Osterferien auf Mallorca. Worüber die halbe Bundesrepublik leidenschaftlich diskutierte, brachte einige Zehntausend deutsche Urlauber auf die Insel, die in den wenigen geöffneten Hotels - letztlich waren es rund 13 Prozent aller Häuser - für ein kurzes Aufatmen sorgten. Doch leider war es nur ein kurzes und zeitlich sehr begrenztes Aufflackern. Seit Montag (12.4.) sitzen die meisten Deutschen wieder im Büro respektive im Homeoffice, und die Schüler versuchen herauszufinden, ob sie gerade Präsenz-, Hybrid- oder Heimunterricht haben. Die Ferien sind vorbei, jetzt kommt kaum noch wer. Viele Hoteliers berichten von einem fast kompletten Buchungsstopp.

Zwar war nach den Osterferien auch in den vergangenen Jahren immer ein Nachfrageloch zu spüren. Doch dass es dieses Jahr so drastisch ausfällt, dürfte auch mit den Appellen vieler deutscher Politiker und Meinungsmacher zu tun haben, nicht nach Mallorca zu reisen. Zahlen des Marktforschungsunternehmens Travel Data + Analytics (TDA) belegen, dass das Buchungsvolumen bei Reiseveranstaltern nach den eindringlichen Warnungen der Berliner Politik in der Woche vom 22. bis zum 28. März wieder auf das Niveau zur Zeit der Reisewarnung abstürzte.

Erneut schließen?...

Für etliche Hoteliers bedeutet das: Wir machen lieber wieder zu. Dazu entschlossen hat sich etwa das Steigenberger Hotel & Resort in Camp de Mar. Nach der durchaus positiven Erfahrung zu Ostern hat es wieder geschlossen. „Eine Belegung von 10 bis 15 Prozent ist wirtschaftlich nicht tragbar", sagt dessen Leiterin Britta Beringer. Man hoffe nun, das Haus am 10. Mai wieder öffnen zu können, wenn in Deutschland das Brückenwochenende von Christi Himmelfahrt ansteht.

Das Steigenberger ist mit dieser Entscheidung nicht allein. Laut einer Stellungnahme des mallorquinischen Hoteliersverbandes FEHM von Mittwoch (14.4.) haben noch 17 weitere Häuser auf der Insel wieder die Pforten dicht gemacht. Insgesamt hätten für die Osterfeiertage 52 Hotels auf der Insel zusätzlich geöffnet, heißt es beim Verband.

Das große Problem der Hoteliers: Sie können zurzeit kaum planen. Neue Corona-Wellen, die stockende Impfkampagne, neue Lockdowns, all das ist Gift für die Erholung der Branche. José Marcial Rodríguez, der Vorsitzende der Hoteliersvereinigung Cala Millor, hat schon gar keine Lust mehr auf irgendwelche Bewertungen oder Prognosen, wie durch das Telefon schwer zu überhören ist. Auch die kleinen, familiengeführten Hotels in der Gegend verzeichneten derzeit so gut wie keine Buchungen, sagt er. Neueröffnungen werde es vorerst nicht geben.

... oder durchhalten

Insgesamt 91 Hotels auf Mallorca haben sich laut FEHM gegen die erneute Schließung entschlossen. Dazu gehören etwa fünf kleinere Familienhotels im Norden, die ohnehin den gesamten Winter über geöffnet hätten, wie Isabel Sastre, die Geschäftsführerin der Hoteliersvereinigung Pollença berichtet. Oder aber auch mehrere Häuser der ganz großen Ketten, die nach der Kraftanstrengung zu Ostern trotz des „fast kompletten Stillstands" bei den Buchungsanfragen jetzt nicht wieder die Segel streichen wollen. Jeweils vier weiterhin geöffnete Hotels sind es zum Beispiel bei Iberostar und Allsun.

An der Playa de Palma soll keines der bereits geöffneten Häuser wieder schließen, heißt es beim dortigen Hoteliersverband. Es kommen sogar noch zwei hinzu: Am Donnerstag (15.4.) öffnet die Kette HM mit dem Ayron Park und den Ayron Apartamentos ihre beiden ersten Häuser in dieser Saison. Über Ostern seien die geöffneten Hotels zwischen 65 bis 75 Prozent ausgelastet gewesen, so der Verband. Daten über die Auslastung dieser Woche habe man nicht, sagt die Sprecherin. Dass die Belegung nicht gestiegen sein dürfte, kann man sich jedoch an fünf Fingern abzählen.

