Wer diesen Sommer mit offenen Augen und Ohren auf Mallorca unterwegs ist, dem ist es nicht verborgen geblieben: Auf der Insel wimmelt es nur so von Franzosen. Allenthalben wird Französisch auf der Straße gesprochen, in vielen Orten wie in Deià, Pollença oder auch im Südwesten der Insel scheinen die Franzosen in diesem Jahr die Mehrheit der Urlauber zu stellen. Dazu kommen zahlreiche Autos mit französischen Kennzeichen. Doch trügt der Schein vielleicht? Nein, findet zumindest die nette Dame aus der Touristeninformation in Port de Pollença. Sie habe dieses Jahr sehr viele Fragen von französischen Urlaubern zu beantworten. „Wir hatten traditionell vor allem Briten hier im Norden. In diesem Jahr setzt sich aber der Trend aus den Vorjahren fort, dass sehr viele Franzosen kommen.“

Auch der französische Honorarkonsul auf Mallorca, Michel Magnier, berichtet der MZ, sein Konsulat sei geradezu „überrannt worden“ von Urlaubswilligen aus Frankreich, die bei ihm die aktuellen Informationen zu den Reisebestimmungen für die Balearen abfragten. Auch er höre seine Muttersprache in diesem Jahr in allen Ecken von Mallorca, bestätigt Magnier. Allerdings verfüge er nicht über genaue Zahlen, die seinen Eindruck untermauern könnten.

Diese Zahlen hat das spanische Statistik-Institut INE. Den Daten nach sind die Franzosen in diesem Jahr die größte Urlaubergruppe in Spanien, noch vor Deutschen und Briten. So kamen in den ersten sechs Monaten des Jahres rund 1,19 Millionen Franzosen zum Urlaub nach Spanien. Deutsche waren es 1,17 Millionen. Und auch wenn viele von ihnen mit dem Auto nach Katalonien fuhren, haben einige von ihnen per Schiff auf die Balearen übergesetzt oder sind gleich im Flieger gekommen. Laut den INE-Daten kamen im ersten Halbjahr 2021 rund 107.500 Franzosen auf die Inseln. Vor der Pandemie belegten die Franzosen den sechsten Platz bei den Balearen-Urlaubern, inzwischen liegen sie auf dem dritten Rang.

Diese Entwicklung, die bereits seit einigen Jahren zumindest spürbar ist, hat ihre Gründe. Zum einen befand sich Frankreich bis zum 19. Mai in einem mehr oder weniger strengen Lockdown, und bei den Menschen hatte sich laut Honorarkonsul Magnier eine unbändige Reiselust angestaut. Dazu kommt, dass die französische Regierung die Balearen nicht als Risikogebiet etikettierte, wodurch die Reise nicht zusätzlich erschwert wurde. Gleichzeitig habe Präsident Emmanuel Macron seine Landsleute aufgerufen, möglichst keine zu weit entfernten Reiseziele anzusteuern. Viele Franzosen nahmen deshalb offenbar Abstand von ihren gewohnten Trips nach Tunesien oder auch Marokko, was wiederum die Reiseveranstalter dazu bewegte, speziell die Balearen im heimischen Markt zu bewerben.

Die neue Liebe der Franzosen zu Mallorca ist kein Zufall, so Joana Leal, Sprecherin der Vereinigung PIAF auf Mallorca. Die Abkürzung steht für Plateforme d’Information et d’Accompagnement des Francophones und will Franzosen, Belgiern sowie Schweizern Starthilfe auf Mallorca geben. Auch ein Unternehmerverband ist PIAF angeschlossen. Leal sieht in der erwachten Mallorca-Begeisterung der Franzosen vor allem die erfolgreichen Bemühungen des Inselrats, in Frankreich für Mallorca zu werben. „Seit Andreu Serra 2019 für das Tourismus-Marketing zuständig wurde, setzt er konsequent auf Franzosen als Zielgruppe“, sagt Leal.

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Und Magnier bestätigt: Der Inselrat habe mit eigens abgestimmten Kampagnen das Interesse der Franzosen an den Balearen geweckt, indem nicht die klassischen Sonnen- und Strand-Ziele gefördert worden seien, sondern vor allem „häufig von den Franzosen ignorierte Aspekte“ wie etwa die Gastronomie, der Sporttourismus oder auch der kulturelle Reichtum. Auch seien in den vergangenen Monaten zahlreiche Artikel über die Vielfalt Mallorcas als Reiseziel in wichtigen französischen Zeitungen und Zeitschriften erschienen. „Es mag einen wundern, dass es Franzosen auf eine Insel verschlägt, die landschaftlich gesehen so mancher französischen Region ähnelt, aber Franzosen reisen sehr gerne ins Ausland, um Kultur und Gastronomie kennenzulernen“, sagt Leal. Mit dem feierwütigen Partyvolk an der Playa de Palma und in Magaluf hätten sie nichts am Hut. Sonst träfe man sie aber überall auf der Insel an, bestimmte Lieblingsorte kann Leal nicht ausmachen.

Und dann gibt es ja da auch noch in den Sommermonaten die direkte Fährverbindung mit Corsica Ferries von Toulon nach Port d’Alcúdia sowie stetig mehr Flugverbindungen zu günstigen Preisen zwischen französischen Städten und Palma. Für Leal ist klar: „Die Franzosen werden auch in den kommenden Jahren verstärkt nach Mallorca kommen.“