Nicht mehr lange, dann wird in Sa Pobla die Kartoffelernte in vollem Gange sein. Um den 15. März herum beginnt in der Gemeinde im Inselinneren traditionell das große Ausgraben der Mallorca-Knollen, „in diesem Jahr wegen der Witterung vielleicht etwas später", so Joan Company, Geschäftsführer der örtlichen Kooperative Esplet. In diesem Jahr können die gut 70 Landwirte allerdings nicht so optimistisch auf die kommenden Monate blicken wie sonst - und das, obwohl die Ernte reich ausfallen dürfte. Das Problem: Durch den Brexit zählt der traditionelle Kartoffelabnehmer Großbritannien seit dem 31. Dezember als Drittstaat. Neue Exportbestimmungen dürften den Verkauf ins Vereinigte Königreich erschweren - und zusätzliche Kosten für Mallorcas Landwirte bedeuten.

„Seit 1924 schon liefern wir von Mallorca aus Kartoffeln nach Großbritannien, das muss man sich mal vorstellen", sagt Joan Company. Man merkt dem Mallorquiner an, wie sehr ihn das Thema bewegt. Nicht dass er wirklich Angst hätte, britische Kunden zu verlieren. „Die warten auf unsere Lieferungen und wollen ihre Ware wie gewohnt haben." Aber doch stehe durch den Austritt Großbritanniens aus der EU ein Wandel bevor, dem sich die Kartoffelbauern in Sa Pobla wohl oder übel anpassen müssen. „Wir sind nicht unmotiviert, aber doch gespannt."

Die gute Nachricht sei, dass auf Kartoffeln keine zusätzlichen Steuern erhoben werden, wenn sie die EU-Grenze gen Großbritannien überschreiten. Ein Problem ist bisher aber noch nicht gelöst: „Laut den neuen Bestimmungen darf Großbritannien keine Samen mehr in die EU exportieren. Doch ein Großteil der Kartoffeln, die wir an die Briten verkaufen, gehören einer britischen Sorte an", so Company. Es mag paradox klingen, dass Mallorca den Briten seit Jahren ihre „eigenen" Kartoffeln anbaut. „Aber das ist in Zeiten von Globalisierung ganz normal. Jedes Land hat seine eigenen Sorten, und wenn man den Geschmack der dortigen Kunden treffen will, muss man ihnen das liefern, was sie kennen und mögen."

Konkret handelt es sich um die Sorte Maris Peer, die als echter Exportschlager gilt - immerhin gingen bisher jährlich gut 5.000 Tonnen davon auf die Reise von Sa Pobla nach Großbritannien. Zum Vergleich: Das Gesamtvolumen der Kartoffelernte in Sa Pobla beläuft sich auf 16.000 bis 18.000 Tonnen. Die Briten gehören mit ihrer Maris-Peer-Vorliebe zu den Hauptabnehmern vor Skandinaviern, Polen und Deutschen, die wiederum ihre eigenen Sorten bevorzugen. Noch reifen zahlreiche britische Kartoffeln in Mallorcas Erde heran. Doch schon im kommenden Jahr dürfte es keine brauchbaren Maris-Peer-Samen mehr geben. „Wir hoffen darauf, dass es bis

dahin noch zu Vereinbarungen zwischen den Regierungen kommt", so Company.

Und wenn nicht? „Dann müssen wir uns irgendwie neu erfinden oder andere Wege suchen", so der Kooperativen-Vorsitzende. Er glaubt nicht, dass Arbeitsstellen verloren gehen könnten, solange die Nachfrage im Vereinigten Königreich bestehen bleibt. „Wie es wirklich laufen wird, können wir erst feststellen, wenn es tatsächlich so weit ist."

Eine weitere Hürde wird sich bereits in den kommenden Wochen im Alltag der Landwirte bemerkbar machen. „Seit dem Brexit fordert die britische Gesetzgebung ein spezielles Pflanzenschutzzertifikat, das wir für jede Reise vom Landwirtschaftsministerium ausgestellt bekommen müssen. Das bedeutet auf jeden Fall mehr Bürokratie. Hinzu kommen die Zollkontrollen an den EU-Grenzen."

Die Sorge, dass Mallorcas Kartoffeln den speziellen Pflanzenschutzvorschriften Großbritanniens nicht genügen könnten, haben die verantwortlichen Politiker hier wie dort im Februar immerhin schon einmal aus dem Weg geräumt. Ursprünglich sah die britische Regierung vor, dass nur Kartoffeln aus Regionen ins Land dürfen, in dessen Boden nachweislich keine Exemplare von zwei eigens angeführten Spezies von Fadenwürmern zu finden sind.

„Diese Fadenwürmer sind sehr wohl auf den Inseln zu finden, nicht aber in den Parzellen, auf denen Kartoffeln angebaut werden. Dort entspricht die Erde den Auflagen, die das Vereinigte Königreich bisher immer für gut befand", so die balearische Landwirtschaftsministerin Mae de la Concha Anfang Februar. Mit Unterstützung der spanischen Zentralregierung schaffte sie es, einen Kompromiss mit den britischen Kollegen auszuhandeln. „Das Zertifikat zu bekommen, ist uns nun also möglich, aber es bedeutet Papierkram, Zeit- und Logistik-Aufwand, und im Endeffekt natürlich Kosten für uns", resümiert Joan Company. Entmutigen lassen will er sich aber nicht: „Es ist ein Wandel, aber nicht das Aus für den Export."