Jaime Martínez ist in zweierlei Hinsicht eine gewichtige Stimme, wenn es um das Thema Tourismus geht. Der Politiker der konservativen Volkspartei (PP) war unter Ministerpräsident José Ramón Bauzá zwischen 2011 und 2015 Tourismusminister und hegt enge Kontakte zu vielen Hoteliers auf der Insel. Daneben führt er die PP in Palma an und will bei den Bürgermeisterwahlen 2023 gegen Amtsinhaber José Hila von den Sozialisten antreten.

Die wichtigste Frage für alle, die mit dem Thema Tourismus auf der Insel zu tun haben: Wie wird der Sommer 2021?

Es kommt immer noch sehr darauf an, wie wir mit den Impfungen vorankommen. Das entscheidet alles. Ich beobachte, wie sich auf der Insel unterschiedliche Unternehmen auf die Saison vorbereiten und bereit sind, Urlauber in sicherem Umfeld zu empfangen. Aber es muss jetzt schnell geimpft werden, damit gerade im Mai ein substanzieller Prozentsatz der Menschen eine Dosis erhält. Wenn das nicht passiert, wird es schwierig.

Wie hat die Pandemie die Branche auf der Insel verändert?

Alle Unternehmen haben Vorgaben wie Sicherheit, offene Räume, mehr Platz für die Gäste längst verinnerlicht. Auch die Themen Homeoffice im Hotel oder Co-Working sind plötzlich da, viele Hotels haben Räume für Arbeitsmöglichkeiten geschaffen, einige sogar in den Zimmern selbst. Inzwischen werden die pandemiebedingten Aspekte bei neuen Projekten berücksichtigt. Man plant größere Gemeinschaftsflächen, um die Abstände zu garantieren, auch die Zimmer werden geräumiger, um Entspannung und Arbeitsmöglichkeiten in einem Raum unterzubringen. Statt einem großen Konferenzraum gibt es etwa mehrere kleinere Räume mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten.

Dafür sind allerdings Investitionen nötig, die nicht alle stemmen können. In einem Interview sagten Sie vor Kurzem, dass Sie überholte Hotels schließen wollen. Was genau verstehen Sie darunter?

Zunächst einmal: Um das durchzuziehen, braucht es eine durchdachte Strategie. Wir müssen sehen, wo wir herkommen: Wir hatten vor der Pandemie sieben, acht sehr gute Jahre, in denen mehr als die Hälfte der Hotels auch investierte, sei es für eine Sanierung oder eine Anhebung der Kategorie. Aber es gibt einen Teil, der das noch nicht gemacht hat. Und innerhalb dieser Gruppe gibt es ein paar Hotels, die aufgrund ihrer Lage oder aufgrund anderer Hindernisse kaum Zukunftsaussichten haben. Diese Häuser sehe ich als obsolet an.

Aber was tun mit den Hotels?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Zum einen könnte man sie abreißen und in Grünflächen innerhalb eines Touristenortes verwandeln. Je nach Lage könnte man aus den Hotels auch Wohnraum machen, für Einheimische wie für Ausländer, die eine Zweitwohnung suchen. Gerade auf Mallorca gibt es auch eine Nachfrage nach einfacheren Wohnungen, nicht nur nach gehobenen Objekten in schicken Urbanisationen. Daneben könnte man Seniorenresidenzen oder betreute Wohngemeinschaften in den Gebäuden einrichten. Auch für solche Angebote gibt es ein großes Interesse auf europäischer Ebene. Ich sehe da ein riesiges Potenzial aufgrund der strategischen Lage von Mallorca.

Wie viele solcher überholten Hotels dürfte es auf Mallorca geben?

Das kann ich nicht sagen. Das müsste man in einer strategischen Analyse angehen. Es ist eine langfristige Aufgabe, das macht man nicht in ein paar Jahren. Ich rechne mit definitiven Ergebnissen in zehn bis15 Jahren. Aber man muss eben auch mal anfangen, das Mallorca der Zukunft anzudenken. Je eher, desto besser.

Zu Mallorca gehört weiterhin die Ferienvermietung: Immer noch gibt es viele Apartments auf Portalen, obwohl die Vermietung an Urlauber verboten ist. Was läuft schief?

Das Problem ist, dass die neuen Regeln, die in den vergangenen Jahren verabschiedet wurden, die Sache komplizierter statt einfacher gemacht haben. Vor allem die Zonenregelungen sorgen für Verwirrung. Man müsste das Thema noch einmal neu ordnen und klären. Und die öffentliche Hand muss in den Gebieten auch wieder investieren.

Aber ist es nicht vernünftig, die Erlaubnis der Ferienvermietung nach Zonen aufzuteilen? Schließlich unterscheiden sich die verschiedenen Gegenden der Insel zum Teil wesentlich voneinander.

Ich glaube, wir müssen noch kleinräumiger vorgehen, viel genauer in die einzelnen Gemeinden hineinschauen. Eine generelle Regelung für Mallorca ist sicher falsch, aber auch eine generelle Regelung nach Zonen. Es bräuchte Untersuchungen, wie die Wirklichkeit in jeder Gemeinde aussieht.

Was meinen Sie mit Investitionen der öffentlichen Hand? Wie könnten sie das Problem verringern?

Ein Eigentümer vermietet ja nur seine Wohnung, wenn er dafür auch gute Einnahmen bekommt. Wenn klar ist, dass in einem bestimmten Gebiet mehr Wohnraum nötig ist - zur Miete oder zum Verkauf -, dann könnte die öffentliche Verwaltung in die Infrastruktur, also in das Viertel selbst investieren oder steuerliche Anreize schaffen für diejenigen, die Wohnungen über lange Zeit vermieten. Wenn man also mit politischen Entscheidungen erreicht, dass in bestimmten Gebieten eine Langzeitvermietung rentabel ist, dann führt das dazu, dass es dort keine Ferienvermietung gibt. Ich halte es für aussichtsreicher, Anreize zu schaffen, als einfach zu verbieten. Man kann das Thema Wohnraum für Einheimische und Ferienvermietung nicht getrennt angehen.

Sie vertreten offensiv die Auffassung, dass es den Menschen dank des Tourismus auf Mallorca gut geht. Gleichzeitig haben viele Schwierigkeiten, eine Wohnung zu bezahlen, unter anderem weil aufgrund der Beliebtheit der Insel die Preise so hoch sind. Wie passt das zusammen?

Es ist nun mal so, dass 80 Prozent der Wirtschaftsleistung mit dem Tourismus zusammenhängen, also ist klar, dass wir damit Geld verdienen. Gleichzeitig muss die Politik zum Ziel haben, Wohnraum für die Einheimischen zu schaffen. Das ist eine Verpflichtung. Und ich rede da nicht von Sozialwohnungen. Die Politik muss erreichen, dass es wieder bezahlbare Wohnungen auf dem Markt gibt - ob Neubau oder durch Umwidmung von Gebäuden, die bisher anderweitig genutzt werden.

Sie sind Spitzenkandidat für die PP bei den Bürgermeisterwahlen in Palma 2023. Ist das Wohnungsproblem Ihr Schlüsselthema?

Ohne Zweifel wird das ein zentraler Aspekt meiner Kandidatur, denn dieses Problem wird mit der derzeitigen Politik nicht gelöst. Es gibt ja Studien, die aufzeigen, wie man Wohnraum schaffen könnte, etwa mit einer veränderten Raumordnungspolitik. Aber die Erkenntnisse dieser Studien muss man eben auch in der politischen Arbeit anwenden.