juli die Genehmigung für die erste Phase von Nou Biniatria, eine 12,8-Megawatt-Anlage am Aschedepot des Kraftwerks. Auf dessen Gelände sind zudem zwei weitere Anlagen mit jeweils knapp fünf Megawatt geplant, Can ­Balança und Can Lloreta.

Auch das mit Erdgas betriebene Kraftwerk Son Reus nördlich von Palma - nicht zu verwechseln mit der dortigen gleichnamigen Müllverbrennungsanlage - bekommt Fotovoltaikmodule aufs Gelände, öffentlich ausgelegt ist ein Projekt für eine 17,5-Megawatt-Anlage. Außerdem steckt Enel hinter Sa Caseta in der Gemeinde Llucmajor (22 Megawatt), Son Juny bei Molinar sowie Son Orlandis, einer 3,8-Megawatt-Anlage zwischen Palmas Ortsteil s'Hostalot und Sa Cabaneta.

Viel Luft nach oben ist unterdessen noch im Bereich der Eigenversorgung, allen voran bei Fotovoltaikanlagen auf Dächern von ­Privathäusern, Firmen oder öffentlichen Gebäuden. Balearenweit sind derzeit rund 2.000 ­registriert, sie machen rund 20 Prozent der produzierten Sonnenenergie aus. Das balearische Energieministerium arbeitet derzeit Strategien aus, wie im großen Stil Parkplätze und Gewerbegebiete aufgerüstet werden können.