Maria Frontera ist seit Januar 2018 Präsidentin der einflussreichen mallorquinischen Hoteliersvereinigung FEHM. Zum Interview lädt sie per Videocall aus dem Restaurant ihres Hotels Marina Port de Sóller. Zwischendurch muss sie immer wieder Anweisungen an Angestellte erteilen. Die ständigen Änderungen der Reiseregeln in Deutschland und Großbritannien zehren an den Nerven der Unternehmer.

Die Reisebestimmungen ändern sich beinahe wöchentlich. Vor allem für deutsche Familien bedeutet die Einstufung zum Hochrisikogebiet mehr Schwierigkeiten beim Reisen. Die Briten haben immerhin bis Ende August die Gewissheit, dass die Balearen auf der Covid-Ampel im gelben Bereich bleiben. Wie antworten die Familien in den Hotels auf Mallorca auf diese Situation?

Wir erwarten vor allem vom britischen Markt eine positive Antwort. Im deutschen Markt haben wir bemerkt, dass trotz einer guten Erreichbarkeit per Flugzeug – da sind wir bei rund 75 Prozent des Vor-Corona-Niveaus – nur etwa 59 Prozent der Sitzplätze besetzt sind. Die Auslastung der Flugzeuge hat also nach der Hochstufung der Balearen zum Hochrisikogebiet spürbar nachgelassen, denn vor wenigen Wochen waren wir noch bei 80 Prozent.

Was bekommen Sie in den Hotels mit, wie reagieren die Familien?

Weil die Unsicherheit inzwischen schon dazugehört, lesen viele Familien Informationen über die aktuellen Nachrichten und Bestimmungen in ihrem Heimatland, wollen dann aber im Gespräch mit uns diese Infos häufig noch einmal bestätigt bekommen. Sie brauchen diese persönliche Versicherung, dass hier alles geöffnet ist, dass ein sicherer Urlaub möglich ist. Oder auch, wie das mit den Tests abläuft, dass es genügend Testmöglichkeiten gibt. Wir haben auf Mallorca eine regelrechte Flut an Mails und Anrufen von Familienurlaubern. Aber wir merken, dass die Leute vor allem dann trotzdem kommen, wenn wir die Informationen auf eine unaufgeregte Art und Weise stringent und möglichst einfach kommunizieren. Auch die Airlines geben viel Information, welche Dokumente mitgenommen werden müssen. Das hilft uns sehr. In diesem Zusammenhang fordern wir auch weiterhin rigorose Kontrollen im Flughafen, denn das beruhigt speziell die Familien sehr. Wenn man ihnen erklärt, wofür die Kontrollen da sind und wie wichtig sie sind, dann haben sie Verständnis. Auch wenn sie dafür vielleicht mal 15 oder 30 Minuten in einer Schlange an der Kontrolle stehen müssen. Gerade im Vergleich zu anderen Regionen sind wir auf den Inseln rigoroser, was der Destination einen Mehrwert verleiht.

Was hat der Familienurlaub für die Hotels auf Mallorca für eine Bedeutung?

Ich kann keine genauen Prozentzahlen nennen, aber natürlich ist der Sommer die Zeit des Jahres, in der die meisten Familien auf den Balearen Urlaub machen. Vom Beginn bis zum Ende der Sommerferien in den verschiedenen Bundesländern sind Mallorca und die Nachbarinseln stets eines der bevorzugten Reiseziele deutscher Familien. Deshalb betrifft uns jede Änderung der Reisebestimmungen sehr, vor allem Hotels, die sich auf diesen Sektor spezialisiert haben. Sie mussten sich in den vergangenen Monaten ständig anpassen und umdenken, um auch für andere Urlaubergruppen attraktiv zu werden. Diejenigen, die zu einer Kette gehören, haben es da einfacher. Aber Familienhotels leiden darunter sehr. Zum Glück haben wir in den vergangenen Monaten den innerspanischen Tourismus mehr für uns entdeckt.

Wie gehen die Hotels vor, um andere Zielgruppen anzusprechen?

