Die Liste der Geschädigten ist lang. Auf Mallorca und in Deutschland sollen etwa 100 Anleger einen Teil ihres Vermögens zumindest einstweilen verloren haben, nachdem sie sich an der "Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH" in Form von sogenannten vinkulierten Namens-Genussrechten, atypisch stillen Beteiligungen und Inhaberschuldverschreibungen beteiligt haben.

Der Rheinländer Gernot Ramrath eröffnete 2016 ein Büro in Llucmajor, wo er unter anderem ­Investmentprodukte verkaufte und Renditen zwischen drei und sieben Prozent versprach - in Zeiten wie diesen ein verlockendes Angebot. Zahlreiche Deutsche, viele davon Residenten auf Mallorca, trugen einen Teil ihrer Ersparnisse zu Ramrath. Und ein beträchtlicher Teil von ihnen wartet nun bereits seit Jahren auf die versprochenen Zinsen - und zusätzlich dazu auf die angelegten Summen, die die Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH ebenfalls in vielen Fällen nach Ablauf der ­Verträge bisher nicht ausgezahlt hat.

"Totalverlust" nicht ausgeschlossen

Inzwischen gibt es in Deutschland mehrere rechtskräftige Urteile, nach denen die Gesellschaft von ­Ramrath seinen Kunden rund 360.000 Euro schuldet. Es wird davon ausgegangen, dass der Gesamtschaden diese Summe bei Weitem übersteigt. Gernot Ramrath selbst bestreitet im Gespräch mit der MZ die Vorwürfe nicht, gibt die Schuld aber weiter. Die Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH habe Kapitalanlagen emittiert, die in eine große Position von fünf Millionen Euro investiert worden seien. Diese sei nun „notleidend". Außerdem seien sich die Kunden darüber im Klaren gewesen, dass bei ihrer Anlage auch der „Total­verlust" drohen könne.

Bei der MZ haben sich im Lauf der vergangenen Wochen und Monate mehrere Anleger gemeldet, denen die Gesellschaft von Ramrath Geld schuldet. Viele von ihnen sind sauer auf den Finanzberater, der ein oder andere bezeichnet ihn als „Verbrecher". Unter den Anlegern sind auch Betroffene, die um eine sechsstellige Summe kämpfen - und wie Franz Köhler (Name geändert) wenig Hoffnung haben, ihr Geld wiederzusehen. Köhler hatte nach eigener Aussage mehrfach bei der Ramrath Vermögensberatung & verwaltungs GmbH investiert, was zunächst gut funktionierte. Ende 2018 sei dann ein Vertrag fällig geworden, der ihm ohne Zinsen ausgezahlt worden sei. „Ramrath sagte mir, er wolle erst die Bilanz der Firma abwarten, ob er die Zinsen zahlen könne", sagt Köhler.

Nicht mehr telefonisch zu erreichen

Im Jahr darauf sei ein weiterer Sparvertrag von knapp 50.000 Euro ausgelaufen, der im Juli 2020 hätte ausbezahlt werden sollen. „Das ist nicht passiert." Im Dezember 2020 sei nun ein weiterer großer Vertrag über eine sechsstellige Summe ausgelaufen. „Auch den wird er mir zum fälligen Zeitpunkt im Juli nicht zurückzahlen", ist sich Köhler sicher. Die Gesellschaft von Ramrath soll ihm bereits über 260.000 Euro schulden. Ans Telefon gehe der Finanzberater schon länger nicht mehr. Auch andere Betroffene berichten, dass sie Ramrath nicht erreichen können. Auf die Anfrage der MZ hin meldete er sich allerdings nach nicht einmal zwei Stunden zurück.

Unterdessen beschäftigt der Fall das ­Landgericht Duisburg. Dort sind laut dem ­Pressesprecher Henning Bierhaus in den vergangenen Monaten vier Urteile gegen ­Ramraths Gesellschaft ergangen, drei davon sind rechtskräftig. Zwei weitere Klageschriften befinden sich auf dem Weg zu Ramrath, der in Wesel am ­Niederrhein zunächst als Finanzberater begonnen hatte, ehe er im Lauf der Zeit auch ­Versicherungen ins Portfolio mit aufnahm.

Gegenüber der MZ zeigt Ramrath Verständnis für die Wut der Anleger. „Ich habe die Forderungen an die Ramrath Vermögensberatungs & -verwaltungs GmbH akzeptiert, die Klagen sind nachvollziehbar." Ramrath fügt an, dass seine Gesellschaft die Forderungen den Kunden "jederzeit schriftlich in Form von Kontoauszügen bestätigt" habe. Deshalb habe er auch keinen Einspruch gegen die Urteile eingelegt. Ja, nicht einmal erschienen waren er oder ein Anwalt bei zwei Prozessen, nach denen nun Versäumnisurteile ergangen sind.

