Catalina Cladera trägt als Inselratspräsidentin die politische Verantwortung für das Image von Mallorca, für das Tourismusmarketing ist ihre Behörde zuständig. Die Sozialistin ist denn auch eine wichtige Ansprechpartnerin für bundesdeutsche Medien in der derzeitigen Aufregung um die Wiederaufnahme der Mallorca-Reisen. So nervös das politische und mediale Deutschland, so entspannt wirkt Cladera, als sie die Mallorca Zeitung im Sitz des Inselrats zum Interview empfängt.

Frau Cladera, Mallorca läuft derzeit in allen deutschen Medien, Interviews mit Ihnen sind auch in der „Tagesschau" zu sehen. Wie erleben Sie die derzeitige Medienpräsenz?

Das ist nun einmal der derzeitigen Situation geschuldet, zu Ostern wurden wieder Flüge nach Mallorca aufgenommen. Ich bin dankbar dafür, dass ich den Deutschen erklären kann, wie es wirklich um Mallorca steht.

Was ist die häufigste Frage an Sie von deutschen Journalisten?

Ob wir besorgt darüber sind, dass jetzt viele deutsche Urlauber kommen, nachdem die Reisewarnung aufgehoben wurde. Angst haben wir keine, wir empfangen die Gäste mit offenen Armen. Aber wir müssen uns natürlich darüber im Klaren sein, dass die jetzige Pandemie-Situation sehr heikel ist. Die Impfungen sind bislang noch nicht weit fortgeschritten, und wir müssen die Pandemie in Schach halten, um nicht die Sommersaison in Gefahr zu bringen. Jeder Urlauber muss über die Restriktionen hier auf der Insel Bescheid wissen, zum Beispiel dass die Gemeinschaftsbereiche der Hotels geschlossen sind.

Haben Sie sich erschrocken, als die Zahl der Buchungen plötzlich in die Höhe schoss?

Überhaupt nicht. Wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, wie die Wirtschaft wegen des Stillstands im Tourismus am Boden liegt. Wenn man dann sieht, wie schnell es wieder losgehen kann und dass Mallorca nichts von seiner Strahlkraft verloren hat, dann ist das eine gute Nachricht. Aber wir müssen Schritt für Schritt gehen und Vorsicht walten lassen.

Man konnte aber auch den Eindruck gewinnen, dass die Insel-Politik in Erklärungsnot geraten ist, es wurde auf die Verantwortung der Zentralregierung verwiesen.

Aber ein Punkt ist natürlich auch, dass die Balearen-Bewohner derzeit nicht auf das spanische Festland reisen können, genauso wenig geht das umgekehrt.

Logisch ist das nicht.

Nein, in keiner Weise, die Logik ist in der Pandemie auf der Strecke geblieben. Es gibt zwei gegensätzliche Auffassungen in der Bevölkerung. Zum einen das Bewusstsein über die Widersprüchlichkeit der Reiseregelungen, zum anderen über die Notwendigkeit, den Tourismus wiederzuleben, sobald dies möglich ist.

Sie haben sich vor kurzem zusammen mit der spanischen Tourismusministerin Reyes Maroto mit Vertretern der Tourismusbranche getroffen. Wie erleben Sie die Stimmung im Tourismussektor?

Iberostar berichtete uns zum Beispiel, dass zu Ostern vier Hotels geöffnet und zu 50 Prozent belegt seien, danach sinke die Belegung wieder. Aber man werde die Häuser offen halten, um eine positive Botschaft auszusenden. Das wichtigste Anliegen der Hoteliers ist aber, dass es mit den Impfungen endlich schneller geht. Sie garantieren, dass wir alle wieder ruhig reisen können. Erst wenn 40 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, kann die EU auch einen Impf-Reisepass einführen. Das dürfte im Juni so weit sein, und das ist etwas knapp für die Sommersaison.

Es wurden auch Stimmen laut, Ostern zu opfern, um mit niedrigen Inzidenzzahlen die Hauptsaison zu retten.

Auf Mallorca wurden die Restriktionen für die Bevölkerung zu Ostern mit Blick auf den Sommer verschärft. Wir können zwar nicht über das Kommen internationaler Besucher entscheiden, aber wir können zeigen, dass wir den Tourismus in kleinen Schritten und unter sicheren Vorzeichen wieder aufnehmen. Es ist offensichtlich, dass es dabei nicht um den Massentourismus geht, den wir sonst haben. Aber wir können ein Signal an die Arbeitnehmer und die Wirtschaft aussenden.