Insgesamt prognostiziert der Hoteliersverband FEHM bis Ende April eine durchschnittliche Auslastung von 38 Prozent. Die Frage ist, wie das zu erreichen ist. In der Presse wird über massive Rabatte spekuliert. Doch es gibt eine Schmerzgrenze. Bei Iberostar räume man ohnehin derzeit normale Rabatte von 15 bis 20 Prozent für die kommenden Wochen ein, sagt dessen Verkaufsdirektor Finn Ackermann. Darüber hinaus den Preis noch weiter zu senken, ergebe keinen Sinn. Die Hoteliers würden derzeit ohnehin an der absoluten Rentabilitätsgrenze operieren. „Die Preise noch weiter nach unten zu ziehen, hieße, dass sogar bei guter Belegung des Hotels jeder Gast das Unternehmen Geld kosten würde."

Kein Brite weit und breit

Wer statt von deutschen Urlaubern vor allem von Briten und deren Auslandsreisen abhängig ist, der braucht sich über Preisnachlässe derzeit gar keine Gedanken zu machen. Es ist immer noch unklar, ob die Briten wenigstens ab dem 17. Mai wieder ins Ausland reisen dürfen. So ist in deren Hochburgen auch kaum ein Hotel geöffnet. „Und bis Mitte Juni gehe ich auch nicht davon aus, dass sich daran viel ändern wird. Vorher wird es keine auch nur minimale Erholung der Branche geben", sagt etwa Isabel Sastre vom Hoteliersverband in der Gemeinde Pollença.

Noch düsterer sieht es im Südwesten der Insel aus. Neus Bosch ist Präsidentin der Hoteliersvereinigung Palmanova-Magaluf. Im Gespräch mit der MZ stöhnt sie: „Ich würde ja gerne irgendetwas Positives über die Saisonaussichten sagen, aber es gibt keinerlei Nachrichten, die Mut machen." Es seien nur zwei Häuser offen, die weiteren Aussichten für dieses Jahr äußerst bescheiden. „Vor allem, seit der Veranstalter Jet2 klargestellt hat, dass er bis zum 24. Juni keinerlei Reisen anbietet."

Die Ankündigung des britischen Reiseveranstalters vergangene Woche war tatsächlich ein Schlag ins Gesicht für viele Hoteliers auf Mallorca. Alle bis einschließlich 23. Juni gebuchten Flüge und Hotelaufenthalte werden neuerlich gestrichen und nach hinten verlegt.

Auch Tui Großbritannien rechnet offenbar nicht vor August mit einfacherem Reisen. Bis Ende Juli können Urlauber ihre Reisen kostenlos wieder stornieren. „Die Situation ist wieder genau wie im vergangenen Jahr. Ich komme mir vor wie im Film ,Und täglich grüßt das Murmeltier'", sagt Neus Bosch schon mit einem Ton der Verzweiflung.

Hinzu kommt, dass Großbritannien die Reiseziele im Ausland künftig mit einem Ampelsystem kennzeichnen will. Selbst wenn die Balearen grün, also von geringem Risiko sein sollten, müssen britische Reisende bei der Rückkehr dann einen negativen PCR-Test vorzeigen. Sollten die Inseln in mittleres oder hohes Risiko rutschen, sind neben dem PCR-Test bei der Einreise ein weiterer Test wenige Tage nach der Rückkehr sowie auch eine zehntägige Quarantäne vorgeschrieben. Für Familien könnten aufgrund der Tests leicht Zusatzkosten von 500 Pfund anfallen, rechnen britische Zeitungen bereits vor.

Auf Urlauber aus anderen Ländern, etwa aus Deutschland oder Frankreich zu setzen, sei in der Kürze der Zeit nicht möglich, heißt es in den britischen Hochburgen. „Da braucht es ein, zwei Jahre Vorlauf, man kann nicht innerhalb von ein paar Tagen seine Zielgruppe komplett umstellen", sagt Neus Bosch.

Die Nervosität wächst

Und so ist die Verzweiflung in der Tourismusbranche auf Mallorca groß - auch über die Hoteliers hinaus. Der Verband der Ferienvermieter Habtur beklagt nach einem recht erfreulichen Ostergeschäft - die Belegung hätte bei 60 bis 70 Prozent gelegen - ebenfalls einen „kräftigen Rückgang" der Buchungen. Derzeit seien etwa 50 Prozent der Unterkünfte verfügbar. Vor Juni rechnet auch Habtur nicht mit einer Erholung. Spürbar verbessern dürfte sich die Situation gar erst Ende des Sommers.

Auch anderweitig sorgt die Krise für Nervosität: Die Vereinigung der Fremdenführer der Insel, Pro Guias Mallorca, hat Ende vergangener Woche einen Brief an den Präsidenten der Kanarischen Inseln, Ángel Víctor Torres, geschrieben und darin darum gebeten, dass der Sozialist seiner Amtskollegin Francina Armengol doch bitte nahelegen solle, den Kreuzfahrttourismus auf den Balearen wieder starten zu lassen. Auf den Kanaren verkehren die großen Pötte bereits seit Oktober vergangenen Jahres wieder.