Die Sache mit der Finca

Ramrath sagt, dass es nicht an seiner Gesellschaft hängt. Der springende Punkt ist ganz offensichtlich ein Investitionsobjekt in Llucmajor. Die Ramrath Vermögensberatungs & -verwaltungs GmbH hatte Anfang 2017 das Projekt „Finca Cataleya" begonnen. Der Plan war, aus der Finca ein luxuriöses Landhotel für Radsportler und Golfer zu machen. Dafür, so sagt Ramrath, investierte die Gesellschaft einen Teil der Kundengelder, so wie sie auch in andere Immobilienprojekte investierte, um die versprochene Rendite zu erreichen. Doch das ­Finca-Projekt endete jäh. Es kam zu Zerwürfnissen mit dem Eigentümer, ebenfalls einem Deutschen. Ramrath wirft ihm vor, Geld veruntreut zu haben, weshalb seine Gesellschaft vom Finca-Besitzer einen Millionenbetrag zurückfordert.

Die Auseinandersetzung läuft derzeit vor Gericht. In der ersten Instanz habe er bereits recht bekommen, so Ramrath, nun liege die Sache nach der Berufung des Eigentümers beim Oberlandesgericht in Palma. „Wenn Corona nicht dazwischengekommen wäre, wäre das Urteil wahrscheinlich schon Anfang 2020 gesprochen worden", sagt Ramrath. So verzögere sich nun alles. Der Eigentümer der Finca selbst rechnet damit, dass er eine erhebliche Summe an Ramrath zahlen muss, sollte es zu einem Urteil gegen ihn kommen. Das sagt er der MZ. Er habe erfolglos einen Vergleich mit Ramrath angestrebt.

Die Finca Cataleya brachte die Gesellschaft von Ramrath auch anderweitig in Bedrängnis. Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentralen verklagte die Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH erfolgreich vor dem Landgericht Duisburg. Die Marktwächter hatten geltend gemacht, dass die Firma sich nicht an die gesetzliche Prospektpflicht hielt sowie mit irreführenden Angaben warb. Die Gesellschaft von Ramrath hatte für die Finca-Investition nach Ansicht des Gerichts keinen Verkaufsprospekt aufgelegt. Ramrath argumentierte damals, dass bei einer Mindestinvestitionen von über 100.000 Euro keine Prospektpflicht gegeben sei.

Aus Angeboten, die die Ramrath Vermögensberatungs & -verwaltungs GmbH Interessenten gemacht hatte, geht allerdings hervor, dass die Gesellschaft auch Anlagesummen unterhalb dieser Grenze akzeptierte. Außerdem war in der Werbung für das Projekt die Rede davon, dass man als Anleger eine „grundbuchliche Absicherung" bekomme, was nicht der Fall war. Auch diese Unregelmäßig­keiten räumt Ramrath ein, gibt die Schuld aber einer Kanzlei, die für den Werbetext verantwortlich zeichnete. Außerdem sei die Werbung nur wenige Wochen im Umlauf gewesen, bis sie zurückgezogen wurde.

Das befand die BaFin

Auch bei der Bundesanstalt für ­Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin ist die Gesellschaft von Ramrath im August 2019 auf dem ­Radar aufgetaucht - ebenfalls aufgrund der Finca Cataleya. Die Bafin hat, so steht es auf deren Website nachzulesen, „der Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH, Wesel, mit Bescheid vom 23. August 2019 aufgegeben, das ohne Erlaubnis betriebene Einlagengeschäft sofort einzustellen und die unerlaubt betriebenen Geschäfte abzuwickeln". Weiter heißt es: „Die Abwicklungsanordnung verpflichtet die Ramrath Vermögensberatung & -verwaltungs GmbH, die angenommenen Gelder unverzüglich zurückzuzahlen."

Die Gelder könne die Gesellschaft aber nicht zurückzahlen, ehe nicht der Prozess gegen den Eigentümer der Finca Cataleya beendet sei, sagt Ramrath. Er habe keine Einwände gegen die Rüge der Bafin, sondern habe stets kooperiert und alle Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Mit den Mitarbeitern überworfen

Die MZ konnte auch mit ehemaligen Mitarbeiterinnen von Ramrath auf Mallorca sprechen. Diese bestätigen die Beobachtung der Anleger, dass die Geschäfte bis Mitte 2018 sauber abgelaufen seien. Danach allerdings seien nach und nach immer mehr Unregelmäßigkeiten aufgetaucht. Ramrath schulde auch den früheren Mitarbeiterinnen teilweise noch hohe Provisionszahlungen. Das bestreitet Ramrath und berichtet seinerseits von fünfstelligen Forderungen der Gesellschaft und ihm persönlich gegen ehemalige Mitarbeiterinnen.

Eine ehemalige Mitarbeiterin organisiert das Vorgehen gegen Ramrath in Deutschland und steht mit vielen der Geschädigten in Verbindung. Sie berichtet der MZ, dass ein weiterer Anleger nun zwei Detektive auf die Insel geschickt habe, die in der Causa Ramrath Ermittlungen anstellen sollen. Auch eine versuchte Pfändung eines deutschen Kontos von Ramrath habe es vor Kurzem gegeben, die aber scheiterte. Ramrath sagt: „Auf einem Girokonto hat die Gesellschaft kein Geld liegen. Diese muss ja investieren, um den Anlegern Rendite zu ermöglichen." Denn seine Geschäfte betreibt der Finanzberater trotz allem erst einmal weiter.