Um die Verzweiflung öffentlich zu machen, die wegen der Corona-Krise viele Branchen auf Mallorca gepackt hat, bedarf es keiner verbotenen Großdemonstrationen in Palma und auch keiner Anleitung durch Branchenverbände. Das macht die Initiative "SOS Turismo" deutlich, die sich dieser Tage auf der Insel formiert. Es ist eine Bewegung, die sich "aus dem Gefühl heraus" im Inselosten gegründet hat - und die mit Corona-freundlichen Mitteln einen Hilferuf aussenden möchte.

Es ist Freitag, der 22. Januar. Die Corona-Inzidenz liegt noch bei 800 Fällen pro 100.000 Einwohner, Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hat soeben bekanntgegeben, dass das Land erst am Ende des Sommers wieder Touristen empfangen kann, und die Diskussion um Impf-Vordrängler wie Mallorcas Bischof Sebastià Taltavull brodelt. Die Impfdosen auf den Inseln sind knapp - und die Nerven liegen angesichts einer möglichen zweiten urlauberfreien Saison blank.

Vor allem im Inselosten. Überschwemmungen, die Pleite des Reisekonzerns Thomas Cook und dann das Coronavirus. "Wir ertrinken. Wir haben Panikattaken wegen der Angst, unsere Unternehmen zu verlieren", sagt Inés Batle. Sie führt das Hotel und die Ferien-Apartments Morito in Cala Millor. "Diese Kampagne ist aus einem Gefühl heraus geboren", betont sie mehrmals.

Sie ist dabei, ein großes Banner zu bemalen. "SOS Turismo" steht darauf zu lesen, gehalten in Schwarz - als Ausdruck der Trauer - und Rot - als Zeichen für die Inbrunst, mit der man auf die fehlenden politischen Lösungen hinweisen möchte. Größere Hotelketten lassen das Logo, das "ein Junge aus Son Servera" entworfen hat, auf Spruchbänder drucken, kleinere Einrichtungen, wie die von Inés Batle, malen es selbst auf alte Bettlaken.

Die Initialzündung für die großangelegte Aktion, bei der die Banner ab Freitag (12.2.) an den Fassaden der Hotelswerden sollen, gab die Plataforma Llevant, eine Plattform der Unternehmerverbände von Artà, Capdepera, Manacor, Sant Llorenç und Son Servera. "Dort sind auch verschiedene politische Parteien vertreten", so Hotelbetreiberin Batle. Ansosten sei man eine klar "unpolitische" Bewegung.

So weit entfernt von der Politik, dass die Politiker der Balearen-Regierung lange keine Ahnung davon hatten, was sich hinter den Fassaden der Hotels im Inselosten zusammenbraut, in denen die Betroffenen seit Monaten kein Licht am Ende des Tunnels sehen. "Wir sind nun schon seit einem Jahr in dieser Situation, und das Schlimmste wird das kommende Jahr werden. Wenn wir nichts tun, dann gibt es dann weder Unternehmen noch Mitarbeiter."

Eigentlich, so Inés Batle, sei sie Optimistin. Doch das sei momentan kaum aufrecht zu halten. "Bei dem Treffen der Plattform sagte jemand, uns bleibe nichts Anderes übrig, als ein Schild mit 'SOS' aufzuhängen." Das sprach sich herum, schließlich redeten die Hoteliers viel untereinander. Weniger als drei Wochen später ist nun eine Kampagne auf die Beine gestellt, die viele Branchenverbände unterstützen, darunter Hoteliers, Gastronomen und Lieferanten.

Nach der Versammlung von Mallorcas Hotelierverbands FEHM Ende Januar war bereits klar, dass man in die Offensive gehen wolle. Ein Treffen mit der Tourismus-Abteilung des balearischen Unternehmerverbands CAEB untermauerte das Vorhaben. Auch wenn sich keine der beiden Vereinigungen an die Spitze der Bewegung setzen möchte.

Das Ziel lautet: viral werden. Die Hilferuf-Banner sollen alle gleichzeitig am Freitag um 11 Uhr morgens aufgehängt werden, damit Journalisten genug Zeit haben, das Thema in den Mittagsnachrichten prominent zu platzieren, so Batle. Auch ein Manifest soll verlesen werden - wo, ist noch unklar, letztlich aber auch unerheblich: Die Hoteliers wollen die Aufmerksamkeit vor allem über Facebook, FacebookTwittererreichen. Stets unter dem Hashtag #sosturismo.

"Ich glaube, dass die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol selbst verzweifelt ist, das sieht man ihr an", so Batle. Die Hotelbetreiberin fordert, dass sie ihren Mitarbeitern endlich Impfungen kaufen darf - im vergangenen Sommer zahlte sie ihnen die PCR-Tests bezahlte, um ihr Hotel zumindest einige Wochen lang geöffnet zu haben.

Die Aktion erkläre der Untätigkeit "den Krieg", sagt sie. /somo