"Leinen los!", heißt das Kommando zum Ablegen. Ein Ruf, der seit Donnerstag (3.6.) im doppelten Sinne an Palmas alter Mole zu hören ist. Dort findet nach der Corona-Zwangspause im vergangenen Jahr bis einschließlich Sonntag (6.6.) erneut die International Boat Show statt, die größte Publikums- und Fachmesse auf den Balearen sowie eine der bedeutendsten Outdoor-Ausstellungen für die Yacht- und Wassersportbranche in Spanien und Europa. „Die Yachtindustrie ist für unsere Region von enormer wirtschaftlicher Bedeutung", ließ Landes-Vizepräsident Juan Pedro Yllanes daher auch als Erstes bei der Vorstellung der Messe verlauten. Rund 560 Millionen Euro Umsatz pro Jahr sowie mehr als 5.000 Arbeitsplätze generierten die etwa 2.000 auf den Balearen ansässigen Branchenunternehmen. Und die Bootsmesse in Palma, so Yllanes weiter, sei der jährliche Showroom dieses einträglichen Business aus Yachtbrokerage, Bootscharter, Werftarbeit, Zubehörlieferung, Liegeplatzverleih, Wassersportanbietern und Bootsfahrschulen.

Im Vergleich zu ihrer letzten Ausgabe 2019 hat sich auf der Palma Boat Show scheinbar nicht viel geändert. Sowohl der Standort am Paseo Marítimo gegenüber der ehemaligen Seehandelsbörse als auch die Ausstellungsfläche von rund 80.000 Quadratmetern auf dem Wasser und an Land sind gleich geblieben. Die Zahl der Aussteller hat sich in diesem Jahr, und angesichts der anhaltenden Corona-Flaute, von zuvor 270 auf 227 Firmen ebenfalls nicht in einem überraschenden Maße verändert. Etwas anders sieht es mit der Zahl der ausgestellten Yachten und Boote aus. Sie schrumpft im Vergleich zu 2019 von 300 auf knapp 190.

Die größte Yacht ist der Zweimast-Schoner „Borkumriff IV" mit einer Länge von knapp 51 Metern. Name und Klassenbezeichnung legen möglicherweise die Vermutung nahe, dass es sich um einen Oldtimer handeln könnte. Weit gefehlt. Der 2002 in Holland vom Stapel gelaufene Segler zählt vielmehr zu den exklusivsten Superyachten in Europa. In Palma wird das Schiff vom internationalen Brokerunternehmen Burgess Yachts zum Verkauf angeboten. Preis: etwa 15 Millionen Euro.

Die „Borkumriff IV" gehört zu den über 80 Yachten auf der „Palma Superyacht Show", einem eigenen, seit 2013 in der Messe integrierten Ausstellungsbereich. Neben luxuriösen Motor- und Segelyachten zum Kauf oder Chartern finden sich dort auch Unternehmen, die sich auf die Reparatur und Instandhaltung (Refit) sowie andere Serviceleistungen für Boote im XXL-Format spezialisiert haben. Dass sie auf der Messe in Palma so üppig vertreten ist, hat seinen Grund. Mallorca gilt längst als einer der größten Refit-Stützpunkte für Super- und Megayachten im westlichen Mittelmeer.

Palmas Boat Show zeigt in diesem Jahr allerdings einen neuen Trend auf: So kommt es offensichtlich nicht mehr nur auf die Länge an. Im Gegenteil. „Klein, aber fein" heißt vielmehr das Motto. Superyachten werden daher zu Pocket-Superyachten geschrumpft. Wie die aussehen, zeigt beispielsweise Aussteller Marivent Yachts mit Firmensitz in Port Adriano. „Der Mehrzahl von Yachteignern auf Mallorca geht es eigentlich nur darum, in Begleitung möglichst vieler Gäste ein paar Stunden aufs Meer zu fahren, einen Badestopp in einer Bucht einzulegen, möglichst komfortabel den Tag an Bord zu ­verbringen, um anschließend wieder nach Hause zu fahren", weiß Manager André Nelles. „Außerdem möchten viele Eigner auch gern selbst mal am Ruder stehen. Das ist auf Yachten mit Bootslängen von mehr als 30 Metern Länge ohne Profi-Skipper und Crew aber nicht möglich." Sein Unternehmen verkauft aus diesem Grund Motoryachten von überschaubarer Größe, die ohne kostspielige Be­satzung manövriert werden können, aber ­dennoch das Platz- und Komfortangebot einer ­Präsidentensuite im Hilton bieten. Typische Vertreter solcher Superyachten im „Hand-­Format" sind die von Marivent Yachts vertriebenen „Sherpas" der italienischen Yachtwerft Arcadia, die in Palma erstmals zur Schau stehen.

Zeitgleich mit der Messe findet unter dem Namen „Balearic Yacht Show" eine virtuelle Ausstellung im Internet statt. Besucher können dort bis zum 6. Juni an täglichen Video-Konferenzen zu branchenrelevanten Themen teilnehmen. So geht es unter anderem um neue Networking-Konzepte der Yachtindustrie, steuerliche und rechtlichen Vorgaben für Charterunternehmen, nachhaltiges und umweltverträgliches Yachtmanagement oder Ausbildungsmöglichkeiten für Skipper und Crewpersonal. Zu Wort kommen dabei Experten aus Wirtschaft, Politik und Umweltschutz.

Natürlich steht die Palma Boat Show auch im Schatten der Pandemie. Entsprechend streng fallen die Sicherheits- und Hygienevorschriften für Besucher und Aussteller aus. Oder anders gesagt: Einfach kurz mal auf der Messe vorbeischauen ist nicht! Das macht sich bereits an den deutlich gestiegenen Eintrittspreisen bemerkbar. 2019 kostete ein Tages­ticket 4 Euro pro Person. Für Kinder unter 14 Jahren war der Messebesuch frei. Wer die Messe dieses Jahr besuchen will, muss 10 Euro abdrücken. Und seine Kids - egal welchen Alters - am besten zu Hause lassen, um für sie nicht ebenso viel zu zahlen. Tickets - egal ob Tageskarten (wahlweise vor- oder nachmittags) oder Messe-Flatrate-Ticket (50 Euro) - können ausschließlich und nach vorheriger Registrierung online erworben werden. Aber selbst das dürfte niemanden aufhalten, eine 15 Millionen Euro teure Segelyacht zu kaufen.

www.boatshowpalma.com