Es fehlt nicht viel, und Entschuldigungen von Politikern liegen im Trend. Erst Angela Merkels großes „mea culpa" bezüglich der Osterruhe in Deutschland, und nun auch der Bürgermeister von Palma de Mallorca, Palma de MallorcaJosé Hila. Nein, ­diesmal geht es nicht um die so gern diskutierten Corona-Regeln, sondern um ein anderes Thema, das in Spanien nicht weniger Diskussionen auslöst: die Franco-Vergangenheit und wie man mit ihr umgeht.

Zur Erinnerung: Anders als in Deutschland gibt es in Spanien keinen Konsens über die Bewältigung der jüngsten Vergangenheit. Wer „links" steht - so wie die PSOE, der Hila angehört, und die auch in der balearischen Landesregierung die Führung inne hat -, stellt das nach wie vor sichtbare Erbe der Franco-Diktatur (1939-1975) grundsätzlich infrage. Wer „rechts" steht - wie ­beispielsweise die PP, die sowohl in Palmas Rathaus als auch auf regionaler Ebene in der Opposition ist -, fährt einen Kurs nach dem Motto „Lasst die Vergangenheit ruhen".

Dass es also Kritik hageln würde, wenn in Palma ein Dutzend Straßennamen ge­ändert werden, weil die Geehrten - darunter auch der Schmuggler und Bankier Joan March - mutmaßlich etwas mit Franco zu tun hatten, war vorhersehbar. Umso mehr ein Grund, sich als Bürgermeister vor diesem Schritt genauer darüber zu informieren, welche Namen denn da eigentlich auf der schwarzen Liste stehen - und was es mit den dahinterstehenden Persönlichkeiten auf sich hat. Zumal die Betonung auf „mutmaßlich" liegt.

Nicht so José Hila. Das Stadtoberhaupt ließ am Dienstag (23.3.) die ersten Straßenschilder entfernen - und berief sich dabei auf eine von einem ­Expertengremium erstellte Namensliste. Das ist nun erst einmal nicht verwerflich - Expertengremien sind ja dazu da, die Politik zu beraten. Doch ein bisschen inhaltliche Vorbereitung auf das Thema hätte Hila wohl nicht geschadet.

Der vorhersehbare Ärger schlug noch höhere Wellen als üblich. Nicht nur die konservativen Parteien PP, Ciudadanos und Vox ließen Kritik vom Stapel, auch die Denkmalschutzvereinigung Arca mischte sich in die Debatte ein. Zumindest die nach den Admirälen Gravina und Churruca benannten Straßen sollten doch bitte ihren Namen behalten. Schließlich bezöge sich die Benennung nicht in erster Linie auf Kriegsschiffe von Francos Marine, sondern auf Admirale aus Vor-Franco-Zeiten. Ähnlich argumentierten die Nachfahren von Admiral Cervera, im 19. Jahrhundert Held des spanisch-amerikanischen Krieges vor Kuba, der ebenfalls nicht weiter Namensgeber einer Straße bleiben soll. Auch auf dem spanischen Festland wurde Kritik laut. Denn auf der schwarzen Liste steht auch der Carrer Toledo. Warum man denn bitte diesen Namen ändere, der doch nur an die Stadt nahe Madrid erinnere?

Und was machte Hila? Zunächst einmal stellte er sich stur. Er stehe hinter der Entscheidung und wolle mit der Änderung der Straßennamen fortfahren. Schließlich beruhe das Ganze ja auf einem Gesetz der ­Landesregierung zur Aufarbeitung der ­Geschichte, das nun mal vorsehe, Franco-Symbole und Namen aus dem Stadtbild zu ­eliminieren. „Wenn ich sie nicht ändern ­lasse, dann werden es andere tun", erklärte Hila zunächst.

Einige Tage später, am Freitag (26.3.), ruderte der Bürgermeister dann zurück und ließ den Tausch der Schilder zunächst einmal stoppen. Mittlerweile hatte die Debatte bereits weitere Kreise gezogen. Auch in den überregionalen Nachrichten wurde thematisiert, wie Hila die Entscheidung und Umentscheidung zu rechtfertigen versuchte. Spätestens hier wurde deutlich, dass inhaltliche Vorbereitung unabdingbar ist. „Ich weiß nicht, wer diese Admiräle sind. Ich muss doch nicht alles wissen", räumte Hila genauso offen wie patzig in einem Interview mit der Tageszeitung „El País" ein. In Erklärungsnot geriet er auch bei der Frage, warum er im Fall einer Straße, die er selbst 2009 eingeweiht hatte, nicht stutzig wurde. Und was den Carrer Toledo angeht: Das Schild bezöge sich seinen Informationen zufolge auf die dortige Bürgerkriegsschlacht, nicht auf die Stadt selbst.

„Ich bin nicht so klug oder intelligent, als dass ich mich über andere stellen würde", so Hila in Anspielung auf das Experten­gremium, dem unter anderem Vertreter der Landesregierung, der Inselräte und der Balearen-Uni angehören. Er habe das Gremium gebeten, die Entscheidung über die zu tilgenden Namen „dringend" noch einmal zu überarbeiten.

Ist Hila einfach nur der Schwarze Peter zugeschoben worden, um auszubaden, was Experten offenbar verpatzt haben? Vielleicht. Geschickt angestellt hat er sich in der Geschichte jedenfalls nicht. Wenigstens ist er in der Lage, sich zu entschuldigen. „Die öffentliche Verwaltung ist nicht perfekt, und ich bin es auch nicht", so Hila am Freitag. Stimmt! Nicht so unverblümt wie Angela Merkel, aber immerhin.