Keine Frage: Die Fischerei auf den Mallorca und den Nachbarinseln ist seit Jahren ein hartes Metier. Globaler Wettbewerb und Umweltschutzauflagen machen den Fischern das Alltagsgeschäft schwer. Eine neue EU-Verordnung könnte nun - so die Befürchtung der Fischer - dafür sorgen, dass Teile der Branche bald ganz aufgeben müssen. „Wir sind die ewigen Sündenböcke", schimpft Domingo Bonnín, Vorsitzender des Zusammenschlusses der Fischereiverbände auf den Balearen. Und kündigt für Freitag (4.6.) einen Streik der Branche an.

Konkret dreht sich der Unmut der pescadores um den neuen Mehrjahresplan zum Fischereimanagement (MAP), den die Europäische Kommission auf den Weg gebracht hat. Dieser soll - wie auch vorherige Richtlinien - die nachhaltige Nutzung der Fischbestände in Europa gewährleisten. Das allein ist nicht neu, schon seit Jahren wird die europäische Fischereipolitik federführend von der EU gesteuert. Doch die neuen Vorgaben des MAP hätten es in sich, schimpfen Fischer auf den Inseln sowie auch im Rest Spaniens.

Auf den Balearen seien in erster Linie die 33 Schleppnetz-Kutter betroffen, die immerhin 60 Prozent des Fangvolumens der Inseln ausmachen, so Bonnín. Bisher waren diese rund 225 Tage im Jahr in See gestochen, seit 2020 erlaubte die EU nur noch rund 200 Tage. Der neue MAP plant für das Jahr 2021 nun eine weitere Reduzierung von 7,5 Prozent und behält sich vor, diese bis 2025 auf 40 Prozent auszuweiten. Dann wäre es den Schleppnetzfischern nur noch an 160 Tagen im Jahr erlaubt, ihrer Arbeit nachzugehen. „Wenn du einem Unternehmen 40 Prozent seiner Einnahmen entziehst, dann ist das gravierend", so Bonnín.

Ein weiterer Kritikpunkt, den die Balearen-Fischer anführen, ist die geplante Ausweitung der Meeresgebiete, in denen die Schleppnetzfischerei untersagt werden soll. Schon im vergangenen Jahr waren diese Gebiete auf einen Teil des Menorca-Kanals zwischen Cala Ratjada und der Nachbarinsel sowie auf weitere Gewässer rund um Cabrera ausgedehnt worden. Der neue MAP kündigte nun weitere Tabu-Zonen um die Balearen an, die allerdings noch konkretisiert werden müssen.

Und nicht zuletzt sorgen auch die Klauseln im neuen MAP für Empörung, die sich mit den Vorschriften der Fangtechnik der Schleppnetzfischerei beschäftigen. So soll künftig die minimale Breite der Maschen im Netz vergrößert werden und variieren, je nachdem, auf welche Fischart die Fischer gerade aus sind. Beim Garnelenfang beispielsweise sind breitere Maschen erlaubt als bei Goldmakrelen. Die Idee dahinter ist einleuchtend: So soll verhindert werden, dass unnötig viele Jungfische versehentlich im Netz hängen bleiben, für die ohnehin ein Fangverbot gilt. „Diese Maßnahme ist im Atlantik sinnvoll", findet auch Domingo Bonnín. „Aber im Mittelmeer, wo wir uns bei der Ausfahrt nie auf nur eine spezielle Fischart spezialisieren, bringt sie nur Ärger. Hier setzen wir immer auf mehrere Fischarten. Mit den neuen Bestimmungen werden wir nun einige ausgewachsene Fische gar nicht mehr fangen können." Tatsächlich ist es wohl vor allem diese Vereinheitlichung im MAP zu sein, die den Zorn der Fischer schürt. „Brüssel bringt Regelungen auf den Weg, ohne das geringste Wissen über die Eigenheiten der Situation auf den Balearen zu haben."

Gleichzeitig scheint es, dass die neuen Bestimmungen ein Fass zum Überlaufen bringen, dessen Pegel schon lange stetig ansteigt. „Wir haben seit Jahren immer alles mitgemacht, was uns auferlegt wurde, obwohl wir von der Hand in den Mund leben", so Bonnín. Vor allem die Schleppnetzfischer fühlten sich aufgrund der Verbote und Kontrollmechanismen wie Kriminelle, die sich nicht an Regeln halten und denen unterstellt werde, dass ihnen Umweltschutz und Nachhaltigkeit gleichgültig seien. „Doch bei solchen Bewertungen orientieren sich alle immer an Beispielen riesiger Schleppnetzflotten im Atlantik, die ungleich größer sind als unsere."

Untätigkeit kann man Mallorcas Schleppnetzfischern tatsächlich nicht vorwerfen. Anfang des Jahres hatte der Fischereiverband von Cala Ratjada angekündigt, bis April alle Schleppnetzboote im Ort mit nachhaltigen Fangmechanismen auszustatten. Auch balearenweit bewarben sich in den vergangenen Monaten mehrere Bootseigentümer beim regionalen Fischereiministerium um Subventionen für die Umrüstung ihrer Kutter auf die sogenannte halbpelagische Fangmethode. Diese gilt als umweltfreundlicher und „weniger aggressiv", da die Netze nicht direkt über den Meeresboden schleifen. Die Landesregierung verspricht, den Fischern einen Teil der Kosten mittels des europäischen Regionalförderfonds FEMP zu erstatten. Im Gespräch mit der MZ bewertet ein Experte der Umweltschutzorganisation Greenpeace aber auch die halbpelagische Fangmethode als „schädlich" für Flora und Fauna im Meer und spricht sogar von Greenwashing.

Hintergrund: Neue Fischfangmethode in Cala Ratjada: Fortschritt oder Greenwashing?

So oder so - die Geduld der Fischer ist sichtlich überstrapaziert. Spanienweit kündigten Fischereiverbände Streiks und Proteste gegen die EU-Politik an. An einem landesweiten Streik am Freitag (4.6.) werden sich auch die balearischen Fischer beteiligen, bekräftigt Domingo Bonnín.