Sie versuchen, ihre Tarife on- und offline zu optimieren. Und sie versuchen, ihre Angebote noch zielgerichteter zu verbreiten. Wer nur einen Teil der Zimmer für Familien vorsieht, der hat es einfacher. Aber wer sein komplettes Hotel auf Familienurlaub ausgelegt hat, der muss andere Märkte ansprechen, so etwa den französischen oder den skandinavischen. Aber wir alle müssen uns in diesem Jahr ohnehin immer wieder neu erfinden.

Die MZ berichtete jüngst über einen Hotelier in Cala Ratjada, der nicht wusste, wohin mit positiv getesteten Urlaubern. Lässt die Regierung hier die Hoteliers allein?

Nein, ganz und gar nicht. Dieser Fall ist mir nicht bekannt, und es muss ein Einzelfall sein. Es gab eine kurze Zeit, in der die Fallzahlen auf der Insel explodierten, aber nur ein Covid-Hotel geöffnet war. Das Hotel war nie komplett voll, denn es gab trotz allem sehr wenige Fälle von positiv getesteten Urlaubern in Hotels. Aber wir haben dann trotzdem darauf gedrängt, dass ein zweites Hotel aufmachen müsste. Zusätzlich hat die Regierung 120 weitere Soldaten eingestellt zur Nachverfolgung der Infektionsketten. Das läuft inzwischen sehr gut. Es ist ja einiges zu beachten, es sind einige Schritte, bis ein Urlauber in ein Covid-Hotel kommt. Da kann es auch mal drei Tage dauern, bis der Infizierte tatsächlich in der Quarantäneunterkunft ankommt. Aber niemals länger.

Alltours hat angekündigt, ab Ende Oktober nur noch Geimpfte und Genesene in die Hotels zu lassen, so auch auf Mallorca. Ist eine Impfpflicht auch in anderen Häusern zu erwarten?

Wir sprechen hier über etwas, das noch fast drei Monate hin ist. In dieser Pandemie kann man nicht mehr als zwei Wochen vorausplanen. Aber klar ist: Wir werden keine eigenen Kriterien anwenden, sondern das, was die Behörden anordnen. Auf dem Festland ist das etwas anderes. Da muss man vielleicht selbst aktiv werden. Aber hier, wo alle Gäste entweder am Flughafen oder am Hafen ankommen und dort gründlich kontrolliert werden, ist das nicht nötig. Bis Ende Oktober haben die meisten Menschen sowieso ihr Impfzertifikat. Deswegen dürfen wir mit solchen Ankündigungen keine Verwirrung in den Quellmärkten verursachen.

Sie schließen also aus, dass eine Impfung nötig ist, um in einem Hotel abzusteigen?

Ich weiß doch gar nicht, ob Ende Oktober die Hotels überhaupt noch offen sind. Alltours wird festgestellt haben, dass die meisten Leute, die derzeit reisen, ohnehin bereits das Impfzertifikat besitzen.

Sie haben kritisiert, dass in der Corona-Krise aus Madrid noch kein Euro an Unterstützung für die Branche angekommen ist. Für wann erwarten Sie die ersten Zahlungen?

Sie wurden im März angekündigt, und Anfang August ist noch nichts passiert. Zunächst hatte es geheißen, dass rund 33.000 Unternehmen Zugang zu den Hilfen haben würden. Aber nur etwa 11.000 Betriebe konnten die Hilfen beantragen. Die Kriterien für die Beantragung wurden nicht an die Situation angepasst, die wir auf den Inseln haben. Nun sagt man uns, dass vielleicht Ende August die Zahlungen losgehen könnten. Aber es gibt nach wie vor noch viele Fragezeichen.

Macht es Sie und Ihre Hotelierskollegen wütend, das vor allem junge Leute mit ihren Trinkgelagen die Corona-Zahlen derart in die Höhe getrieben haben?

Wut ist ein zu heftiges Wort. Man muss die jungen Leute auch verstehen. Sie dachten, es sei jetzt wieder die Zeit, Spaß zu haben. Aber klar, man kann auch Spaß haben, ohne sich und andere zu gefährden. Die jungen Leute empfingen die Botschaft, dass sie sich wieder treffen könnten, die Maskenpflicht fiel zur selben Zeit. Aber wir haben dazugelernt, es wird kontrolliert, und die Strafen wurden erhöht.