Normalerweise macht die balearische Gesundheitsministerin Patricia Gómez keine Angaben zu konkreten Covid-19-Fällen. Ihre Pressekonferenz am Mittwoch (23.12.) eröffnete sie jedoch mit dem Fall einer 25-Jährigen, die am Vortag im Krankenhaus verstorben sei. Es gebe keine Hinweise auf Vorerkrankungen, dennoch sei es zu Komplikationen gekommen. Die Botschaft: Niemand ist vor dem Virus sicher. Die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol warnt unterdessen vor einem „extremen Risiko", es liege an jedem Einzelnen, Menschenleben zu retten.

Die Vertreter der Landesregierung überbieten sich derzeit mit Appellen an die Bevölkerung, die Corona-Regeln ernst zu nehmen. Die Lage hat sich massiv verschlechtert, die Balearen sind die Region in Spanien, die mit Abstand die höchsten Fallzahlen pro Einwohner meldet. Corona-Sprecher Javier Arranz nannte am Mittwoch eine Inzidenz von 301 Fällen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen, auf Mallorca sind es sogar 350 Fälle. Das spanische Gesundheitsministerium - die Übermittlung erfolgt offenbar weiterhin verzögert - gab zuletzt eine Inzidenz von 245 Fällen für die Inseln an. Zum Vergleich: Das Robert Koch-Institut in Deutschland meldete eine Sieben-Tage-Inzidenz von 195 Fällen.

Werden die Restriktionen also weiter verschärft? Denkbar, lautete die Antwort am Mittwoch. Die Entscheidung soll bei einer Kabinettssitzung am Montag (28.12.) fallen. Geschäfte und Gastronomie ganz zu schließen - Bars dürfen derzeit noch im Freien Gäste bedienen -, würde in diesen Tagen jedoch ohnehin nichts gegen die Hauptsorge ausrichten, so Arranz, der nicht müde wurde, seine enormen Sorgen wegen der Zusammenkünfte von Verwandten und Freunden über die Feiertage zu äußern. „Es darf uns nicht peinlich sein, auch zu Hause eine Maske zu tragen." Das Verhalten in den eigenen vier Wänden werde maßgeblich darüber entscheiden, wie massiv die Zahlen noch steigen, bevor im Januar dann eine Stabilisierung einsetzen könne. Eine derzeitige Positiv-Test-Rate von über neun Prozent und ein R-Wert von 1,6 - er gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt - sprechen eine deutliche Sprache. Die Zahl der täglichen Tests erreicht inzwischen einen Wert von im Schnitt 6.700.

Ob die neue, in Großbritannien beobachtete Corona-Variante auch an dem Anstieg hier schuld sein könnte, ist derzeit Spekulation. Nachgewiesen wurde sie bislang nicht, wobei bisher erst Proben bis einschließlich Oktober ausgewertet seien, wie es in der Abteilung für Mikrobiologie im Landeskrankenhaus Son Espases heißt. Im Schnitt bei jedem zehnten positiven PCR-Test auf den Balearen werde die genetische Sequenz analysiert. Nun werde man die November-Proben überspringen und direkt Dezember-Proben analysieren.

Ein akuter Kollaps in den Krankenhäusern droht laut Arranz nicht, noch laufe der sonstige Betrieb weiter, auch wenn es über die Feiertage ohnehin weniger Operationen gebe. Derzeit belegten die Covid-19-Patienten auf den Balearen 9,5 Prozent der Stationsbetten und 23 Prozent aller Intensivbetten. Der Wochenvergleich: Die Zahl der Corona-Patienten auf Station stieg von 263 auf 305, die der Intensiv-Patienten von 53 auf 55 - zum Höhepunkt der Pandemie im April waren es 581 Patienten auf Station und 116 auf der Intensivstation. Die Zahl der Corona-Toten stieg um 15 auf 450, davon entfallen 211 auf Seniorenheime.

Damit die verzweifelten Appelle auch ankommen, setzt die Landesregierung auf Kommunikation: 377 Info-Mitarbeiter haben ihre Arbeit aufgenommen, um die Bürger vor Ort aufzuklären - sei es auf Plätzen, in Einkaufszentren oder auch an Ausflugszielen (Übersicht aktuelle Regeln).

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