Frau Merkel hat das Bemühen um neue Reiserestriktionen für Deutsche auch damit begründet, dass auf Mallorca leider Hotels geöffnet seien. Was antworten Sie ihr?

Die Hotels sind geöffnet, weil die Reiseveranstalter und die Airlines wieder Flüge ins Programm genommen haben. Die Hotels haben auf eine Nachfrage reagiert. Angesichts der geringen Inzidenz können wir nicht verbieten, dass die Hotels öffnen. Ich würde den Deutschen antworten, dass wir zwar reisen können, aber mit größter Vorsicht. Eine sachte Öffnung des Tourismus muss mit der Pandemie-Bekämpfung vereinbar sein. Die Tourismusbranche hat im vergangen Jahr ihr Sicherheitskonzept unter Beweis gestellt.

Wie dürfte es sich auf das Buchungsverhalten auswirken, wenn Urlauber nun auch bei der Rückkehr nach Deutschland einen Test vorweisen müssen?

Das hat sicherlich eine Regulierungsfunktion. Man darf andererseits auch nicht vergessen, dass viele Deutsche hier ihren Zweitwohnsitz aufsuchen.

So mancher Mallorca-Urlauber wird derzeit in Deutschland schief dafür angesehen, dass er trotz Pandemie verreist.

Mallorca hat derzeit eine Inzidenz von weniger als 50 Fällen pro 100.000 Einwohnern, deswegen muss das aus epidemiologischer Sicht kein Risiko sein. Warum sollte ein Urlauber angesichts der strengen Auflagen hier vor Ort das Virus nach Deutschland bringen, zumal es verstärkte Kontrollen bei der Rückkehr gibt? Genauso wenig befürchte ich, dass ein Urlauber das Virus nach Mallorca bringt, schließlich wird von ihm ein PCR-Test verlangt.

Und dann fahren alle Passagiere dicht gedrängt im Bus, der sie vom Flugzeug zum Terminal bringt.

Es gibt sicherlich Aspekte, die wir verbessern können. Unsere Infrastruktur ist aber gut für alle Vorsichtsmaßnahmen ausgelegt.

Großbritannien will Mallorca-Urlauber sogar mit einer Geldstrafe belegen.

Ich denke, das ist eine Strategie, um den Inlandstourismus zu fördern und die eigene Wirtschaft zu retten. Das ist vergangenes Jahr ähnlich gewesen.

Urlauber genießen auf Mallorca mehr Freiheiten als Einheimische, sie dürfen zum Beispiel auch abends im Hotel-Restaurant essen. Und wie will man kontrollieren, dass Gäste eines Hotelzimmers auch aus demselben Haushalt kommen?

Das hat für Verstimmung gesorgt, aber ich denke, das konnte das Tourismusministerium ausreichend erklären. Es ist nur ein weiteres Beispiel für die Widersprüche, die uns die Pandemie beschert. Das ist so seit Beginn der Pandemie, und das wird so weitergehen. Es ist nun einmal das Virus, das regiert. Ich würde nicht so viel Aufhebens darum machen.

Mallorca ist für viele immer noch Synonym für Partytourismus. Welche Zukunft hat er Ihrer Ansicht nach?

Das ist Teil des Images, aber wir fördern mit allen Kräften den Qualitätstourismus. Corona hat es ermöglicht, die Party-Gebiete aus sanitären Gründen zu schließen, und jeder dürfte sich im Klaren darüber sein, dass diese Art von Tourismus nicht wiederkehren sollte. Die Geschäftsleute in Magaluf haben uns vor Kurzem versichert, dass sie auch kein Interesse daran haben und bereit zu einem Wandel sind.

Hilft Corona Mallorca bei diesem Wandel?

Das könnte sein. Während dieses Jahres der Schließung haben betroffene Unternehmer eine Transformation eingeleitet. Die Gelegenheit ist günstig, und bei diesem Prozess werden uns auch die EU-Subventionen helfen.

Braucht es angesichts des Mallorca-Hypes überhaupt Tourismusmarketing?

Ja. Wir müssen daran erinnern, dass es uns gibt, die Insel zauberhaft ist wie immer und dass es hier sicher ist. Es gibt schließlich noch Mitbewerber auf dem Markt.